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Con molto sentimento (German Edition)

Con molto sentimento (German Edition)

Titel: Con molto sentimento (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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er endgültig eine Antwort bekam und er würde sie Hier und Heute bekommen. Da konnte man schon nervös werden und so war er mit Sicherheit der einzige Typ im Publikum, der schweißnasse Hände hatte. In dem Moment, in welchem Claude die Bühne betrat und alle applaudierten, saß Patrice nur stumm da. Klar, er saß im ersten Rang, was bedeutete, dass er Claude nur mit einem Opernglas gut erkennen konnte, aber trotz allem heftete er seinen Blick auf die Gestalt im Frack, die dort vor dem Orchester stand.
     
    Patrice konnte auch dem Konzert nicht viel abgewinnen. Nicht, weil ihn klassische Musik nicht ansprach, sondern weil er nur Augen für Claude hatte. Seine eleganten Bewegungen, jedes Schwingen der Arme wurde von ihm verfolgt. Jede noch so kleine Gewichtsverlagerung. Beiläufig registrierte er, dass das Klavierkonzert von Schumann aufgeführt wurde. Er hatte damals Federico in Genf dieses Konzert spielen hören. Selbst ihm fiel der immense Unterschied zwischen den beiden Pianisten auf.
     
    Ein weiteres Stück des Programms war von Franz Liszt: Les Préludes. Die Vorspiele. Ein merkwürdiger Titel für ein Stück wie Patrice befand. Aber als er die Beschreibung dazu im Programmheft las, wurde es ihm klarer. Liszt selbst hatte die einzelnen Lebensphasen nur als Vorspiel für den Tod gesehen. Claude hatte ein Vorwort dazu verfasst und Patrice fand die Worte, die der Dirigent gefunden hatte, seltsam anrührend: »Das Leben in all seinen Facetten finden wir in Liszts Werk wieder. Das leise Sehnen nach einem geliebten Menschen ebenso wie die tosenden, überbordenden Freuden, wenn der richtige Partner gefunden wurde.«
     
    Es hätte Patrice klar sein müssen, dass Claude dieses Stück auf die Liebe und Sexualität der Menschen ummünzte. Und warum auch nicht. Als Patrice das Stück hörte, konnte er Claude nur recht geben. Das Ende des Stückes war eine grandiose, mitreißende Zusammenführung aller Themen und das gesamte Orchester schmetterte die Siegesfanfaren in den Saal. Patrice bekam eine Gänsehaut.
     
    In der Pause überlegte er sich, ob er Claude einen Blumenstrauß hinter die Bühne schicken sollte. Vielleicht sogar mit irgendeinem Verweis auf Les Préludes? Dass er sich genau so ein Feuerwerk für sie beide wünschte! Dieses glückliche Happyend. Das wäre doch romantisch, sollte man meinen. Aber Claude hatte noch nie auf Romantik gestanden und was sollte Patrice auch in die Grußkarte hineinschreiben? Überhaupt, wo sollte er jetzt noch einen Strauß und einen Boten herbeizaubern? Nein, er beließ es lieber dabei sich nach Konzertende am Hintereingang aufzuhalten und zu warten bis Claude hinauskam. Notfalls würde er die ganze Nacht dort verbringen.
     
    Die gesamte Nacht musste er nicht warten, doch eine geschlagene Stunde war es schon bis sich die Stagedoor noch einmal öffnete und Claude hinausgeschlendert kam. Zum Glück war er alleine, er trug noch den Frack und eine Umhängetasche. Anscheinend war sein Hotel gleich in der Nähe, sonst hätte er sich mit Sicherheit nach dem Konzert umgezogen. Patrice beobachtete ihn und erst als Claude an ihm vorübergelaufen war, stieß er sich von der Wand ab und trat aus dem Schatten hinaus.
     
    »Claude«, er fürchtete, dass es zu leise war, seine Stimme versagte.
     
    Doch Claude hatte ihn gehört, oder besser er hatte irgendetwas gehört, denn so wie er herumfuhr hatte er sich wohl erschrocken. So dauerte es auch einen Moment bis sich auf Claudes Gesicht so etwas wie Wiedersehensfreude einstellte. Aber dann grinste ihn der Franzose auf seine unvergleichliche Art an und kam auf ihn zu. Ehe es sich Patrice versah, hatte ihn Claude in eine freundschaftliche Umarmung gezogen. Aber das war eben der Knackpunkt: Es war eindeutig eine rein freundschaftliche Geste, denn sonst hätte ihn Claude bestimmt geküsst oder ihn andächtig gemustert.
     
    »Was machst du in Montreal?«, wollte Claude wissen und lachte noch immer. Man musste sich über die kleinen Dinge freuen: Immerhin lachte er und scheuchte Patrice nicht gleich sonst wo hin.
     
    »Ich arbeitete hier«, gab Patrice zurück.
     
    »Wirklich? Wow«, meinte Claude und schickte sich an den Gehsteig entlang zu gehen. Patrice hielt sich dicht neben ihm.
     
    Was sollten sie sonst noch sagen? Auf der einen Seite gab es so viel Ungesagtes zwischen ihnen. Allein die letzten Jahre? Wie hatten sie diese Wochen und Monate verbracht? Aber dann fühlte sich Patrice auch wieder seltsam befangen. Nur zu gerne würde er den

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