Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
Magisches. Montalbano blieb vor
    einem kleinen Secondhandladen stehen.
    »Als ich zur Uni ging und hier immer Brot mit mèusa aß,
    wogegen meine Leber heute rebellieren würde, war das hier
    ein Laden, wie es keinen zweiten gab. Jetzt verkaufen sie
    gebrauchte Klamotten, damals waren die Regale alle leer. Der
    Besitzer, Don Cesarino, saß hinter dem Ladentisch, der auch
    vollkommen leer war, und empfing seine Kunden.«
    »Was für Kunden denn, wenn die Regale leer waren?«
    »Sie waren nicht wirklich leer, sie waren sozusagen voller
    Absichten, voller Anfragen. Dieser Mann verkaufte Dinge, die
    auf Bestellung gestohlen wurden. Man ging zu Don Cesarino
    und sagte: Ich brauche eine Uhr, die so und so ist. Oder: Ich
    hätte gern ein Bild, was weiß ich, ein Bild vom Meer aus dem
    neunzehnten Jahrhundert. Oder: Ich brauche einen Ring in der
    und der Art. Er nahm die Bestellung auf, schrieb sie auf ein
    Stück Einwickelpapier, das gelbliche, grobe, wie man es
    früher hatte, verhandelte über den Preis und sagte, wann man
    wieder vorbeikommen sollte. Zum vereinbarten Datum, auf
    den Tag genau, zog er die gewünschte Ware unter dem Tisch
    hervor und händigte sie einem aus. Reklamationen duldete er
    nicht.«
    »Entschuldige, aber wozu brauchte er einen Laden? Ich
    meine: Den Beruf konnte er doch überall ausüben, in einer
    Bar, an einer Straßenecke...«
    »Weißt du, wie seine Freunde von der Vuccirìa ihn
    nannten? Don Cesarino u Putiàru, der Kaufmann. Denn Don
    Cesarino hielt sich weder für einen Informanten, wie man
    heute sagt, noch für einen Hehler, sondern er war ein Händler
    wie viele andere auch, und der Laden, für den er Miete und
    Strom zahlte, war der Beweis dafür. Er war keine Fassade,
    kein Deckmäntelchen.«
    »Ihr spinnt doch alle.«

    »Wie mein eigenes Kind! Lassen Sie sich wie mein eigenes
    Kind umarmen!« rief die Frau des Preside und drückte ihn
    eine Weile fest an ihre Brust.
    »Sie glauben ja gar nicht, wie sehr wir uns um Sie gesorgt
    haben!« setzte ihr Mann noch eins drauf.
    Der Preside hatte ihn morgens angerufen und ihn zum
    Abendessen eingeladen, Montalbano hatte statt dessen ein
    Zusammensein am Nachmittag vorgeschlagen. Sie führten ihn
    ins Wohnzimmer.
    »Lassen Sie uns gleich zur Sache kommen, dann verlieren
    Sie nicht soviel Zeit«, fing Preside Burgio an.
    »Ich habe alle Zeit der Welt, ich bin momentan
    arbeitslos.«
    »Meine Frau hat Ihnen, als Sie neulich zum Abendessen
    bei uns waren, doch erzählt, daß ich sie phantastisch finde.
    Nun gut, sobald Sie aus der Tür waren, hat sie ihrer Phantasie
    freien Lauf gelassen. Ich wollte Sie schon früher anrufen, aber
    wir wissen ja, was dann passiert ist.«
    »Wollen wir nicht den Signor Commissario selbst
    beurteilen lassen, ob das Phantasien sind?« meinte die Signora
    ein bißchen pikiert und dann herausfordernd: »Redest du, oder
    rede ich?«
    »Phantasien sind deine Sache.«
    »Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern, aber als Sie
    meinen Mann fragten, wo Sie Lillo Rizzitano finden könnten,
    da sagte er, er habe seit Juli 1943 keine Nachricht mehr von
    ihm. Da ist mir etwas eingefallen. Auch ich habe nämlich in
    der gleichen Zeit eine Freundin aus den Augen verloren, das
    heißt, sie ist dann schon wieder aufgetaucht, aber auf eine
    recht merkwürdige Weise, die...«
    Montalbano lief es kalt den Rücken hinunter, die beiden
    vom Crasticeddru waren blutjung gewesen, als sie ermordet
    wurden.
    »Wie alt war Ihre Freundin damals?«
    »Siebzehn. Aber sie war viel reifer als ich, ich war ja
    noch so kindlich. Wir gingen zusammen in die Schule.«
    Sie öffnete einen Briefumschlag, der auf dem Tisch lag,
    zog ein Foto heraus und zeigte es Montalbano.
    »Das haben wir am letzten Schultag gemacht, in der
    dritten Klasse des Gymnasiums. Sie ist ganz links in der
    letzten Reihe, daneben, das bin ich.«
    Alle lachend, in der faschistischen Uniform der Giovani
    Italiane, ein Lehrer, den Arm zum römischen Gruß
    ausgestreckt.
    »Aufgrund der schlimmen Situation auf der Insel wegen
    der Bombenangriffe schlossen die Schulen am letzten Tag im
    April, und wir kamen um die gräßliche Abiturprüfung herum,
    unsere bisherigen Noten gaben den Ausschlag, ob wir
    bestanden oder sitzenblieben. Lisetta Moscato, so hieß meine
    Freundin, zog mit ihrer Familie in ein kleines Dorf im
    Inselinneren. Sie schrieb mir jeden zweiten Tag, und ich habe
    alle ihre Briefe aufbewahrt, das heißt die, die ankamen.
    Wissen Sie, die Post in diesen Zeiten... Auch

Weitere Kostenlose Bücher