Conan-Saga 52 - Conan und der Smaragd-Lotus
wo Ethram-Fals Nest lag.
»Ja«, sagte der Cimmerier. »Ich verstehe.« Er wühlte nochmals im zusammengebrochenen Zelt. Gleich darauf richtete er sich auf und hielt Heng Shih eine Flasche Wein entgegen. Mit den Zähnen zog er den Korken heraus und bot sie dem Khiter an.
»Trink einen Schluck und hör mir genau zu. Deine Herrin lebt, sonst hätten die Stygier sie wie die Leichen ihrer Kameraden zurückgelassen. Wenn du einfach in den Palast hineinmarschierst, wirst du wie ein Schaf abgestochen und läßt Zelandra lebendig in den Händen des stygischen Zauberers. Willst du das wirklich?«
Der Khiter schüttelte den Kopf. Er ließ die Schultern hängen. Langsam verließ die schmerzvolle Spannung seinen Körper.
»Ich glaube nicht, daß du das willst. Und jetzt schau zum Himmel. Das ist kein gewöhnlicher Sturm, sondern ein Sandsturm direkt aus der Hölle. Ich habe ein paar derartige Stürme in der Wüste erlebt, aber noch niemals einen, der den Himmel so erfüllte wie dieser. Wahrscheinlich ist der verfluchte Sturm bei Harakht entstanden und mit jeder zurückgelegten Meile stärker geworden. Er dürfte uns aber hervorragende Deckung geben.«
Wieder hielt Conan dem Freund den Wein hin. Diesmal nahm Heng Shih die Flasche. Der Cimmerier verschwand in einem stehenden Zelt und ließ den großen Khiter allein. Dieser nahm einen Schluck und warf die Flasche beiseite. Klirrend zersprang das Glas. Heng Shih hatte jetzt keine Zeit zu trinken.
Der Barbar tauchte aus dem Zelt auf. Er trug seinen Lederhelm, ein langes Seil und zwei von Neesas seidenen Blusen. Den Helm setzte er auf und schlang das aufgerollte Seil über die Schulter. Dann warf er dem Khiter eine Seidenbluse zu. Heng Shih fing sie auf, ehe der Wind sie davontrug, blickte aber verständnislos auf das Kleidungsstück.
»Wir führen es so durch, wie ich vorhin gesagt habe. Ich führe uns über die Ränder der Schluchten und Cañons zum Palast des Zauberers. Der Sturm erleichtert uns den Weg nicht gerade, aber das ist unsere einzige Hoffnung. Wickle dir die Bluse um den Kopf, damit Mund und Nase bedeckt sind. Du brauchst nur einen schmalen Sehschlitz. So hast du ein wenig Schutz gegen den Sand.«
Heng Shih stand reglos da und blickte von der Bluse in der Hand zu den scharfen Rändern der Schluchten hinüber, die sich dem Sandsturm entgegenstellten. Der Wind pfiff durchs Lager und trieb Sand hinaus in die Finsternis.
»Komm jetzt!« forderte Conan ihn auf und verknotete die Bluse um den Hals.
Heng Shih nickte und wickelte sich ebenfalls die Seidenbluse um den Kopf.
D REIUNDDREISSIG
Das letzte Licht des Mondes wurde von den dahintreibenden Wolken verdeckt. Sturmgebraus tobte an den beiden Männern vorbei, die aufwärtskletterten, und scheuerte mit dem Sand gegen ihre nackte Haut. Trotz des fehlenden Mondes herrschte ein gespenstisches gelbliches Zwielicht. Darin vermochte Heng Shih die Gestalt des Cimmeriers erkennen, der die Felswand erklomm.
Heng Shih stand auf einer schmalen Felskante unterhalb des Cimmeriers. In dem unablässigen Sturmwind wagte er kaum, sich zu rühren. Zwanzig Fuß unter ihm lagen überall scharfkantige Felsbrocken. Der Khiter preßte die Stirn gegen den harten Fels, der noch von den Sonnenstrahlen warm war, und wartete darauf, daß Conan in Sicherheit gelangte und ihm das Seil herabließ.
Auf diese Weise waren sie bereits seit mehreren Stunden unterwegs. Heng Shih hatte gehofft, daß die Ränder der Schluchten oben eben wären, zumindest auf einigen Strecken. Doch dem war nicht so. Die oberen Teile der Felswände bildeten bizarre Gebilde. Da die Männer immer in Schluchten hinabsteigen und auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinauf mußten, waren sie noch nicht weit gekommen.
Die von Conan eingeschlagene Route hatte sie in eine Schlucht geführt, deren Boden mit unregelmäßig geformten Findlingen übersät war. Die halbe Nacht hatten sie gebraucht, um aus diesem Labyrinth hinauszufinden. Da die Felswände überall so steil und glatt waren, daß sie keinerlei Halt für Füße oder Hände boten, hatten die Männer eine neue Methode entwickelt: Conan kletterte voraus, wobei er oft vollständig in den Sandwirbeln verschwand. Dann ließ er das Seil hinab, damit Heng Shih hinaufklettern konnte.
Die anderen Seiten der Kämme waren für gewöhnlich kürzer und weniger steil, da die Schluchten tiefer wurden und weiter ins Bergland reichten. Immer wieder mußten die Männer steile Felswände überwinden. Heng Shih setzte seinen
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