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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Bandwürmer benutzen.«
    »Du meinst die Zollinspektoren?«, fragte Moseh.
    »Ja, du Blut saugender, Skalps klauender, halbblütiger Christus-Mörder, genau das habe ich gemeint – verzeih mir bitte meine Ungenauigkeit«, antwortete Jeronimo höflich.

    »Aber die Brigg des Vizekönigs müsste ihre Ladung doch gar nicht hier in Cadiz verzollen – das könnte sie in Sanlúcar de Barrameda machen und so die Warterei vermeiden«, gab Moseh zu bedenken.
    »Aber einen Teil der Ausbeute seiner Plünderungen hat der Vizekönig ganz bestimmt als Fracht auf einige dieser Galeonen verteilt. Damit hätte er allen Grund, sich hier herumzutreiben, bis die Zollformalitäten erledigt sind«, sagte Jeronimo.
    »Ah, jetzt kann ich in die Calle Nueva sehen«, sagte van Hoek. »Sie ist ganz bunt heute, voll mit Seide und Straußenfedern.«
    »Was ist das«, fragte Jack, »die Straße der Kleiderhändler?«
    »Nein, das ist die Börse. Die Hälfte aller Commerçants der Christenheit haben sich, nach französischer Mode gekleidet, hier versammelt. Letztes Jahr haben sie Waren nach Amerika verschifft – jetzt sind sie zusammengekommen, um ihren Gewinn abzuholen.«
    »Ich sehe sie«, sagte Jeronimo mit einer eiskalten Gelassenheit in der Stimme, die Jack einigermaßen beunruhigend fand. »Sie ist hinter einer Galeone versteckt, aber an ihrem Mast sehe ich die Farben des Vizekönigs.«
    »Die Brigg?«, fragten mehrere von den zehn.
    »Die Brigg«, bestätigte Jeronimo. »Die Vorsehung – die uns alle so viele Jahre lang in den Arsch gefickt hat – hat uns zur rechten Zeit hierhergebracht.«
    »Also war der Donner, der letzte Nacht über den Golf rollte, gar kein Gewitter, sondern der Kanonendonner von Cadiz, mit dem die Galeonen begrüßt wurden«, sagte Moseh. »Lasst uns frisches Wasser trinken, eine Siesta machen und dann Kurs auf Bonanza nehmen.«
    »Es wäre nützlich, wenn wir jetzt jemanden in die Stadt schicken könnten, damit er sich eine Weile beim Haus des Goldenen Merkur herumtreibt«, sagte van Hoek. Was für Jack nur wie Vogelgezwitscher geklungen hätte, hätte der Name nicht eine Erinnerung geweckt.
    »In Leipzig gibt es ein Haus mit demselben Namen – es gehört den Hacklhebers.«
    Darauf van Hoek: »So wie Lachse aus dem großen weiten Meer zu den Mündungen schnell fließender Flüsse strömen, so gehen Hacklhebers überall dort hin, wo große Mengen an Gold und Silber sich im Umlauf befinden.«
    »Warum sollten wir uns um deren Treiben in Cadiz kümmern?«
    »Weil sie sich ganz sicher um unseres kümmern«, gab van Hoek zurück.

    »Wie dem auch sei, es gibt keinen Menschen, ob Sklave oder frei, an Bord dieser Galiot, der das Stadttor passieren könnte. Deshalb ist diese Diskussion müßig«, sagte Moseh.
    »Glaubst du denn, in Sanlúcar de Barrameda wird das anders sein?«, spottete van Hoek.
    »Oh, in diese Stadt kann ich uns bringen, Käpt’n«, sagte Jack.
     
    Nachdem die Mittagshitze angebrochen war, ruderten sie nordwärts, wobei sie die Salinen immer an Steuerbord hatten. Ihr Schiff war eine Galiot oder Halb-Galeere, die von zwei Lateinsegeln (die heute wenig nützten, da der Wind schwach und unregelmäßig wehte) und sechzehn Riemenpaaren fortbewegt wurde. Jeder der zweiunddreißig Riemen wurde von zwei Männern gerudert, so dass die volle Besetzung aus vierundsechzig Ruderern bestand. Wie alles andere an ihrem Plan war diese Zahl sorgfältig ausgewählt. Eine riesige Kriegsgaleere der Barbarei mit zwei Dutzend Ruderbänken, fünf oder sechs Sklaven an jedem Riemen und hundert bewaffneten Korsaren, die sich an der Reling drängten, zöge natürlich, sobald sie in Sicht käme, den Zorn der spanischen Flotte auf sich. Kleinere, Bergantinen genannte Galeeren verfügten nur über ein Drittel der Ruderbesatzung, mit der sie jetzt ihre Galiot über den Golf von Cadiz ruderten. Auf einem so kleinen Schiff war es jedoch unmöglich oder zumindest unrentabel, Rudersklaven zu halten, und deshalb wären die Ruderer Freie gewesen; wenn sie dann längsseits neben ein größeres Schiff gerudert wären, hätten sie ihre Entermesser und Pistolen geschnappt und als Korsaren losgeschlagen. Aus diesem Grund würde eine Bergantine mehr Verdacht erregen als diese (viel größere) Galiot; man würde sie als eine wendige Plattform für bis zu drei Dutzend Enterer betrachten, während die Besatzung der Galiot (angekettete Sklaven nicht mitgezählt) viel kleiner war – in diesem Fall nur acht Korsaren, die vorgaben, friedliche

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