Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
Vom Netzwerk:
seinen Besitzanspruch auf das Land in Frage zu stellen wagte, sagte er, es gehöre ihm kraft Eroberung und weil er ein Stück Papier habe, auf dem das stehe.
    Er und seine Kinder schufteten auf dem Land, wie nur Puritaner auf Land schuften konnten, und nahmen viele Verbesserungen vor, von denen nur wenige ins Auge fielen und keine einzige rasch Ergebnisse zeitigte. Sie trugen all ihr Lebtag Waffen und ritten oft über Land, um »aufrührerische Elemente« zur Strecke zu bringen. Sie sahen jene zerlumpten Protestanten nie wieder und vergaßen sie völlig, bis auf ihren Nachnamen, den man da und dort auf einem Grabstein las: Crackington.
    Nachdem jedoch Charles II. die Monarchie restauriert hatte, erfuhr man, dass die Crackingtons irgendwie nach England zurückgefunden und sich dort zu Geißeln und Parasiten ihrer Verwandten gemacht hatten, die (zusammen mit Tausenden anderer anglo-irischer Landbesitzer, die von anderen Cromwell’schen Soldaten vertrieben worden waren) zum neuen Parlament gingen und verlangten, dass die Fanatiker aus Irland hinausgeworfen wurden. Da eine der ersten Amtshandlungen des neuen Königs darin bestanden hatte, Cromwells
Kopf auf eine Stange spießen zu lassen, erschienen ihre Erfolgsaussichten durchaus gut. Am Ende bekamen sie nur zum Teil, was sie wollten. Einige der Cromwell’schen Siedler wurden von ihrem Land vertrieben, andere nicht. Die Goods schafften es, an ihrem Land festzuhalten, allerdings nur aufgrund irgendeines obskuren politischen Zufalls in Westminster.
    Ihre Religion durften sie allerdings nicht mehr frei ausüben, und das vertrieb sie am Ende von dem Land und hatte zur Folge, dass die Hälfte von ihnen nach Massachusetts auswanderte. Die Crackingtons kamen zurück, übernahmen die Farm mit sämtlichen Verbesserungen, begannen zu prosperieren und bezahlten sogar die Restaurierung der örtlichen anglikanischen Kirche (welche die Goods einer nützlichen Verwendung als Scheune zugeführt hatten). Dies alles war nicht lange nach der Geburt von Oliver Good geschehen, mit der Folge, dass er nur verzerrte kindliche Erinnerungen an den Bauernhof hatte, den er eines Tages wieder in Besitz zu nehmen beabsichtigte.
    Dann wurde James II. König und rekatholisierte Irland. Als die Crackingtons eines Morgens erwachten, fanden sie Breschen in ihren Zäunen, und auf ihren Wiesen weidete halbwildes Connaught-Vieh, gut bewacht von rothaarigen Männern, die kein Englisch sprachen und französische Musketen trugen. Sie zum Abzug zu überreden war nicht möglich, weil die neue katholische Regierung in Dublin die Waffen des niederen englischen Adels konfisziert hatte. Nicht lange, und die Crackingtons erachteten es für klug zu gehen, bis ein Richter über den Besitztitel auf das Land urteilen konnte – oder vielmehr die Besitztitel, denn mittlerweile umfasste die Farm sechs aneinandergrenzende Stücke Land, von denen jedes eine gleichermaßen komplizierte Geschichte hatte. Die Ferbanes, so stellte sich heraus, hatten fünfhundert Jahre lang Grenzstreitigkeiten mit ihren Nachbarn ausgetragen – einige waren bloße Schmuggler, die von den Wikingern landeinwärts getrieben worden waren.
    Die Crackingtons jedenfalls packten so viele Haushaltsgegenstände wie möglich ein, trieben ein paar Pferde zusammen (die Ferbanes hatten die meisten verjagt) und machten sich auf den Weg nach Dublin, wo sie ein Stadthaus unterhielten. Unterwegs wurden sie von Freischärlern überfallen. Doch als es gerade so aussah, als wäre alles verloren, wurden sie von einem Trupp protestantischer Milizionäre gerettet, die unter eindrucksvollem Lärm herangejagt kamen und die Freischärler in die Flucht schlugen. Der Patriarch der Crackingtons
dankte den schäbig aussehenden Protestanten wiederholt und versprach, sie mit mit Goldguineen zu belohnen, wenn sie ihm einen Vertreter in sein Stadthaus in Dublin schickten. »Mein Name«, sagte er, »ist Mr. Crackington, und jeder in Dublin (womit er jeden anglikanischen englischen Gentleman meinte) kann euch den Weg zu meinem Haus zeigen.«
    »Habt Ihr Crackington gesagt?«, fragte einer der Milizionäre. »Ich heiße Good. Kennt Ihr mich?«
    Danach waren den Crackingtons gewisse Unerfreulichkeiten widerfahren, über die sich Oliver Good nicht näher auslassen mochte, und es war unklar, ob es überhaupt welche von ihnen bis Dublin geschafft hatten – falls ja, hätten sie ihr Stadthaus ohnehin geplündert und von Katholiken besetzt gefunden. Der springende Punkt jedenfalls war,

Weitere Kostenlose Bücher