Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
…«
»Aber ich erinnere mich wirklich nicht an sie!«
»Tut mir leid für Sie, aber…«
»Darf ich Dipasquale anrufen?«
»Wer ist das?«
»Ein Polier.«
»Derselbe, den Sie vorhin schon angerufen haben?«
»Ja. Der war's. Dipasquale war Polier zu der Zeit, als wir Speciales Villetta gebaut haben.«
»Dann telefonieren Sie, aber denken Sie dran, sagen Sie nichts, was Sie kompromittieren könnte. Sie wissen, Sie werden abgehört.«
Spitaleri kramte das Handy heraus und gab eine Nummer ein.
»Hallo, 'Ngilino? Ich bin's. Erinnerst du dich zufällig daran, wer die Maurer waren, die vor sechs Jahren beim Bau der Villetta in Pizzo bei Marina di Montereale mitgearbeitet haben? Nicht? Was mach ich denn jetzt? Commissario Montalbano will das wissen. Ach ja, stimmt, da hast du recht. Entschuldige.«
»Hören Sie, bevor ich's vergesse, würden Sie mir gerade mal die Nummer von Angelo Dipasquales Handy geben? Fazio, schreib sie auf.« Spitaleri sagte sie ihm. »Also?«, drängte Montalbano.
»An die Namen der Maurer erinnert sich Dipasquale nicht. Aber in meinem Büro sind sie mit Sicherheit. Kann ich sie holen gehen?«
»Ja, gehen Sie nur.«
Der Landvermesser stand auf und ging beinahe im Laufschritt zur Tür.
»Warten Sie einen Augenblick. Fazio kommt mit Ihnen. Er bringt mir dann die Namen und die Adressen. Und Sie halten sich zur Verfügung.«
»Was bedeutet das?«
»Dass Sie sich von Vigàta und Umgebung nicht entfernen dürfen. Wenn Sie weiter wegmüssen, sagen Sie mir Bescheid. Ach ja, wo wir schon dabei sind, erinnern Sie sich, wohin der Flug an jenem 12. Oktober ging?«
»Nach… nach Bangkok.«
»Sie mögen wirklich Frischfleisch, was?«
Sobald Spitaleri und Fazio hinausgegangen waren, rief er den Polier an. Er wollte dem Landvermesser keine Zeit geben, ihn anzurufen und sich mit ihm abzusprechen, welche Antworten sie geben wollten. »Dipasquale? Hier ist Commissario Montalbano. Wie lange brauchen Sie, um von der Baustelle ins Kommissariat von Vigàta zu kommen?«
»Höchstens eine halbe Stunde. Aber es ist sinnlos, dass Sie mich das fragen, denn jetzt bin ich bei der Arbeit.«
»Ich bin auch bei der Arbeit. Und meine Arbeit besteht darin, Ihnen zu sagen, dass Sie herkommen sollen.«
»Ich wiederhole noch einmal, ich kann jetzt nicht.«
»Was sagen Sie dazu, wenn ich Sie vor den Augen Ihrer Maurer mit einem unserer Autos unter Sirenengeheul holen lasse?«
»Aber was wollen Sie denn von mir?«
»Kommen Sie und befriedigen Sie Ihre Neugier. Ich gebe Ihnen fünfundzwanzig Minuten.«
Er brauchte ganze zweiundzwanzig Minuten, bis er da war. Damit es schneller ging, hatte er sich nicht einmal umgezogen, er trug noch die über und über kalkbespritzte Arbeitskluft. Dipasquale war um die fünfzig, seine Haare waren schlohweiß, aber sein Oberlippenbart war schwarz. Klein und untersetzt, blickte er nie zu dem auf, der mit ihm redete, und wenn er überhaupt aufblickte, war sein Blick trüb.
»Ich versteh nicht, wieso Sie erst Spitaleri wegen der Geschichte mit dem Araber anrufen und jetzt mich wegen der Villetta in Pizzo.«
»Ich habe Sie nicht wegen der Villetta in Pizzo angerufen.«
»Ach, nicht? Ja, weshalb denn dann?«
»Wegen des Todes dieses arabischen Maurers. Wie hieß der noch?«
»Ich erinnere mich nicht mehr. Aber das war ein schreckliches Pech! Der Mann war ja völlig besoffen! Die fangen doch jeden Tag schon frühmorgens mit dem Saufen an, stellen Sie sich vor, wie das erst samstags ist! Commissario Lozupone hat dann ja auch den Schluss gezogen, dass …«
»Lassen Sie die Schlussfolgerungen meines Kollegen mal beiseite und sagen Sie mir jetzt ganz genau, wie sich das Ganze abgespielt hat.«
»Das hab ich doch schon dem Richter erzählt, dann dem Commissario…«
»Aller guten Dinge sind drei.«
»Also gut. Um halb sechs an diesem Samstag haben wir aufgehört zu arbeiten und sind nach Hause gegangen. Montagmorgen dann…«
»Einen Augenblick. Ihr habt nicht gemerkt, dass der Araber nicht dawar?«
»Nein. Wie denn auch? Soll ich vielleicht einen Zählappell veranstalten?«
»Wer schließt die Baustelle ab?«
»Der Wachmann. Filiberto. Filiberto Attanasio.« Aber als sie hereinkamen und Spitaleri dabei überraschten, wie er telefonierte, hatte er da nicht genau diesen Namen genannt, Filiberto?
»Warum braucht ihr einen Wachmann? Zahlt ihr denn keine Schutzgelder?«
»Aber es gibt immer wieder den einen oder anderen Burschen, der sich volldröhnt…«
»Verstanden. Wo kann
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