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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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bezeichnen kann.«
    »Ist es das nicht?«
    »Überhaupt nicht. Die Kinder langweilen sich, ihnen liegt nichts mehr daran, sich mit den Gedanken von Hegel und Kant zu beschäftigen. Man müßte den Philosophieunterricht durch ein Fach ersetzen, das man »Gebrauchsanweisungen« oder ähnlich nennen könnte. Dann hätte er vielleicht noch Sinn.«
    »Gebrauchsanweisungen wofür?«
    »Für das Leben, mein Verehrter. Wissen Sie, was Benedetto Croce in seinen Erinnerungen schreibt? Er sagt, daß die Erfahrung ihn gelehrt habe, das Leben als eine ernste Angelegenheit zu betrachten, als ein zu lösendes Problem. Klingt einleuchtend, nicht wahr? So ist es aber nicht. Man müßte den Jugendlichen philosophisch erklären, was es zum Beispiel bedeutet, wenn sie am Samstag abend im Auto unterwegs sind und in ein anderes Auto rasen.
    Und ihnen sagen, wie man das philosophisch vermeiden könnte. Aber wir haben noch genug Zeit, uns darüber zu unterhalten, ich habe gehört, daß Sie ein paar Tage hierbleiben wollen.«
    »Ja. Leben Sie allein?«
    »In den zwei Wochen, die ich hier verbringe, bin ich ganz allein. Aber in Trapani lebe ich in einem großen Haus, zusammen mit meiner Frau, vier Töchtern, die alle verheiratet sind, und acht Enkelkindern, die ich den ganzen Tag um mich habe, wenn sie nicht in der Schule sind. Spätestens alle drei Monate flüchte ich mich hierher und hinterlasse weder Adresse noch Telefonnummer. Ich reinige mich, ich bade mich im Alleinsein, dieser Ort ist für mich wie eine Klinik, in der ich mich von einem Zuviel an Gefühlen entgifte. Spielen Sie Schach?«
    Tags darauflag Montalbano nachmittags auf dem Bett und las zum zwanzigsten Mal Der Abbé als Fälscher von Sciascia, als ihm einfiel, daß er vergessen hatte, Valente über den Pakt in Kenntnis zu setzen, den er mit dem Colonnello geschlossen hatte. Falls sein Kollege in Mazàra weiterermittelte, konnte es gefährlich für ihn werden. Er ging hinunter zum Telefon. «Valente? Hier ist Montalbano.«
    »Salvo, wo, zum Teufel, steckst du denn? Ich habe im Büro angerufen, und deine Kollegen sagten, sie hätten keine Nachricht von dir.«
    »Was wolltest du denn von mir? Gibt's was Neues?«
    »Ja. Heute morgen hat mich der Questore angerufen und mir mitgeteilt, daß mein Versetzungsantrag ganz unerwartet bewilligt wurde. Ich gehe nach Sestri.« Giulia, Valentes Frau, stammte aus Sestri, und auch ihre Eltern lebten dort. Bisher war jeder Antrag des Vicequestore auf Versetzung nach Ligurien abgelehnt worden. »Hab' ich dir nicht gesagt, daß bei der ganzen Geschichte auch für dich was rausspringt?« erinnerte Montalbano ihn.
    »Glaubst du…?«
    »Klar. Sie ziehen dich aus dem Verkehr, und du hast keinen Grund zu protestieren, ganz im Gegenteil. Ab wann läuft die Versetzung?«
    »Ab sofort.«
    »Siehst du? Ich komme noch bei dir vorbei, bevor du weggehst.«
    Lohengrin Pera und seine Kumpane von der Bande hatten sich schnell in Bewegung gesetzt. Es war allerdings fraglich, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Er wollte die Probe aufs Exempel machen. Wenn die es so eilig hatten, die Sache zu erledigen, hatten sie ihm bestimmt auch schon ein Zeichen geschickt. Die italienische Bürokratie, die gewöhnlich unglaublich langsam war, funktionierte blitzschnell, wenn es galt, den Bürger übers Ohr zu hauen: In Anbetracht dieser Binsenweisheit rief er seinen Questore an.
    »Montalbano! Dio santo, wo stecken Sie eigentlich?«
    »Ich möchte mich entschuldigen, daß ich Ihnen nicht Bescheid gesagt habe. Ich habe mir ein paar Tage freigenommen.«
    »Ich verstehe. Sind Sie bei…«
    »Nein. Wollten Sie mich sprechen? Brauchen Sie mich?«
    »Ja, ich wollte Sie sprechen, aber ich brauche Sie nicht. Erholen Sie sich nur. Erinnern Sie sich, daß ich Sie zur Beförderung vorschlagen mußte?«
    »Allerdings.«
    »Nun, heute morgen rief mich Commendator Ragusa vom Ministerium an. Er ist ein guter Freund von mir. Er hat mir mitgeteilt, daß gegen Ihre Beförderung… ich meine, es sind anscheinend Hindernisse aufgetreten, ich weiß nicht, welcher Art. Ragusa wollte oder konnte mir nicht mehr sagen. Er gab mir auch zu verstehen, daß es vergeblich und möglicherweise riskant sei, auf der Beförderung zu beharren. Ich bin wirklich bestürzt und gekränkt, das können Sie mir glauben.«
    »Ich nicht.«
    »Das weiß ich! Sie freuen sich wohl, nicht wahr?«
    »Ich freue mich sogar doppelt, Signor Questore.«
    »Doppelt?«
    »Das erkläre ich Ihnen dann

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