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Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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übersende Ihnen in den nächsten Tagen per Fax eine Kopie aller Dokumente, die den Bau der Villa betreffen: den Bauplan, die Genehmigung, den Katasterauszug, die Verträge mit der Firma Spitaleri. Diese werden Ihnen sowohl fur den Antrag auf Amnestie als auch für den künftigen Verkauf dienlich sein. Gudrun Walser
    Der beigefügte Zeitungsbericht enthielt folgende Mitteilung:
    ÜBERRESTE EINES UNBEKANNTEN AUFGEFUNDEN
    Vorgestern entdeckten Feuerwehrleute, die nach einem Brand im trockenen Gestrüpp an den Eisenbahnböschungen etwa zwanzig Kilometer vor Köln angerückt waren, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen, in einem halb unter der Erde liegenden Stollen menschliche Überreste. Eine Identifizierung war nicht möglich, weil in der Umgebung der Überreste keine Kleidungsstücke gefunden wurden. Die Obduktion ergab, dass die Überreste zweifelsfrei die eines jungen Mannes sind und der Tod mindestens fünf Jahre zurückliegt.
    »Dieser Sturz aus dem Zug überzeugt mich nicht«, sagte Fazio.
    »Mich auch nicht. Nach Meinung der Polizei soll Ralf aufgestanden sein, um zur Toilette zu gehen. Und da soll er nackt hingegangen sein? Und wenn ihm jemand auf dem Korridor begegnet wäre?«
    »Woran denken Sie?«
    »Na, verstehst du, das sind alles ins Blaue hinein aufgestellte Thesen, wir werden nie einen Beweis dafür haben, nie eine Bestätigung. Kann sein, dass Ralf sich ein mitreisendes Mädchen ausgeguckt und beschlossen hatte, es nackt in die Arme zu schließen, so wie Dipasquale es uns erzählt hat. Und möglich, dass er einem Ehemann, einem Vater oder einem Onkel begegnet ist, der ihn aus dem Zug geworfen hat.«
    »Das kommt mir aber ein bisschen an den Haaren herbeigezogen vor.«
    »Es gibt auch eine andere Erklärung. Selbstmord.«
    »Und wieso?«
    »Stell mal eine Hypothese auf, indem du von der Tatsache ausgehst, dass an diesem Nachmittag des 12. Oktober, wie Dipasquale sagt, Angelo Speciale und sein Stiefsohn allein in Pizzo zurückgeblieben sind. Gesetzt den Fall, Angelo geht hinaus, um den Sonnenuntergang auf der Terrasse zu genießen, während Ralf einen Spaziergang zum Haus der Morreales unternimmt. Erinnere dich, dass Dipasquale uns erzählt hat, Ralf habe einmal versucht, Rina zu packen. Er trifft sie rein zufällig, und diesmal will er sie nicht entwischen lassen. Er bedroht das Mädchen mit dem Messer und zwingt sie, ihm in die versteckte Wohnung zu folgen. Und hier ereignet sich die Tragödie. Ralf packt das Mädchen ein, steckt sie in die Koffertruhe, schnappt sich ihre Kleider, versteckt sie im oberen Teil der Villetta und geht dann auf die Terrasse, wo er Angelo Gesellschaft leistet. Der aber, vielleicht am letzten Tag, entdeckt die Kleider des Mädchens. Sie haben Blutflecken abbekommen, während Ralf sie umgebracht hat.«
    »Hatte er sie denn nicht gezwungen, sich nackt auszuziehen?«
    »Das wissen wir nicht, möglich ist auch, dass er sie erst hinterher ausgezogen hat. Um das zu tun, was er mit ihr vorhatte, musste er sie ja nicht völlig nackt ausziehen.«
    »Und wie endet das Ganze?«
    »Es endet damit, dass Angelo während der Zugreise Ralf zwingt, den Mord zu gestehen. Und nachdem er das getan hat, bereitet der Junge seinem Leben ein Ende, indem er sich aus dem Zug stürzt. Wenn du willst, entwickle ich dazu eine Variante.«
    »Welche?«
    »Angelo ist es, der ihn aus dem Zug wirft und damit das Ungeheuer tötet.«
    »Jetzt übertreiben Sie aber, Dottore!«
    »Wie auch immer, vergiss nicht, dass Signora Gudrun schreibt, dass ihr Mann, in Köln angekommen, nicht mehr er selbst zu sein schien. Folglich muss ihm etwas widerfahren sein.«
    »Was heißt denn etwas? Diesem armen Kerl war widerfahren, dass er morgens im Schlafwagen aufwacht und seinen Stiefsohn nicht mehr findet!«
    »Kurz gesagt, du betrachtest Speciale nicht als den Mörder?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Aber du weißt doch, in den griechischen Tragödien …«
    »Dottore, wir sind hier in Vigàta und nicht in Griechenland.«
    »Jetzt sag mal ehrlich: Gefällt dir das als Geschichte oder nicht?«
    »Wäre sicher ein guter Fernsehstoff.«

Zwölf
    Der Tag war lang und wurde durch die Gluthitze des August noch länger. Montalbano fühlte sich ein bisschen müde. Doch an Appetit fehlte es ihm nicht. Als er den Backofen öffnete, war er enttäuscht, weil er nichts vorfand, doch als er den Kühlschrank aufmachte, sah er so etwas wie einen Salat aus Tintenfisch, Staudensellerie, Tomaten und Karotten, der noch mit Olivenöl und

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