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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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totenblaß.
    »Was redest du da?« brachte er mühsam hervor.
    Montalbano fand, er habe sich für die Enteignung seines
    Schreibtisches genug gerächt.
    »Reg dich ab, Mimì. Ich habe mich falsch ausgedrückt.
    Ich wollte sagen: Du hast den Mechanismus ausgelöst, der
    dazu führte, daß man auf mich geschossen hat.«
    »Wie meinst du das?« fragte Augello, der auf dem Stuhl
    zusammengesunken war und sich mit einem Taschentuch um
    den Mund und über die Stirn wischte.
    »Mein Lieber, du hast, ohne dich mit mir abzusprechen,
    ohne mich zu fragen, ob ich einverstanden bin oder nicht, die
    Polizei auf Ingrassia angesetzt. Hast du etwa geglaubt, der ist
    so blöd und merkt das nicht? Er hat höchstens einen halben
    Tag gebraucht, um rauszukriegen, daß er beschattet wird. Und
    natürlich ist er davon ausgegangen, daß ich den Befehl dazu
    gegeben habe. Er wußte, daß er alle möglichen Dummheiten
    angestellt hatte, derentwegen ich ihn im Visier hatte, und um
    vor Brancato, der ihn aus dem Weg räumen wollte – du selbst
    hast mir von dem Gespräch zwischen den beiden berichtet –
    wieder besser dazustehen, hat er zwei Idioten angeheuert, um
    mich auszuschalten. Aber sein Plan ist fehlgeschlagen. Da
    hatte Brancato oder sonst jemand aus dieser Ecke die
    Schnauze endgültig voll von Ingrassia und seinen gefährlichen
    glorreichen Ideen – denk an den überflüssigen Mord an dem
    armen Cavaliere Misuraca – und dafür gesorgt, daß er von der
    Bildfläche verschwindet. Wenn du Ingrassia nicht gewarnt
    hättest, wäre Gegè noch am Leben und ich hätte nicht diese
    Schmerzen in der Seite. Das ist alles.«
    »Wenn es so ist, dann hast du recht«, sagte Mimì am
    Boden zerstört.
    »Es ist so, da kannst du deinen Arsch drauf wetten.«

    Das Flugzeug landete ganz nah am Flughafengebäude, die
    Passagiere mußten nicht umsteigen. Montalbano sah, wie
    Livia die Treppe herunterkam und mit gesenktem Kopf auf
    den Eingang zuging. Er versteckte sich in der Menge und
    beobachtete Livia, wie sie nach langem Warten ihren Koffer
    vom Förderband nahm, ihn auf einen Wagen legte und sich auf
    den Weg zum Taxistand machte. Am Abend zuvor hatten sie
    am Telefon vereinbart, daß sie den Zug von Palermo nach
    Montelusa nehmen und er sie dann am Bahnhof abholen
    würde. Aber da hatte er schon vorgehabt, sie zu überraschen
    und gleich an den Flughafen Punta Ràisi zu kommen.
    »Sind Sie allein? Kann ich Sie mitnehmen?«
    Livia, die gerade auf das erste Taxi in der Reihe
    zusteuerte, blieb wie angewurzelt stehen und stieß einen
    Schrei aus.
    »Salvo!«
    Glücklich umarmten sie sich.
    »Gut schaust du aus!«
    »Du auch«, sagte Montalbano. »Ich beobachte dich schon
    seit über einer halben Stunde, seit du ausgestiegen bist.«
    »Warum hast du dich denn nicht bemerkbar gemacht?«
    »Es macht mir Spaß, dir zuzuschauen, wenn ich für dich
    gar nicht vorhanden bin.«
    Sie stiegen ins Auto, und Montalbano, anstatt
    loszufahren, umarmte sie erst mal, küßte sie, legte seine Hand
    auf ihre Brust, beugte den Kopf hinunter, streichelte mit seiner
    Wange ihr Knie, ihren Bauch.
    »Laß uns hier wegfahren«, keuchte Livia, »sonst kriegen
    sie uns noch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses dran.«
    Auf dem Weg nach Palermo machte der Commissario ihr
    einen Vorschlag, auf den er gerade erst gekommen war.
    »Bleiben wir in der Stadt? Ich möchte dir die Vuccirìa
    zeigen.«
    »Ich kenne die Vuccirìa. Guttuso.«
    »Aber dieses Bild ist miserabel, glaub mir. Wir nehmen
    uns ein Zimmer, machen einen kleinen Bummel, gehen in die
    Vuccirìa, schlafen und fahren morgen früh nach Vigàta. Ich
    habe nichts zu tun und kann mich als Touristen betrachten.«
    Als sie ins Hotel kamen, vergaßen sie ihren Vorsatz, sich
    nur schnell frisch zu machen und dann in die Stadt zu gehen.
    Sie blieben da, sie liebten sich, sie schliefen ein. Nach ein paar
    Stunden wachten sie auf und fingen von vorn an. Es war schon
    fast Abend, als sie das Hotel verließen und in die Vuccirìa
    gingen. Livia war ganz benommen von dem Stimmengewirr,
    den Aufforderungen und dem Geschrei der Händler, dem
    Dialekt, den Kontrasten, den plötzlichen Streitereien, den
    Farben, die so leuchtend waren, daß sie fast künstlich wirkten,
    wie gemalt. Der Geruch nach frischem Fisch mischte sich mit
    dem Duft von Mandarinen, gekochten und mit caciocavallo
    belegten Innereien vom Lamm – der mèusa – und
    Gebratenem, und dieser Schmelztiegel an Gerüchen war etwas
    Unwiederholbares, fast

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