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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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kommen, und übermor­gen auch nicht.«
    »Was ist denn los?«
    »Die Frau von meinem jüngeren Sohn musste ins Kran­kenhaus, weil ihr der Bauch weh tut, und ich muss die Kinder hüten, vier Kinder, und der Älteste ist zehn und ein schlimmerer Gauner als sein Vater.«
    »Ist gut, Adelì, ich komme schon zurecht.« Er legte auf, ging ins Bad, nahm einen Berg schmutziger Wäsche mitsamt dem Pullover, den Livia ihm geschenkt hatte und der voller Sand war, und stopfte alles in die Waschmaschine. Er fand kein frisches Hemd und zog das vom Vortag an. Er dachte, dass er für mindestens drei Mit­tag- und drei Abendessen auswärts würde essen müssen, aber er schwor sich, der Versuchung nicht zu erliegen und »San Calogero« treu zu bleiben. Doch mit Adelinas Anruf war seine schlechte Laune über die Ufer getreten, denn er war überzeugt, dass er weder sich selbst noch das Haus ver­sorgen konnte.
    Anscheinend laue Ruhe im Kommissariat, Catarella be­merkte sein Kommen gar nicht, so vertieft war er in ein Telefongespräch, das sehr mühsam sein musste, denn er wischte sich hin und wieder mit dem Ärmel über die Stirn. Auf seinem Schreibtisch fand Montalbano einen Zettel mit zwei Namen, Giacomo Pellegrino und Michela Man­ganaro, und zwei Telefonnummern. Er erkannte Mimìs Handschrift, und da fiel es ihm wieder ein: Das waren die Angestellten der »König Midas«, abgesehen natürlich von Signorina Mariastella Cosentino. Aber Mimì hatte die Adressen nicht dazugeschrieben, und ihm war es wichtig, mit den Leuten persönlich und nicht nur am Telefon zu sprechen. »Mimì«, rief er.
    Keine Antwort. Der lag womöglich noch zu Hause im Bett oder trank gerade seinen ersten Kaffee.
    »Fazio!«
    Fazio erschien sofort.
    »Ist Dottor Augello nicht da?«
    »Er kommt heute nicht, Dottore, morgen auch nicht und übermorgen auch nicht.«
    Wie seine Haushälterin Adelina. Musste Mimì auch Enkel hüten?
    »Und warum nicht?«
    »Wie, warum, Dottore? Haben Sie das vergessen? Er heira­tet doch und hat ab heute Urlaub.«
    Es war ihm gänzlich entfallen. Dabei hatte er selbst, wenn auch aus nicht ganz lauterer Absicht, Mimì seine zukünf­tige Braut vorgestellt, Beatrice, eine schöne, tüchtige junge Frau.
    »Und wann heiratet er?«
    »In fünf Tagen. Und das dürfen Sie nicht vergessen, Sie sind doch Dottor Augellos Trauzeuge.«
    »Ich vergesse es nicht. Sag mal, hast du gerade zu tun?«
    »Ich bin gleich fertig. Da ist ein gewisser Giacomo Pel­legrino, er will Anzeige erstatten wegen Sachbeschädi­ gung, Vandalen waren an seinem Haus, das er gerade erst gebaut hat.«
    »Wann ist das passiert?«
    »Heute Nacht.«
    »In Ordnung, dann komm nachher zu mir.« Der Vandale war also er, Montalbano. Als er im Kommissa­riat so über seine Heldentat sprechen hörte, war er ziem­lich verlegen, er schämte sich. Aber wie konnte er das wieder gutmachen? Sollte er zu Fazio hinübergehen und sagen: »Hören Sie, Signor Pellegrino, bitte verzeihen Sie, ich war es, der…«
    Moment mal. Giacomo Pellegrino, hatte Fazio gesagt. Und Giacomo Pellegrino war auch einer der beiden Namen, die Mimì ihm, zusammen mit der Telefonnummer, auf den Zettel geschrieben hatte, der vor ihm lag. Er prägte sich rasch Pellegrinos Telefonnummer ein, stand auf und ging rüber zu Fazio.
    Der schrieb gerade etwas und blickte zu Montalbano auf. Sie sahen sich ganz kurz an, aber sie verstanden. Fazio schrieb weiter. Was hatte Mimì über Giacomo Pellegrino gesagt? Dass er promovierter Betriebswirtschaftler und jung war. Der Mann, der vor Fazios Schreibtisch saß, sah aus wie ein Schäfer und war mindestens sechzig. Fazio war fertig mit Schreiben, Pellegrino unterschrieb mit einer gewissen Mühe. Von wegen Betriebswirtschaft, der war höchstens bis zur dritten Klasse Grundschule gekommen.
    Fazio nahm die Anzeige wieder an sich, und da fragte der Commissario dazwischen:
    »Haben Sie Ihre Telefonnummer angegeben?«
    »Nein«, sagte der Mann.
    »Na ja, es ist immer besser, eine zu haben. Wie heißt sie?« Der Mann gab sie Fazio laut und deutlich an, und der no­tierte sie. Das war sie nicht. Sie klang eher nach einer Num­mer aus der Gegend von Montereale. »Sind Sie von hier, Signor Pellegrino?«
    »Nein, ich wohne bei Montereale.«
    »Und wieso haben Sie zwischen Vigàta und Montelusa ein Haus gebaut?«
    Jetzt hatte er Scheiße gebaut, er merkte es sofort. Fazio hatte ihm nicht gesagt, wo das Haus stand. In der Tat sah Fazio den Commissario aus schmalen Augenschlitzen an. Aber

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