Confusion
dem Boden zerschellen und die Galerie mit einem Geruch erfüllen, der so übel war wie ihre Absichten. Die Geste war so auffällig, dass d’Avaux sie bemerkt haben würde, wenn er ihr gegenübergestanden hätte; aber er schaute in eine andere Richtung.
»Ob es Euch gefällt oder nicht, Monsieur, sie gehört zum Inventar des Hofes, und ich kann nicht so tun, als gäbe es sie nicht.«
»Gewiss, aber Unterredungen unter vier Augen mit einer solchen Frau zu führen, wie Ihr es in den vergangenen zwei Monaten drei Mal getan habt...«
»Wer hat mitgezählt, Monsieur?«
» Jeder, Mademoiselle. Das ist es ja gerade. Auch wenn Ihr so rein wie frisch gefallener Schnee sein mögt...«
»Euer Sarkasmus ist ungehörig.«
»Dies ist auch ein ungehöriges, da in aller Eile geführtes Gespräch. Wie gesagt, Ihr mögt so rechtschaffen sein wie die de Maintenon persönlich. Aber falls und wenn Monsieur le Duc d’Arcachon stirbt...«
»Wie könnt Ihr an seinem Geburtstag davon sprechen?«
»Dem Tode ein Jahr näher, Mademoiselle. Und selbst wenn er auf ganz unverfängliche Weise, wie etwa durch einen Sturz vom Pferd oder ein untergehendes Schiff, zu Tode kommt, werden die Leute sagen, Ihr hättet etwas damit zu tun, wenn Ihr weiter an finsteren Orten mit der d’Oyonnax zusammentrefft.«
»Anschuldigungen weitertragen kann jeder. Aber nur wenige haben die Würde, ihnen Gewicht zu verleihen.«
»Hat Euch das die d’Oyonnax gesagt?«
Dies machte Eliza einen Moment lang sprachlos, und so fuhr d’Avaux fort: »Ich bin als Graf geboren, Ihr seid zur Gräfin gemacht worden; ich gehöre zu den wenigen, die Euch beschuldigen können.«
»Ihr seid wirklich abscheulich.«
»Ich habe Euch schon einmal beschuldigt, nachdem Ihr für den Prinzen von Oranien spioniert hattet; aber Ihr seid davongekommen, weil Ihr es für Madame getan und weil Ihr dafür bezahlt habt. Jetzt seid Ihr allein, und Ihr habt kein Geld. Ich weiß nicht, wen genau Ihr vergiften wollt: vielleicht den Herzog, vielleicht Étienne, vielleicht den einen und dann den anderen. Ich bin schwer versucht, abzuwarten und zuzusehen, wie Ihr diese Verbrechen begeht, und Euch dann zu vernichten – denn Euch in der Bastille an eine Steinmauer gekettet zu sehen wäre überaus befriedigend für mich. Aber ich kann nicht zulassen, dass ein Herzog und Pair des Reiches einem Mord zum Opfer fällt, nur um meine eigenen Gelüste zu stillen. Und deshalb warne ich Euch, Mademoiselle, nehmt Euch in Acht und...«
»Tötet mich«, sagte eine Stimme vor ihnen.
D’Avaux und Eliza, immer noch Seite an Seite, Arm in Arm miteinander verbunden, waren an der alten Flügeltür an der Rückwand der Kapelle angelangt und eingetreten. Jetzt sah es dort ganz anders aus. Eliza glaubte halb, sie hätten sich im Raum geirrt. Die Sonne war untergegangen, sodass kein Licht durch die Fenster drang; aber es brannten Hunderte von Kerzen auf unzähligen Silberkandelabern. Ihr Licht schimmerte in den polierten Lehnen zahlreicher vergoldeter Stühle, die man anstelle von Bänken auf dem Steinfußboden aufgestellt hatte – oder vielmehr auf einem auf den Boden gelegten Perserteppich. Der Altar war mit einem weißen, mit Goldbrokat verzierten Seidentuch abgedeckt, obwohl dies schwer zu erkennen war, da man die vordere Hälfte der Kapelle in einen duftenden Dschungel aus weißen Blumen verwandelt hatte. Elizas erster Gedanke war sonderbarerweise: Wo zum Teufel kommen um diese Jahreszeit die Blumen her? Die Antwort musste in der stickig-heißen Orangerie irgendeines Adeligen zu suchen sein.
Angetan mit der Paradeuniform eines Kavallerieobersten lag Étienne de Lavardac d’Arcachon, hingegossen wie das Modell eines Künstlers, auf dem Teppich am Fuße des Altars. Vor ihm auf dem
Teppich, am vorderen Ende des Mittelgangs, lagen zwei schimmernde Gegenstände: ein Dolch mit gewellter Klinge und ein goldener Ring.
D’Avaux war so jählings erstarrt, dass Eliza halb hoffte, er habe einen Schlaganfall erlitten. Doch sein Griff an ihrem Arm erschlaffte, und er begann sich zurückzuziehen.
Davon aber wollte Ètienne nichts wissen; er sprang auf. »Bleibt, wenn es recht ist, Monsieur le Comte. Eure Anwesenheit hier ist ein glücklicher Zufall und höchst willkommen. Denn es wäre unziemlich, wenn ich hier ohne eine Anstandsperson mit Mademoiselle la Comtesse zusammenträfe; ein Umstand, der mich, während ich hier lag, stärker beunruhigte, als Worte es auszudrücken vermögen.«
»Ich stehe Euch zu Diensten,
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