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Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Der andere junge Mann und die junge Frau fingen an zu lachen.
    Er hätte so tun können, als wäre nichts, doch er drehte sich um und kehrte langsam zurück. »Wer hat das gesagt?«
    »Ich«, sagte der Kräftigere von beiden, der sich herausfordernd in die Brust warf. »Komm runter.«
    Der andere sah seine Freunde an.
    »Ich kümmere mich mal eben um den Alten, dann bin ich wieder da.« Großes Gelächter.
    Der junge Kerl pflanzte sich breitbeinig vor ihn hin, ließ eine Faust vorschnellen und versetzte ihm einen Schlag. »Geh baden, Normo.«
    Montalbano holte mit seiner Linken aus, der andere wich ihr aus, und die Rechte traf ihn, wie vorausgesehen, voll ins Gesicht und ließ ihn halb ohnmächtig rückwärts wanken. Das war kein Faustschlag, sondern ein Haken. Das Gelächter der beiden anderen brach auf der Stelle ab. »Wenn ich zurückkomme, ist alles sauber! Klar?« Er musste weit hinausgehen, um ein bisschen sauberes Wasser zu finden, denn in Strandnähe schwamm alles Mögliche herum, vom Scheißhaufen bis zum Plastikbecher, ein einziger Dreck.
    Bevor er zurückkam, schaute er zum Ufer, auf der Suche nach einer Stelle, wo es weniger Leute gab und das Wasser somit weniger verdreckt war. Das aber bedeutete, dass er eine halbe Stunde am Strand entlanglaufen musste, um zu seinem Haus zu gelangen.
    Die jungen Leute waren nicht mehr da, und die Veranda war sauber.
    Unter der Dusche, die immer noch heiß war, dachte er an den Haken, mit dem er den jungen Mann niedergestreckt hatte. Wie war es nur möglich, dass er so viel Kraft besaß? Dann begriff er, dass es nicht nur Kraft war, sondern möglicherweise die gewaltsame Entladung der gesamten Spannung, die sich an diesem Ferragosto-Tag in ihm angestaut hatte.

Fünfzehn
    Spätabends verließen die Familien mit ihren kleinen Kindern, die mal weinten, mal schrien, die besoffenen und raufenden Gruppen, die Pärchen, die so eng aneinanderklebten, dass kein Blatt Papier mehr zwischen ihnen Platz gehabt hätte, die einsamen jungen Männer mit ihren Handys am Ohr und andere Paare mit voll aufgedrehten Radios, CD-Playern und ähnlich lärmenden Utensilien endlich den Strand. Sie gingen, aber ihr Dreck blieb zurück. Der Dreck, dachte der Commissario, ist längst ein sicheres Zeichen dafür, dass an einer bestimmten Stelle der Mensch vorbeigekommen ist: So heißt es ja auch, dass der Mount Everest eine Müllhalde ist und dass selbst der Weltraum zum Abladeplatz verkommt. In zehntausend Jahren wird der einzige Beweis für die Existenz des Menschen auf der Erde die Entdeckung der riesigen Autofriedhöfe sein, das verbliebene Monument einer Zivilisation (?), die es einst gab. Als er eine Weile auf der Veranda gesessen hatte, bemerkte er, dass die Luft stank: Den Abfall, der den Strand bedeckte, sah man wegen der Dunkelheit nicht mehr, doch sein rasch einsetzender Fäulnisgestank, der durch die große Hitze entstand, wehte herüber.
    Es machte keinen Sinn, weiter draußen zu bleiben. Doch drinnen konnte man es auch nicht aushalten bei geschlossenen Fenstern, damit der Gestank nicht hereinkam - die von den Mauern während des Tages gespeicherte Hitze würde niemals hinausziehen können. Da zog er sich an, nahm sein Auto und fuhr in Richtung Pizzo. Als er an der Villetta ankam, blieb er stehen, stieg aus und ging zu der Treppe, die zum Strand hinunterführte.
    Er setzte sich auf die erste Stufe und zündete sich eine Zigarette an. Er hatte richtig vermutet: Das Haus lag weit genug oben, und der Fäulnisgestank des Drecks, der auch auf diesem Strand herumliegen musste, kam nicht bis dahin.
    Er wollte nicht an Adriana denken, aber es gelang ihm nicht.
    Er blieb ungefähr zwei Stunden so dort sitzen, und als er aufstand, um wieder nach Marinella zu fahren, war er zu dem Schluss gelangt, dass es besser wäre, Begegnungen mit dieser jungen Frau möglichst zu vermeiden.
    »Was hat Signorina Adriana gestern erzählt?«, fragte Fazio.
    »Sie hat mir etwas gesagt, das ich nicht wusste, jedoch vermutet habe. Du erinnerst dich, dass Dipasquale uns berichtet hat - und Adriana hat das bestätigt -, dass Rina von Ralf belästigt wurde und Spitaleri sie anschließend gerettet hat?«
    »Sicher erinnere ich mich daran.«
    Da erzählte ihm der Commissario alles: wie Spitaleri von diesem Augenblick an immer um Rina herumscharwenzelt war, bis er im Auto handgreiflich wurde und das Mädchen sich retten konnte, weil der Alte aufgetaucht war. Und er erzählte ihm auch, wie und warum der Alte verhaftet worden

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