Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
aus Zwiebelschale, und fuhr los.
Er erreichte das Kommissariat mit durchgeschwitztem Hemd, die Unterhose war eine Verbindung mit der Haut seines Hinterns eingegangen, so fest klebte sie an ihm. Catarella versuchte aufzustehen und die Habtachtstellung einzunehmen, schaffte es aber nicht und fiel kraftlos zurück auf den Stuhl.
»Ah, Dottori, Dottori! Ich sterbe. Eine Höllenglut ist das!«
»Nur Mut!«
Montalbano schloss sich ins Badezimmer ein. Er zog sich nackt aus, wusch sich, holte Hemd, Unterhose und Hose aus der Plastiktüte, zog sie an, ließ das durchgeschwitzte Zeug im Badezimmer hängen, ging in sein Büro und setzte den Miniventilator in Gang.
»Catarella!«
»Ich komme, Dottori!«
Er schloss gerade die Fensterläden, als Catarella eintrat. »ZuDiens-«
Er hielt inne, stützte sich mit der linken Hand auf den Schreibtisch, führte die rechte Hand an die Stirn und schloss dabei die Augen. Er sah aus wie eine Zeichnung in einem Handbuch zur Schauspielkunst des neunzehnten Jahrhunderts mit dem Untertitel: Erstaunen und Angst. »Maria, Maria, Maria…«, litaneite er. «Catare, ist dir nicht gut?«
»Maria, Dottori, was für ein Schrecken! Die Hitze ist mir aufs Hirn geschlagen!«
»Aber was ist denn?«
»Nichts, Dottori, sprechen Sie nur, ich verstehe Sie ausgezeichnet. Die Ohren funktionieren noch, nur die Augen täuschen mich!«
Und er behielt seine Haltung unverändert bei, die Augen zugekniffen, die Hand an der Stirn. »Hör zu, im Badezimmer hängen Kleider von mir, ich habe mich umgezogen.«
»Sie haben sich umgezogen?«, fragte Catarella.
Er wirkte erleichtert. Er machte die Augen wieder auf, nahm die Hand von der Stirn und sah Montalbano an, als wäre es das erste Mal.
»Sie haben sich also umgezogen!«
»Catare, ich habe mich umgezogen, was soll denn dieses Staunen?«
»Nichts, nichts, Dottori, es war nur, dass ich nichts mehr begreifen konnte, ein Missverständnis, eine Täuschung! Weil ich Sie doch erst in anderen Kleidern gesehen habe, und da dachte ich, ich könnte jetzt schon nicht mehr richtig sehen wegen der Hitze. Ein Glück, dass es nur war, weil Sie sich umgezogen haben!«
»Hör zu, geh die Sachen holen und häng sie zum Trocknen im Hof auf.«
»Ich kümmere mich sofort darum.«
Als er hinausging, wollte er die Tür schließen, aber der Commissario hielt ihn auf.
»Lass sie offen, so gibt es wenigstens ein kleines bisschen Durchzug.«
Das Telefon der Direktleitung klingelte. Es war Mimi Augello.
»Wie geht es dir, Salvo? Ich hab dich schon zu Hause angerufen, aber du hast nicht geantwortet, da hab ich gedacht, dass dir Ferragosto scheißegal ist, und da…«
»Gut gemacht, Mimi. Wie geht's Beba? Und dem Kleinen?«
»Ach, Salvo, sprich mir nicht davon. Weißt du, seit wir hier angekommen sind, hat der Kleine Fieber gehabt. Die Moral von der Geschieht: Wir haben nicht einen Tag Urlaub gehabt. Gestern erst ist es runtergegangen. Ich müsste ja eigentlich morgen wieder zum Dienst erscheinen…«
»Schon verstanden, Mimi. Von mir aus kannst du ruhig noch eine Woche bleiben, wenn du willst.«
»Wirklich?«
»Wirklich. Grüß mir Beba und gib deinem Sohn einen Kuss.«
Fünf Minuten später klingelte das andere Telefon. »Ah, Dottori, Dottori! Da ist der Signoriundquestori, und er sagt, er will Sie dringlich persönlich selber sprechen …«
»Sag ihm, ich bin nicht da.«
»Und was sag ich ihm, wohin Sie gegangen sind?«
»Zum Zahnarzt.«
»Haben Sie Zahnschmerzen?«
»Nein, Catare, das ist der Vorwand, den du ihm nennen sollst.«
Ging der Signoriundquestori einem denn auch an Ferragosto auf den Sack?
Während er mehrere Papiere unterschrieb, von denen Fazio ihm erklärt hatte, sie seien schon seit ein paar Monaten fällig, blickte er plötzlich auf. Im Korridor sah er Catarella, der auf sein Büro zukam. Was war nur so eigentümlich an seiner Gangart? Es wurde ihm auf der Stelle klar, als er ihn näher betrachtete. Catarella bewegte sich tänzelnd. Ja genau, er tänzelte. Er ging auf Zehenspitzen, die Arme vom Körper abgespreizt, und hin und wieder deutete er eine halbe Drehung an. Ob die Hitze ihm tatsächlich zu Kopf gestiegen war? Als er eintrat, bemerkte der Commissario, dass er die Augen geschlossen hatte. Oh, heilige Muttergottes, war er etwa zum Schlafwandler geworden? »Catarella!«
Catarella, der auf Höhe des Schreibtischs angelangt war, öffnete die Augen. Er war wie benommen. Sein Blick wirkte verloren. »Ehh?«, sagte er. »Was ist mit
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