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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Kanonenkugel-Verletzung sichtlich schmerzte -, weshalb er dazu neigte, sich in ganz kurzen Sätzen zu äußern. Er saß schief auf einem müden Pferd. Er sprach auf Holländisch mit de Zwolle und dann auf Englisch mit den Hauptleuten der Kompanien und mit Bob. Er sah sie dabei jedoch nicht an; er war kurz davor, im Sattel einzuschlafen, und konnte den Blick nicht von den Musketen-Scheiterhaufen losreißen.
    Inhaltlich sagte er, dass er mit Regimentern wie seinen Black Torrent Guards nicht nur Irland, sondern auch Flandern nehmen und bis nach Paris durchmarschieren könne.
    Bob blieb noch lange auf, starrte in das Feuer, das langsam in ein rotes Gewirr aus geschmolzenen Musketenläufen überging, und grübelte über einige der längerfristigen Implikationen der Äußerung des Königs nach. Insgesamt war die Vorstellung einigermaßen beunruhigend. Andererseits würde ihm ein Einmarsch in Frankreich vielleicht Gelegenheit bieten, Miss Abigail Frome ausfindig zu machen.
    Das Feld war mit qualmenden Spitzkegeln aus geschwärztem Eisen übersät, als sie am nächsten Tag abrückten und südwärts nach Dublin marschierten. James Stuart war bereits nach Frankreich geflüchtet. Die Protestanten waren außer Rand und Band und plünderten die Häuser von Katholiken. Bob verfügte sich in ein bestimmtes Viertel, wo sich die Protestanten in aller Regel besser benahmen, falls sie überhaupt dorthin gingen. Er traf Teague Partry dabei an, wie er auf einer Eingangstreppe saß, eine Tonpfeife rauchte und mit ernster Miene die Hinterteile vorbeikommender Milchmägde betrachtete, als wäre in letzter Zeit nicht viel passiert. Doch die rechte Seite seines Gesichts war stark gerötet, wie von einem Sonnenbrand, und mit frischen Wunden übersät, die so gestreut waren, als wären sie allesamt von einem gemeinsamen Mittelpunkt ausgegangen.
    Teague spendierte ihm einen Krug Bier (er war damit an der Reihe) und erklärte ihm, James’ ausländische Kavallerieregimenter seien als Erste in Panik geraten und hätten, als sie ihre Fluchtroute von der irischen Infanterie verstellt fanden, das Feuer auf diese eröffnet, um den Weg frei zu machen. Er gab Bob zu bedenken, dass Iren durchaus in
der Lage seien, sich tapfer zu schlagen, wenn sie nicht von kontinentalen Kavalieren, die angeblich auf ihrer Seite standen, massakriert würden und wenn man ihnen (er deutete angelegentlich auf sein Gesicht) Gewehre gäbe, die Musketenkugeln abschossen, anstatt nach hinten loszugehen. Bob pflichtete ihm bei.
    Später marschierte der Großteil von Wilhelms Heer Richtung Westen über die Insel, aus Leinster hinaus in das westliche Reich Munster. Es belagerte Limerick, eine der wenigen Städte in Irland, die über richtige Befestigungen verfügten und als Austragungsort eines richtigen militärischen Gefechts dienen konnten. Leider konnten die Iren mit richtigen militärischen Gefechten nur wenig anfangen. Wilhelms holländische Kanonen sprengten ein Loch in die Stadtmauer; Bob stürmte an der Spitze seiner Kompanie hinein und wurde von einer Flasche am Kopf getroffen; geschleudert hatte sie eine stämmige alte Hexe mit einem Schleier, die auf einer Ruine stand und ihm auf Gälisch irgendetwas zukreischte. Bob, der nichts über seinen Vater wusste, hegte schon lange den Verdacht, er könnte teilweise oder gar größtenteils Ire sein, und während er besinnungslos auf dem Schutt der zertrümmerten Mauer von Limerick lag, hatte er einen seltsamen Traum über die Nonne, die die Flasche geworfen hatte – es lief darauf hinaus, dass sie seine Großtante oder etwas dergleichen war, die ihn für alle Missetaten ausschalt, die er je begangen hatte.
    Sein Schädel hatte lediglich eine Delle abbekommen, doch er war beinahe skalpiert worden, und seine Kopfhaut musste von einem Bader genäht werden, der ihm riet, sich das Haar so bald wie möglich wieder wachsen zu lassen. »Und besorgt Euch um Gottes willen eine Frau, ehe Ihr kahl werdet, sonst werden Frauen und Kinder schreiend vor Euch weglaufen!« Er versuchte lediglich, ihn aufzuheitern, doch Bob knurrte ihn an, er habe seine wahre Liebe bereits gefunden und ein paar Narben auf seinem Schädel seien seine geringste Sorge.
    Der Earl von Marlborough bekam vom besorgten König schließlich die Erlaubnis, nach Munster überzusetzen. Er nahm die Städte Cork und Kinsale ein, was ihm jedoch ohne Hilfe seiner Black Torrent Guards gelang. Dann begab er sich nach Hause, um einen angenehmen Winter in London zu verbringen,

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