Con molto sentimento (German Edition)
Ernsthaftes. Ach, da ist ja Alexis.« Claude deutete auf den Engländer, der gerade die Halle betrat und schon umgezogen war. Alexis verabschiedete sich per Handschlag von einem anderen Fechter. Anscheinend hatte er sich schon warm gefochten, seine Frisur war plattgedrückt von der Maske, ganz zu schweigen von seinen geröteten Wangen.
Patrice runzelte die Stirn: »Und wo ist Federico?«
Jérôme musste sich erst selbst einen Überblick verschaffen, doch dann deutete er auf einen Fechter, der eines der Stoßkissen malträtierte, die an der Wand angebracht waren. Patrice blieb der Mund offen stehen, als er die Übungen mitverfolgte. Mit welcher Energie sich Federico in den Ausfallschritt warf und mit der Spitze seiner Waffe in regelmäßiger Präzision genau in die Mitte des Kissens traf.
Claude wollte keinen Treffer einkassieren, egal ob man Schutzkleidung trug oder nicht, das musste doch blaue Flecken geben.
»Ja, Federico scheint es ernst zu meinen. Wollen die beiden einmal wieder sehen, wer die Hosen anhat?«, wandte sich Jérôme an Claude.
Claude kicherte. »So etwas in der Art wird es wohl sein.«
»Na dann kommt mit, den Spaß müsst ihr euch aus der Nähe ansehen.«
Federico hatte inzwischen seine Soloübungen beendet und nahm die Maske ab. Die beiden waren schon vor ihrem Gefecht dermaßen verschwitzt, da fragte sich Claude, ob sie sich nicht zu sehr verausgabt hatten. Federico und Alexis beachteten sie auch kaum, nickten nur Jérôme zu, der sich kurzerhand bereiterklärte, als Obmann zu fungieren.
Sobald Jérôme das Startsignal gegeben hatte, legten sie los. Man sah es deutlich, Federico hatte wohl zu viel überschüssige Energie, die er an Alexis loswerden wollte. Sofort ging er in die Offensive und trieb seinen Freund mit einigen Schritten an das Ende der Bahn. Alexis schien erst einmal abwarten zu wollen. Doch diese Taktik ging nicht auf, denn nach einem weiteren Schlag gegen die Klinge setzte Federico zu einem Ausfall an und schon leuchtete die rote Lampe auf.
Seltsamerweise war unter Alexis‘ Maske nur ein amüsiertes Lachen zu hören. »Uh Fedri, vorsichtig.«
Dabei konnte sich Alexis doch denken, dass Federico derartige Kommentare zur Weißglut brachten. Auf der Planche war mit Federico nicht zu spaßen, das hatte Claude immerhin oft beobachten können, als er früher dem Training der Fechtabteilung beigewohnt und dabei Jérôme aus der Ferne angehimmelt hatte. Da Alexis dies auch sehr wohl wusste, war es einkalkulierte Provokation. Ganz schön fies von ihm.
Claude blickte zu Patrice, der gebannt die beiden Fechter betrachtete. Ja, man traute Federico so eine Wildheit nun wirklich nicht zu. Da fragte sich Claude, ob es bei den beiden im Bett auch schon mal härter zuging.
Diese Fechteinlage war auf jeden Fall eine ganz andere Facette des Pärchens. Claude erinnerte sich noch allzu gut an den Tango, den Federico und Alexis auf der Hochzeit getanzt hatten. Da hatte alles so harmonisch gewirkt, aufeinander abgestimmt, voller Vertrauen und offen zur Schau gestellte Zuneigung. Jetzt jedoch strahlten sie die pure Freude am Kampf und Siegeswillen aus. Männlichkeit und Testosteron pur!
Ja, das war es, was Claude am Sex mit Männern so sehr schätzte. Es gab immer neue und immer andere Facetten zu entdecken. Je nach Kontext und nach Laune war der Sex mal zärtlich, dann aber auch mal wieder hart und immer gab es diesen Kampf nach Dominanz. Meistens versteckt und den Beteiligten gar nicht so bewusst in Gesten und Körperhaltung. Es sei denn man stand auf die absolut devoten Typen, die alles und jeden an ihren Hintern ließen, was bei Claude jedoch nicht der Fall war. Zwischen zwei Männern gab es zwangsläufig Konkurrenzgehabe, einen Kampf, Wettstreit, Duell, egal wie man es auch nannte.
Den Heten entging da eindeutig etwas, aber Claude war in dieser Hinsicht auch nicht der beste Experte. Immerhin hatte er auf diesem speziellen sexuellen Gebiet bis jetzt keinerlei Erfahrung sammeln können und er plante auch nicht an diesem Zustand etwas zu ändern.
»Okay, Fedri«, meinte Alexis nach einigen weiteren Treffen. »Machen wir jetzt ernst?«
Selbst unter dem dichten Drahtgeflecht der Maske konnte man Federicos breites Grinsen erkennen. »Dann leg los!«
Keine wilden Jagden von einem Ende der Bahn zum anderen, sondern gezielte, super schnelle Aktionen, die Claude kaum mit seinem ungeübten Auge auseinanderzuhalten
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