Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
einfachen Mannschaftsmitglied verglich, wäre er sprachlos vor Überraschung und Grimm gewesen. Aber er war total in seine Grübeleien vertieft, die mit den Jahren immer schwärzer und düsterer geworden waren, in seine grandiosen Träume und beschäftigt mit dem Mädchen, dessen Besitz ihm ein bitteres Vergnügen war – bitter wie alle Freuden.
Und ihr Blick galt immer häufiger dem schwarzhaarigen Riesen, der während der Arbeit und in der Freiwache stets aus seinen Kameraden herausragte. Er sprach sie nie an, aber sein Blick, mit dem er sie ansah und den er nie verheimlichte, verriet viel. Und sie wußte nur zu gut, was er verriet. Sie fragte sich, ob sie das gefährliche Spiel wagen sollte, ihn zu ermutigen.
Es war noch nicht allzuviel Zeit vergangen, seit sie sich fern der Paläste Kordavas befand, aber ihr schien es, als trennte sie eine Welt von ihrem früheren Leben, ehe Zaporavo sie, die sich die Seele aus dem Leib schrie, aus der flammenden Karavelle schleppte, die seine Seewölfe geplündert hatten. Sie, die verzogene und verzärtelte Tochter des Fürsten von Kordava, erfuhr am eigenen Leib, wie es ist, das Spielzeug eines Seeräubers zu sein. Und da sie anpassungsfähig genug war, blieb sie am Leben, unter Umständen, die der Tod anderer Frauen gewesen wären. Und weil sie jung und lebensfroh war, fand sie allmählich Freude an diesem Dasein.
Es war ein unsicheres Leben, traumgleich, aus dem sich die blutigen Kämpfe, die Plünderungen, die Gemetzel scharf hervorhoben. Zaporavos rote Visionen machten es noch unsicherer, als das des normalen Freibeuters war. Niemand wußte je, was er als nächstes plante. Jetzt hatten sie alle Küsten hinter sich gelassen und stießen immer tiefer in die unbekannte wogende Öde vor, die üblicherweise von Seefahrern gemieden wurde. Seit Anbeginn der Zeit waren Schiffe, die sich so weit vorgewagt hatten, für immer aus dem Blick der Lebenden verschwunden. Alle bekannten Lande lagen hinter ihnen, und Tag um Tag bot sich ihren Augen nur endloses blaues Meer. Hier konnte es keine Beute geben, keine Städte zum Brandschatzen, keine Schiffe zum Entern. Die Männer brummten, allerdings so, daß ihr unerbittlicher Kapitän es nicht hörte, der Tag und Nacht in düsterer Erhabenheit auf dem Quarterdeck auf und ab stiefelte oder sich hinter verschlossenen Türen über uralte Karten und vergilbte Skizzen beugte und in dicken Werken aus wurmzerfressenem Pergament las. Manchmal sprach er zu Sancha, mit wilden Augen, wie ihr schien, über verlorene Kontinente und legendäre Inseln, die ungeahnt in den blauen Wogen zwischen namenlosen Schluchten schlummerten, wo gehörnte Drachen Schätze bewachten, die vormenschliche Könige vor unvorstellbarer Zeit zusammengetragen hatten.
Sancha lauschte verständnislos, die Arme um die Knie geschlungen, und ihre Gedanken wanderten ständig von den Worten ihres grimmigen Gefährten zu dem gutgewachsenen Bronzeriesen, dessen Lachen so stürmisch und urgewaltig wie der Seewind war.
Nach vielen ermüdenden Wochen sahen sie im Westen Land voraus. Gegen Morgengrauen warfen sie Anker in einer seichten Bucht. Ein Strand lag vor ihnen wie ein weißes Band vor sanften grasbewachsenen Hängen und grünen Bäumen. Der Wind trug den Duft frischen Grüns und würziger Kräuter herbei. Sancha klatschte erfreut über die Aussicht in die Hände, wieder einmal festes Land unter den Füßen zu haben. Aber ihre Begeisterung hielt nicht lange an, denn Zaporavo befahl ihr, an Bord zu bleiben, bis er nach ihr schickte. Sie schmollte. Nie erklärte er die Gründe für seine Anweisungen, und sie konnte sie auch nicht erraten, obwohl sie manchmal vermutete, es sei seine Bosheit, die ihn veranlaßte, ihr hin und wieder grundlos wehzutun.
Also lag sie schmollend auf dem Heckkastell und schaute den Männern nach, die durch das stille Wasser ruderten, das wie flüssiger Jade in der frühen Morgensonne glitzerte. Sie sah, daß sie sich auf dem Strand sammelten und sich mit den Klingen in der Hand mißtrauisch umsahen. Ein paar machten sich daran, zwischen den Bäumen den Strand entlang umherzustreifen. Conan war unter ihnen – er war unverkennbar mit seinem riesenhaften Wuchs und den federnden Schritten. Man erzählte sich, daß er überhaupt kein zivilisierter Mann war, sondern ein Cimmerier von einem dieser barbarischen Stämme, die in den grauen Bergen des fernen Nordens zu Hause waren und die mit ihren Plünderzügen und Überfällen ihren südlichen Nachbarn Angst
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