Confusion
– ferngehalten habe, aber mir kommt es so vor, als wäre ich die ganze Zeit darin versunken gewesen und bekäme erst jetzt den Kopf über Wasser, sodass ich wieder sehen und atmen kann. Ich gedenke, so lange weiterzukrallen, bis ich mich herausgezogen habe.«
»Ihr werdet nie herauskommen«, sagte Rossignol, »aber wenn es in Eurem Wesen liegt zu krallen, dann krallt drauflos. Apropos krallen, mein Rücken ist seit dem letzten Mal geheilt...«
»Ich habe heute noch drei Verabredungen, aber vielleicht könnte ich eine vierte anhängen«, sagte Eliza. Sie langte über den Tisch und legte ein Päckchen Briefe vor Rossignol. »Meine abgehende Post«, erklärte sie. »Ich wollte sie eigentlich aufgeben, aber dann dachte ich, warum soll ich sie nicht gleich Bon-bon geben?«
»Ich werde sie entschlüsseln, während ich auf Eure vierte Verabredung warte«, sagte Rossignol. »Hier ist Eure eingehende Post.« Und er reichte Eliza ein Päckchen.
»Danke, Bon-bon. Irgendetwas Interessantes?«
»Verglichen mit dem, was ich sonst so lesen muss? Madame, Ihr habt ja keine Ahnung.«
Daniel Waterhouse an Eliza
19. APRIL 1692
Ich habe Euren jüngsten Brief erhalten, in dem Ihr dringend um Informationen über die Münze und die Männer, die sie betreiben, bittet. Ich kann nicht ermessen, warum Ihr dergleichen so rasch wissen möchtet, aber ich kann Euch versichern, dass ich die falsche Adresse bin. Die richtige ist der Marquis von Ravenscar. Ich habe mir erlaubt, Eure Fragen an ihn weiterzuleiten. Ihr dürft seiner Diskretion sicher sein. Ich hoffe, bei Euch steht alles zum Besten; denn ich bin, wie stets, etc. Daniel Waterhouse.
Roger Comstock, Marquis von Ravenscar, an Eliza
20. APRIL 1692
EIN BRIEF
An Ihre Gnaden Eliza, Herzogin von Arcachon und (wiewohl in Frankreich nicht anerkannt) Qwghlm
Madame,
In aller Ergebenheit lege ich Euch diese Gabe vor und hoffe inständig, Euer Gnaden mögen sie als zufriedenstellende Antwort auf die Erkundigungen ansehen, die Euer Gnaden unlängst meinem klugen Freund und Kollegen Dr. Daniel Waterhouse, F.R.S., haben zukommen lassen.
APOLOGIE
Ein schön’res Antlitz schmückte nie Olympens Hall’n
Als Helenas, und manche Göttin ward befall’n
Von NEID: der, kleines ird’sches Laster nur, mit Macht,
Als er hoch droben Bahn sich brach, vermannigfacht,
Hienieden Chaos wirkte. Städte, Helden starben,
Mit Waffen brünst’ge Götter um Helenen warben.
Auf Famas Schwingen von Elizas Ruhm kam Kunde
Zu Albions Ufern, nicht aus welschem Schmeichlermunde,
Der ihre Schönheit zu verschweigen sich verschwor;
Doch wie selbst unterm Scheffel Licht noch dringt hervor,
So trat Elizas Anmut endlich doch zutage,
Und wer die schönste Göttin sei, mit einem Schlage
War’s entschieden. Allen Stolz setzt’ ich darein,
In Eurer Iliade ein Akteur zu sein.
MY LADY,
Ihr, die Ihr an jenen unvergleichlichen Palast von Versailles gewöhnt seid, würdet in London wenig eines Blickes wert befinden, und am allerwenigsten meine Behausung in der Nähe des Red Lyon Square, die bislang nichts weiter als ein Haufen loser Steine und Balken ist. Ihr einziger Stolz ist derzeit ihr Architekt, Dr. Daniel Waterhouse, Sekretär der Royal Society, der, weil ein fleißiger Mann, oft auf dem Gelände zu sehen ist, wo er trianguliert, ausmisst, zeichnet etc. Heute habe ich Dr. Waterhouse zufällig auf dem Besitz getroffen und, nachdem ich ihm einige Getränke verabreicht, von ihm erfahren, dass sein Briefkasten von einem Schreiben der unvergleichlichen Herzogin von Arcachon und Qwghlm beehrt worden sei, die unter Standespersonen in diesem Lande Gegenstand einiger Debatten ist; denn während manche behaupten, ihre Klugheit werde nur von ihrer Schönheit übertroffen, sagen andere, es verhalte sich genau umgekehrt. Ich bekenne mich außerstande, in dieser Angelegenheit eine Meinung zu vertreten, denn obgleich mich Euer Brief an Dr. Waterhouse durch seine Klugheit verblüffte und blendete, kann ich doch nur annehmen, dass ich, wenn ich die Ehre hätte, Euch in Person zu begegnen, von Eurer Schönheit ebenso erstaunt wäre. So werde ich denn diese Frage, die ich aus Mangel an ausreichenden Daten (wiewohl nicht, so kann ich Euch versichern, weil es mir an Neugier fehlte) nicht beantworten kann, beiseite lassen und mich der Frage widmen, die Ihr in Euren jüngsten Schreiben Dr. Waterhouse vorgelegt habt, nämlich: Wer leitet die Münze im Tower von London, und ist es vernünftig anzunehmen, dass es sich um einen guten Tory
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