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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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»Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, in welcher Etage die Familie Manganaro wohnt?«
    »Im fünften, verfluchter Mist!«
    »Warum regen Sie sich denn so auf, wenn die Manganaros…«
    »Weil der Aufzug seit einer Woche nur bis zum fünften Stock geht. Und ich wohne im zehnten! Und jetzt kann ich zweimal am Tag zu Fuß gehen! Die haben immer so ein Schwein, die Manganaros! Vor ein paar Jahren haben sie sogar mal im Lotto gewonnen!«
    »Haben sie viel gewonnen?«
    »Ein bisschen was. Aber dass sie überhaupt gewonnen haben!«
    Montalbano betrat den Aufzug, drückte auf den Knopf für den fünften Stock, der Aufzug fuhr los und blieb im drit­ten stehen. Er versuchte alles, aber der Lift rührte sich nicht mehr. Er ging zwei Treppen zu Fuß und tröstete sich mit dem Gedanken, dass ihm drei zum Glück erspart ge­blieben waren.
    »Cu è?«, fragte die Stimme einer alten Frau.
    »Mein Name ist Montalbano, ich bin Kriminalkommissar.«
    »Ein Kommissar? Sind wir da sicher?«
    »Doch, ich bin sicher, dass ich Kommissar bin.«
    »Und was wollen Sie von uns?«
    »Mit Ihrer Tochter Michela sprechen. Ist sie zu Hause?«
    »Ja, aber sie liegt im Bett, sie hat eine leichte Grippe. War­ten Sie einen Moment, ich hol meinen Mann.« Es folgte ein Schrei, der Montalbano durch Mark und Bein fuhr.
    »Fili! Komm mal her, da ist einer, der sagt, er wär Kommis­sar!«
    Er hatte die Frau nicht überzeugen können, das verriet die­ses »der sagt, er wär«.
    Dann rief die Frau, immer noch durch die geschlossene Tür:
    »Sie müssen laut mit meinem Mann reden, der ist taub!«
    »Cu è?«, fragte diesmal eine verärgerte Männerstimme. »Ich bin Kommissar, öffnen Sie!«
    Die Tür der Manganaros blieb zwar stur geschlossen, aber er hatte so laut gebrüllt, dass dafür die beiden anderen Türen auf dem Treppenabsatz aufgingen und zwei Zu­schauer erschienen, in jeder Tür einer, ein etwa zehnjäh­riges Mädchen, das gerade ein Stück Gebäck verdrückte, und ein Mann um die fünfzig, im Unterhemd und mit einer Klappe über dem linken Auge.
    »Sie müssen lauter sprechen, Manganaro ist taub!«, riet der Mann im Unterhemd freundlich.
    Noch lauter? Er machte ein paar Übungen zur Lungenventi­lation, wie er es bei einem Champion im Apnoetauchen ge­sehen hatte, speicherte so viel Luft wie möglich und schrie: »Polizei!«
    Er hörte, wie die Türen im oberen und die Türen im unte­ren Stock gleichzeitig aufgingen und aufgeregte Stimmen fragten:
    »Was gibt's? Was ist los? Was ist passiert?« Sehr langsam ging die Tür der Manganaros auf, und ein Papagei erschien. Zumindest war das der erste Eindruck, den der Commissario hatte. Sehr lange gelbe Nase, vio­lette Wangenknochen, große schwarze Augen, ein paar zerzauste rote Haare auf dem Kopf, giftgrünes Hemd. »Kommen Sie herein«, flüsterte der Papagei. »Aber seien Sie leise, meine Tochter schläft, sie ist krank.«
    Er führte den Commissario in ein unpassend schwedisch eingerichtetes Wohnzimmer. Auf einem Ständer saß Si­gnor Manganaros Zwillingsbruder, der wenigstens so ehr­lich war und ein Vogel blieb und sich nicht als Mensch ausgab. Manganaros Frau, eine Art Spatz, der versehent­lich oder in böser Absicht eine Ladung Schrot abgekriegt hatte und das linke Bein nachzog, kam mit einem Tässchen Espresso auf einem winzigen Tablett herein, das sie kaum halten konnte.
    »Zucker ist schon drin«, sagte sie und machte es sich auf dem kleinen Sofa bequem.
    Ihre Neugier fraß sie sichtlich bei lebendigem Leib auf. Die Signora hatte wohl nicht viel Gelegenheit, sich zu amüsieren, und jetzt machte sie sich bereit für's Vergnü­gen.
    Na dann, dachte Montalbano. Was für eine Vogeltochter mag bei der Kreuzung zwischen einem Papagei und einem Spatz wohl herauskommen?
    »Ich habe Michela Bescheid gesagt. Sie steht gerade auf und kommt gleich«, piepste der Spatz. Und wo hatte sie ihre Stimme hergehabt, als sie ihren Mann rief?, fragte sich Montalbano. Und erinnerte sich, in einem Reisebuch gelesen zu haben, dass es winzige Vögelchen gibt, die einen dem Geheul einer Sirene ähnli­chen Schrei ausstoßen können. Die Signora musste zu die­ser Art gehören.
    Der Kaffee war so süß, dass es dem Commissario den Mund zusammenzog. Zuerst sprach der Papagei, der in Menschenkleidern.
    »Ich weiß, warum Sie mit meiner Tochter reden wollen. Wegen Ragioniere Gargano, diesem Scheißkerl. Stimmt's?«
    »Ja«, schrie Montalbano. »Sind Sie auch ein Opfer des be­trügerischen…«
    »Tie!«,

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