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Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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willst. Hast du Spitaleri erreicht?«
    »Ich hab angerufen, seine Frau hat mir die Nummer seines Handys gegeben. Zuerst hat er nicht geantwortet, weil es ausgeschaltet war, dann, nach einer Stunde, hat er zurückgerufen. Punkt neun ist er hier.«
    »Hast du Erkundungen eingeholt?«
    »Aber sicher, Dottore.«
    Er kramte einen Zettel aus der Tasche und fing an zu lesen.
    »Spitaleri Michele, Sohn des Bartolomeo und der Finocchiaro Maria, geboren in Vigàta am 6. November 1960 und daselbst wohnhaft in der Via Lincoln 44, verehelicht mit…«
    »Das genügt schon«, sagte Montalbano, »ich habe deiner Manie für Meldedaten ein bisschen freien Lauf gelassen, weil ich heute meinen guten Tag hab, aber jetzt reicht's.«
    »Danke für Ihre Güte«, sagte Fazio. »Erzähl mir, wer dieser Spitaleri ist.«
    »Spitaleri hat eine Schwester, und die ist mit Alessandro Pasquale verheiratet, und weil dieser Alessandro, das ist der Nachname, seit acht Jahren Bürgermeister von Vigàta ist, ist dieser Spitaleri der Schwager des Bürgermeisters.«
    »Elementar, Watson.«
    »In dieser Eigenschaft gehen an ihn, der drei Unternehmen hat und Landvermesser ist, neunzig Prozent der Bauausschreibungen der Gemeinde.«
    »Diese Aufträge werden also immer an ihn vergeben?«
    »Ja doch, ja, denn er zahlt das Schmiergeld zu gleichen Teilen an den Clan der Cuffaro und an den Clan der Sinagra. Natürlich zahlt er auch seinem Schwager eine Provision.« Und weil die Cuffaros und die Sinagras die beiden herrschenden Mafia-Familien waren, die allerdings miteinander im Krieg lagen, hatte sich der Landvermesser auf diese Weise abgesichert.
    »Und der Endpreis jedes an ihn vergebenen Auftrags wird auf diese Art doppelt so hoch wie der ursprünglich festgelegte.«
    »Dottore mio, der arme Teufel von Spitaleri kann doch gar nicht anders, sonst ist es für ihn doch ein Verlustgeschäft.«
    »Was noch?«
    Fazio machte eine unbestimmte Miene.
    »Gerüchte.«
    »Das heißt?«
    »Er steht auf minderjährige Mädchen.«
    »Ein Pädophiler?«
    »Dottore, ich weiß nicht, wie man das nennen soll, jedenfalls mag er kleine Mädchen zwischen vierzehn und fünfzehn.«
    »Und Sechzehnjährige nicht?«
    »Nein, die sind für ihn schon jenseits des Verfallsdatums.«
    »Also einer dieser Sex-Touristen, die oft im Ausland Urlaub machen.«
    »Ja ja, aber er findet sie auch hier. An Geld fehlt's ihm ja nicht. In der Stadt heißt es, dass die Eltern eines Mädchens ihn anzeigen wollten, aber er hat ein paar Millionen Lire auf den Tisch gelegt und die Sache war geregelt. Ein anderes Mal zahlte er für eine Entjungferung mit einer Wohnung.«
    »Und er findet Leute, die bereit sind, ihre Tochter an ihn zu verkaufen?«
    »Dottore, gibt's denn jetzt nicht den freien Markt? Und ist der freie Markt nicht ein Zeichen für Demokratie, Freiheit und Fortschritt?«
    Montalbano starrte ihn mameluckisch an.
    »Wieso sehen Sie mich so an?«
    »Weil das, was du gesagt hast, eigentlich von mir hätte gesagt werden müssen…« Das Telefon klingelte.
    »Dottori, hier ist Signor Spitaleri, der sagt, dass er…«
    »Ja, lass ihn rein.«
    »Hast du ihm den Grund für die Einbestellung genannt?«
    »Machen Sie Witze? Ganz sicher nicht.«
    Spitaleri - braun gebrannt wie eine Kaffeebohne, elegant gekleidet, Jackett in einem Zartgrün, das an eine Frühlingszwiebel erinnerte, Rolex, schulterlanges Haar, goldenes Armband, goldenes Kreuz, das man zwischen dem aus dem aufgeknöpften Hemd quellenden Brusthaar ausmachen konnte, unbesockt in gelben Mokassins - war offensichtlich nervös wegen der Vorladung. Man brauchte sich nur anzuschauen, wie er sich auf die äußerste Kante des Stuhls setzte. Er redete als Erster. »Ich bin gekommen, wie Sie es gewünscht haben, aber glauben Sie mir, ich kann allen Ernstes nicht verstehen …«
    »Sie werden schon noch verstehen.«
    Warum nur hatte er auf Montalbano gleich einen so unsympathischen Eindruck gemacht? Der Commissario beschloss, das übliche Theater abzuziehen, um ein bisschen Zeit zu schinden.
    »Hast du das mit Franceschini drüben schon erledigt, Fazio?«
    Einen Franceschini gab es da drüben nicht, aber als vertrauter Mitarbeiter blickte Fazio auf eine langjährige Erfahrung zurück. »Noch nicht, Dottore.«
    »Dann komm ich gerade mit, dann haben wir die Sache in fünf Minuten zum Abschluss gebracht.«
    Und an Spitaleri gewandt sagte er im Aufstehen:
    »Nur einen kleinen Augenblick Geduld, ich bin sofort wieder bei Ihnen.«
    »Schauen Sie, Commissario,

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