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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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gekannt, nicht wahr?«
    Leibniz hob warnend die Hand. »Ja. Aber bitte werft mich nicht mit ihm in einen Topf.«
    »Wenn ich nur eben auf das Thema zurückkommen darf, von dem wir ausgegangen sind, Doktor, so scheint mir, dass Eure Theorie eine Möglichkeit zulässt, für die Ihr vorhin nur Spott übrighattet – nämlich dass zwei Klumpen Gold voneinander verschieden sein können.«
    »Zwei solche Klumpen sind in jedem Falle verschieden, was jedoch daran liegt, dass sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Lage unterschiedliche Perzeptionen haben. Ich fürchte, Ihr wollt manchem Gold mystische Eigenschaften zuerkennen und anderem nicht.«
    »Warum fürchtet Ihr das?«
    »Weil Ihr es als Nächstes einschmelzen werdet, um dieses Mysterium zu extrahieren und auf eine Phiole zu ziehen.«
    Fatio seufzte. »In Wahrheit haben alle diese Theorien ihre Probleme.«
    »Ganz recht.«
    »Warum gebt Ihr es dann nicht zu? Warum diese hartnäckige Weigerung, Newtons System in Betracht zu ziehen, wo das Eure doch genauso mit Schwierigkeiten behaftet ist?«
    Leibniz blieb vor der Freitreppe am Haupteingang des Schlosses stehen, als würde er lieber frieren, als die Diskussion an einem Ort weiterzuführen, wo sie mitgehört werden könnte. »Eure Frage kommt im Gewand der Vernunft daher, damit sie unschuldig erscheint. Vielleicht ist sie es. Vielleicht aber auch nicht.«
    »Selbst wenn Ihr mich nicht für unschuldig haltet, bitte glaubt mir, dass meine Verwirrung echt ist.«

    »Isaac und ich haben dieses Gespräch schon einmal geführt, vor langer Zeit, als wir noch jung waren und die Dinge ganz anders standen.«
    »Wie sonderbar. Außer Daniel Waterhouse seid Ihr der einzige Mensch, der ihn je beim Vornamen genannt hat.«
    Der unsichere Ausdruck in Leibniz’ Gesicht verwandelte sich in offenen Unglauben. »Wie nennt Ihr ihn denn, wenn ihr in Eurem Londoner Haus miteinander allein seid?«
    »Ich nehme alles zurück, Doktor. Es gibt drei, die ihn auf diese Weise gekannt haben.«
    »Ein ausgesprochen raffinierter Satz, den Ihr da gerade geäußert habt«, rief Leibniz, offenbar echt beeindruckt. »Wie eine auf sich selbst zurückgebogene und zu einer Schlinge geknotete Seidenschnur. Ich muss Euch dafür loben, aber ich werde meinen Fuß nicht hineinstellen. Und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr auch Daniel heraushieltet.«
    Fatio war rot angelaufen. »Das Einzige, worum es mir geht, ist ein klareres Verständnis dessen, was sich zwischen Euch und Isaac abgespielt hat.«
    »Ihr wollt wissen, ob Ihr einen Rivalen habt.«
    Fatio blieb stumm.
    »Die Antwort lautet: Nein.«
    »Das ist gut.«
    »Ihr habt keinen Rivalen, Fatio. Isaac Newton dagegen schon.«

Irland
    1690-1691
    Die King’s Own Black Torrent Guards waren von einem Mann gegründet worden, den König Wilhelm nicht besonders mochte (John Churchill), und als eine Art Bestrafung dafür war das Regiment nun schon seit zwei Jahren im irischen Exil. Bob Shaftoe hatte in dieser Zeit viel über die Insel gelernt: zum Beispiel, dass sie gemeinhin in vier Teile zerfiel, die verschiedentlich Königreiche, Herzogtümer, Präsident- oder Grafschaften genannt wurden, je nachdem, mit wem man
sprach und welche besonderen Vorstellungen der Betreffende bezüglich der wahren Natur und Bedeutung der irischen Geschichte hatte. Connaught war eine, die anderen hießen Ulster, Leinster und Munster.
    Bob hörte als Erstes von Connaught, sah es jedoch als Letztes. Trotzdem hatte er das Gefühl, darüber Bescheid zu wissen. In den letzten Jahren hatte er von seiner irischen »Familienbande«, den Verwandten der verstorbenen Mary Dolores, die größtenteils den Nachnamen Partry trugen, endlose Geschichten darüber gehört.
    Bis vor kurzem hatte der Partry-Clan samt seinen Schweinen, Kühen, diversem freilaufenden Federvieh und einem verstörten Schaf in einem winzigen Schuppen in Rotherhithe gehaust, das etwa eine Meile stromabwärts vom Tower von London gegenüber von Wapping am Themseufer lag. Teague Partry – einer der drei Partrys, die sich zur einen oder anderen Zeit bei den Black Torrent Guards hatten anwerben lassen – hatte sich oftmals freiwillig zum Wachestehen auf dem Develin Tower gemeldet, dem äußersten südöstlichen Scheitelpunkt der Zitadelle, und dies ungeachtet dessen, dass der Turm dem schlechten Wetter, das den Fluss heraufkam, ungeschützt ausgesetzt war und von allen anderen Soldaten gehasst wurde. Die kalten feuchten Winde, behauptete er, erinnerten ihn an Connaught, und von dieser

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