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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gewesen sei? Sehen Sie, Signori, nie und nimmer hätte sie das Zimmer an einen Afrikaner vermietet, weder an einen tintenschwarzen noch an einen, der sich in seiner Hautfarbe nicht von einem Mazarese unterscheide. Na ja, der Afrikaner als solcher sei ihr nicht geheuer. Warum sie das Zimmer dann an Ben Dhahab vermietet habe? Er war so vornehm, signori miei, ein echter Herr mit guten Manieren, wie es sie in Mazàra ja gar nicht mehr gibt. Sissignore, er sprach Italienisch, zumindest konnte er sich ausreichend verständlich machen. Er habe ihr seinen Paß gezeigt… »Augenblick mal«, sagte Montalbano. »Moment mal«, sagte Valente gleichzeitig. Sissignore, den Paß. Der sei in Ordnung gewesen. Er sei so geschrieben gewesen, wie die Araber schreiben, und manche Wörter seien auch ausländisch gewesen. Ingrisi? Frangisi? Keine Ahnung. Das auf dem Foto sei er gewesen. Und falls die Herren auch das unbedingt wissen wollten - sie habe die Vermietung korrekt angemeldet, wie es das Gesetz verlange.
    »Wann genau ist er gekommen?« fragte Valente. »Heute vor zehn Tagen.«
    Zehn Tage hatten ihm gereicht, sich einzugewöhnen, Arbeit zu finden und getötet zu werden.
    »Hat er gesagt, wie lange er bleiben wollte?« fragte Montalbano.
    »Ungefähr noch mal zehn Tage. Aber…«
    »Aber?«
    »Aber er wollte einen Monat im voraus bezahlen.«
    »Und wieviel haben Sie von ihm verlangt?«
    »Ich hab's gleich mal mit neunhunderttausend versucht. Aber ich wäre schon runtergegangen, was weiß ich, auf sechshundert-, fünfhunderttausend… Sie kennen die Araber ja, die feilschen, was das Zeug hält. Aber der hat mich gar nicht ausreden lassen, sondern in die Hosentasche gelangt und ein Bündel herausgezogen, das so dick war wie ein Flaschenbauch, das Gummiband abgestreift und mir neun Hunderttausenderscheine in die Hand gezählt.«
    »Sie geben uns jetzt den Schlüssel und erklären uns, wo das Zimmer ist«, fiel Montalbano ihr ins Wort. Die guten Manieren des vornehmen Tunesiers steckten für die Witwe Pipìa anscheinend vor allem in dem flaschenbauchdicken Bündel.
    »Ich ziehe mir nur rasch was über, dann begleite ich Sie.«
    »Nein, Signora, Sie bleiben hier. Den Schlüssel bringen wir Ihnen zurück.«
    Ein verrostetes Eisenbett, ein wackliger Tisch, ein Schrank mit einer Sperrholzplatte anstelle des Spiegels, drei Stühle mit strohgeflochtener Sitzfläche. Dazu ein Kämmerchen mit Kloschüssel und Waschbecken, ein schmutziges Handtuch, auf der Ablage Rasiermesser, Seifenspender, ein Kamm. Sie gingen in das einzige Zimmer zurück. Auf einem Stuhl ein blauer Stoffkoffer; sie öffneten ihn, er war leer.
    Im Schrank eine neue Hose, ein sauberes dunkles Jackett, zwei Hemden, vier Paar Schuhe, vier Slips, sechs Taschentücher, zwei Unterhemden: alles nagelneu, noch ungetragen. In einer Ecke des Schranks stand ein Paar Sandalen in gutem Zustand; auf der anderen Seite eine Plastiktüte voller Schmutzwäsche. Sie leerten sie auf den Boden aus: nichts Ungewöhnliches.
    Eine gute Stunde lang durchsuchten sie alles. Als sie die Hoffnung schon aufgeben wollten, hatte Valente Glück. Zwischen den Eisenstreben im Kopfteil des Bettes fand sich - nicht versteckt, sondern bestimmt versehentlich da hingeraten - ein Flugticket Rom-Palermo, ausgestellt vor zehn Tagen auf Mr. Dhahab.
    Ahmed war demnach um zehn Uhr vormittags in Palermo gelandet und höchstens zwei Stunden später in Mazàra angekommen. An wen hatte er sich wegen einer Zimmervermittlung gewandt?
    »Hast du aus Montelusa zusammen mit der Leiche auch die persönlichen Gegenstände des Toten bekommen?«
    »Natürlich«, antwortete Valente. »Zehntausend Lire.«
    »Und den Paß?«
    »Nein.«
    »Und das viele Geld, das er hatte?«
    »Falls er es hiergelassen hat, wird sich Signora Pipìa darum gekümmert haben, die mit dem Lebenswandel ohne Fehl und Tadel.«
    »Hatte er denn keinen Hausschlüssel in der Tasche?«
    »Auch nicht. Sag mal, brauchst du etwa einen Dolmetscher? Nur zehntausend Lire, sonst nichts.«
    Valente rief Professor Rahman an, der eine halboffizielle Funktion als Verbindungsmann zwischen seinen Landsleuten und den Behörden in Mazàra innehatte; er war um die Vierzig, Grundschullehrer und sah aus wie ein waschechter Sizilianer. In zehn Minuten war er da. Montalbano und er hatten sich im Jahr zuvor kennengelernt, als der Commissario in einem Fall ermittelte, der als Der Hund aus Terracotta bekannt geworden war. »Hatten Sie gerade Unterricht?« fragte Valente. In einem

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