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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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sich anschickte, die Herzen
    der Menschen zu erobern, schließlich der Emp-
    fangsraum im Kommissariat, wo er mir das meine
    brach.
    „Verdammt!“
    Mina stellt das Radio leiser. Sie weiß, wieviel Aït
    mir bedeutet hat. Ihre Augen verdunkeln sich. Sie
    lehnt sich gegen die Wand und ballt die Fäuste.
    Wortlos schnüre ich die Schuhe fertig zu, stehe
    auf, schlüpfe in meine Jacke und gehe in die Kü-
    che. Wortlos gebe ich zwei Stück Zucker in mei-
    nen Kaffee, etwas Marmelade auf mein Brot und
    frühstücke, während ich auf einen Sprung in der
    Scheibe starre.
    Drei Hupstöße kündigen mir Linos Ankunft an.
    Wortlos wische ich mir den Mund an einem Ge-
    schirrtuch ab, gehe hinaus ins Treppenhaus und
    vergesse, die Tür hinter mir zu schließen.
    Die Sonne vertreibt die letzten Widerstandsnester
    der Nacht, die sich in die hintersten Winkel der
    Toreinfahrten zurückgezogen haben. Ihre galvani-
    sierten Strahlen prallen von den Scheiben ab, blit-
    zen auf den Karosserien der Autos auf, tollen als
    eine Vielzahl von Irrlichtern auf den taunassen
    Gehsteigen umher, doch kein Funke, der es schafft,
    die Augen der Passanten zu erhellen.
    Die Leute gehen mit unhörbarem Rascheln an-
    einander vorbei, gedankenverloren, schlafwandle-
    risch. Etwas in ihrem Gang zeugt von tiefster Re-
    signation. Sie haben die Haltung derer, die der
    Messias persönlich beleidigt hat. Ihr Schweigen ist
    das Schweigen derer, die einander nicht mehr ver-
    stehen.
    Lino hält mir die Tür auf. Er sagt nicht guten
    Morgen. Er weiß, daß ich weiß.
    Wortlos bahnen wir uns einen Weg durch den
    Nebel.
    Im Büro erfahre ich von Serdj, daß einer der bei-
    den Mörder von Aït Méziane bereits verhaftet ist.
    Sofort stelle ich mir vor, wie ich ihn bei lebendi-
    gem Leib in Stücke zerreiße.
    Als ich in seiner Zelle ankomme, weicht meine
    Wut. Aschfahl und fröstelnd kauert er in der Ecke.
    Ein Jugendlicher, kaum größer als ein Gewehr.
    Offensichtlich von den Ereignissen überfordert.
    Sein Blick, der eines gefangenen Vogels, schießt
    nach allen Seiten, ohne den meinen zu streifen.
    Zitternd preßt er die Hände zwischen die Schenkel.
    Mir ist gleich klar, daß wir mit ihm als Führer so
    bald nicht über den Berg sein werden.
    Zunächst streitet er durch die Bank alles ab. Nach
    einer halben Stunde wird er schwach: Er arbeitet
    als Mechanikerlehrling, Place de la Gare. Anfangs
    hat man ihn mit einem Einbruch hier, einem Bo-
    tendienst dort betraut. Dann trug man ihm auf, A-
    larm zu schlagen, sobald ein Taghout des Viertels
    zu ihm kam. Dann mußte er seine Jacke an den
    Türflügel hängen.
    „Das Schießen übernimmt Didi. Ich nenne ihm
    das Ziel und stehe Schmiere. Nach dem Anschlag
    verstecke ich die Waffe in der Werkstatt. Am A-
    bend kommt jemand vorbei und holt sie ab.“
    Er wurde vor fünf Monaten am Tag nach einer
    Razzia in der Innenstadt rekrutiert. Er kam aus dem
    Bad. Polizisten stießen ihn in den Einsatzwagen.
    Drei Stunden blieb er auf dem Kommissariat. Miß-
    handelt wurde er nicht, aber man nahm seine Her-
    kunft und seine Anschrift auf. Didi nennt das die
    schwarze Liste. „Du bist geliefert!“ hat er ihn an-
    geschrien. „Eines Tages, wenn sie alles andere
    abgegrast haben, kommen sie und holen dich.“
    „Ich habe nicht gewußt, daß er mich reingelegt
    hat!“ heult er. „Didi hat versprochen, auf mich auf-
    zupassen. Er gab mir immer wieder Geld und nahm
    mich ins Stadion mit. Er sagte mir, wir wären Brü-
    der und daß Gott unsere Taten segnen würde. Er
    gab mir Taschen, die ich bei mir aufbewahren soll-
    te. Dann war da plötzlich ein Revolver. Und dann
    gleich der Nachbar, einer vom Fernsehen.“
    „An wie vielen Attentaten warst du beteiligt?“
    „Nur an drei, ich schwöre es. Nicht eines mehr.
    Didi hat sie erschossen. Ich weiß nicht einmal, wie
    man eine Kugel in die Trommel steckt.“
    „Wer war das zweite Opfer?“
    „Jamal Armad. Didi hat sehr schlecht über ihn
    geredet. Er sagte, daß dieser Kerl der Satan sei, daß
    er Obszönitäten schreiben und die Jugend verder-
    ben würde.“
    „Wo ist Didi?“
    „Ich weiß nicht. Er hat mir nie gezeigt, wo er
    wohnt. Wenn er Arbeit für mich hat, kommt er zur
    Werkstatt. Ich treffe ihn dann in einem Café zwei-
    hundert Meter weiter. Er sagt mir, um was es geht,
    und nennt mir Zeit und Ort. Dann geht jeder in
    seine Richtung davon.“

    Am Nachmittag legt mir Serdj ein Phantombild
    vor.
    Erinnern Sie sich noch an den Wachhund mit den
    gedopten

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