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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Pessimismus weit hinter der Realität zurückgeblieben bin.
    »Es geht um Ben Ouda«, falle ich mit der Tür ins Haus.
    »Ich denke, der ist tot und begraben.«
    »Genau. Und eben dem Grund für sein vorzeitiges Ableben bin ich auf der Spur, Monsieur Faid. Der Verstorbene war ein Freund von Ihnen …«
    »Diese Formel hat im Börsenjargon einen unangenehmen Beigeschmack«, schneidet er mir das Wort ab und bläst mir den Rauch ins Gesicht.
    »Ich nehme es zur Kenntnis, Monsieur. Also: was bedeutete er Ihnen im Rahmen Ihres Gesamtumsatzes?«
    Er schätzt auch meine Neuformulierung der Frage nicht. Sein linker Wangenknochen bebt. Er glaubt offenbar, daß ich meinen Auftritt gründlich vorbereitet habe.
    »Das war kaum der Rede wert.«
    »Konkret?«
    Er schaut demonstrativ auf die Uhr.
    »Er hatte ein wenig Kleingeld. Ich habe es gegen eine Beteiligung für ihn angelegt.«
    »Scheint, daß Sie beide in heftigem Streit auseinandergegangen sind.«
    »Das ist so üblich bei Geschäftsbeziehungen. Ben hatte es auf das größte Stück vom Kuchen abgesehen und wollte nicht begreifen, daß sein Gebiß dafür nicht taugte. Er war bankrott gegangen und wollte noch mal bei Null anfangen. Aber Nullen leihe ich kein Geld. Da hat er die Tür zugeknallt und ist gegangen.«
    Ich mache »hm«, versuche, das Hämmern meines Herzens zu bändigen und frage tollkühn: »Wußten Sie, daß er an einem Buch arbeitete?«
    »Ich bin kein Verleger.«
    »Er hat Ihnen nicht davon erzählt?«
    »Das einzige Buch, das für mich zählt, ist das, in dem meine Zahlen stehen, Derrick.«
    »Ich habe Gründe anzunehmen, daß er wegen dieses Buches umgebracht wurde.«
    »Wenn es Ihnen Spaß macht.«
    Seine wulstigen Lippen ziehen sich um die Zigarre zusammen. Ich versuche, seinem Blick standzuhalten, es gelingt mir nicht.
    Dahmane Faid ist milliardenschwer. Er braucht nur einmal kurz zu niesen, wenn er die Republik aus den Angeln kippen will. Seine Taschen quellen über vor Abgeordneten, und die Behörden fressen ihm aus der Hand. In den Jahren des Heils, zur Zeit der Einheitspartei, hatte er ein Vetorecht auf alle Regierungsprogramme und erlaubte sich, Justiz- und Verwaltungsbeamte ein- und abzusetzen, ohne auf den geringsten Widerstand zu stoßen. Jeder Kandidat, gleich auf welchem Gebiet, der seines Segens nicht teilhaftig war, hatte nicht mehr Aussichten, behalten zu werden, als eine Lektion in Staatsbürgerkunde, wenn man sie einem Vandalen erteilt. Soviel ich weiß, ist seine Diktatur bis heute ungebrochen.
    »Mal im Ernst«, rülpst er los, indem er leicht auf seine Zigarre klopft, »was läßt Sie vermuten, daß Bens Tod mit seinem Buch zusammenhängen könnte? Er hat einen Haufen Bücher geschrieben, eins verdrehter als das andere, und niemanden hat das je gekümmert. Die Leute sind ausgehungert, Derrick. Sie versuchen, sich irgendwie durchs Leben zu schlagen, statt sich die Existenz mit blödsinnigen Theorien zu erschweren. Ben war ein Liebhaber hübscher Jungs. Er verbrachte mehr Zeit damit, hinter knackigen Ärschen herzulaufen, als darauf zu achten, wem sie gehörten. Sein Harem quoll über vor Junkies und Gestrandeten, vor Gaunern und Psychopathen. Ich persönlich habe sein Ende in keinem Moment mit der kulturellen Säuberung, die bei uns wütet, in Verbindung gebracht. Wenn Sie einen Rat wollen: sehen Sie sich lieber in der Halb- und Unterwelt um. Das Terrain dort dürfte Ihnen auch vertrauter sein.«
    »Seine Mörder sind bereits identifiziert.«
    »Und worauf warten Sie noch, um sie zu schnappen?«
    »Auf nichts.«
    »Was haben Sie dann bei mir verloren?«
    Ich mustere ihn: ein Gebiß wie ein Pottwal, Klauen wie ein Raubvogel, ein Gelächter wie eine Hyäne. So wie er aussieht, könnte er allein einen ganzen Zoo bevölkern.
    »Sie haben noch dreiundzwanzig Sekunden, Derrick.«
    »Würde es Ihnen was ausmachen, mich Kommissar zu nennen?«
    »Ich kann Sie auch Heiliger Vater nennen, wenn Ihnen daran liegt. In meinen Augen ist es dasselbe in Grün.«
    Ich wiege den Kopf hin und her: »Ich schätze, ich vergeude hier nur meine Zeit, Monsieur Faid.«
    »Und vor allem die meine.«
     
    Ich habe den ganzen Tag daran gekaut, doch unverdaut liegt mir die Schmach im Magen, die Dahmane Faid den Vertreter von Recht und Ordnung in Ausübung seines Amtes, wie ich ihn darstelle, schlucken ließ.
    Einen Augenblick lang habe ich mit dem Gedanken gespielt, an die Stätte der Unbill zurückzukehren und dem Flegel eine Tracht Prügel zu verpassen. Aber wozu?

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