Confusion
wir das ganze Geld über Lyon schicken. Es mag ein bisschen wunderlich, ein bisschen sonderbar erscheinen; doch zum Glück gibt es dort bewährte Häuser, wie zum Beispiel die Hacklhebers, die bequemen Zugang zu öffentlichen Märkten in anderen Städten haben.«
»Ich verstehe, Madame«, sagte Bernard. »Aber die Kapazität des Dépôt ist beschränkt. Frankreich kämpft an mehr als einer Front. Es gibt noch andere Ansprüche an den Kredit des Schatzamtes.«
»Ich habe das Silber mit eigenen Augen gesehen, Monsieur Bernard. Es war im Laderaum von Monsieur le Comte de Pontchartrains Jacht in St. Malo gestapelt. Es geht hier lediglich um eine alternative, klügere Methode, es nach London zu schaffen.«
»Das stelle ich auch gar nicht in Frage, Madame. Doch in Kriegszeiten wird die Versuchtung groß sein, dieses Silber anderweitig zu verwenden – es zwei Mal auszugeben.«
» Jetzt wird mir klar, woran es liegt, dass die Stutzer bei Hofe Euch aus dem Weg gehen. Die Unterstellung, Monsieur le Comte de Pontchartrain könnte etwas Derartiges tun, ist überaus unhöflich.«
»Aber Madame, ich habe nichts von jenem edlen Mann gesagt. Auf ihn kommt es in diesem Fall gar nicht an – denn nach allem, was ich zuletzt gehört habe, ist Monsieur le Comte de Pontchartrain nicht der König von Frankreich.«
»Jetzt seid Ihr noch unverschämter!«
»Keineswegs. Denn der König ist der König, und es ist sein Vorrecht, sein Geld zwei oder sogar drei Mal auszugeben, wenn es ihm beliebt, und weder ich noch sonst ein Franzose wird ein Wort gegen ihn sagen! Für das Dépôt könnte das allerdings schon einen Unterschied machen.«
»Angenommen, das Dépôt würde aufgefordert, sich diesen schwierigen neuen Umständen anzupassen und würde sich als unzulänglich erweisen und Frankreich müsste sich infolgedessen ein modernes Bankensystem zulegen? Wäre das nicht besser für Frankreich und für Euch, Monsieur?«
»Für mich vielleicht – genau wie für Euch. Für Frankreich könnte es zu schweren Verwerfungen kommen.«
»Das geht über meinen Kompetenzbereich hinaus. Ich gleiche einer Hausfrau, die auf dem Markt Rüben kaufen geht. Wenn ich zu meinen
alten, herkömmlichen Rübenhändlern gehe und sie verlangen einen zu hohen Preis für Rüben von schlechter Qualität und haben außerdem nicht genug davon, dann gehe ich eben woanders hin und kaufe meine Rüben dort.«
»Nun gut«, sagte Monsieur Bernard, »ich reise heute Nachmittag nach Lyon ab, um mit Monsieur Castan zusammenzutreffen. Vielleicht leite ich Eure Herausforderung an das Dépôt an ihn weiter, und vielleicht sehen wir dann, ob man dort genug Rüben für Euch hat.«
»Monsieur, was hat das Wort vielleicht in dem Satz zu suchen? Im Allgemeinen empfinde ich Euch nicht als koketten Mann.«
»Ihr habt ein Haus in St. Malo, Madame.«
»So ist es, Monsieur.«
»Man sagt, es gefällt Euch dort sehr – mehr als in La Dunette.« Bernard schaute in die ungefähre Richtung, denn La Dunette lag von der Rue de l’Orangerie aus nur ein paar Musketenschüsse hügelaufwärts. Doch alles, was er in diesem Bereich sehen konnte, war eine weitere grelle Darstellung wilder Türken in Aktion.
»Euch würde es dort auch gefallen, denn St. Malo ist ein Ort, wo der Handel regiert.«
»Ich verstehe. Denn dort legen doch die Schiffe der Compagnie des Indes an, oder hat man mich da falsch informiert?«
» Viele Schiffe legen dort an; doch wenn Euch Indien besonders interessiert, Monsieur, dann wollen wir von Indien reden.«
»Wie kann es uns nicht interessieren, Madame? Habt Ihr einen Begriff von den Gewinnen, welche die V.O.C. und die Britische Ostindienkompanie in jenem Teil der Welt machen?«
»Natürlich, Monsieur. Sie sind sprichwörtlich. Genau wie das fortwährende Zugrundegehen und Wiederauferstehen der Compagnie des Indes. Ihr braucht nur Monsieur le Marquis d’Ozoir zu fragen...«
»Die Geschichte ist nur allzu gut bekannt. Ich befasse mich eher mit der Zukunft.«
»Dann seid Ihr wirklich ein schamlos koketter Mensch, Monsieur Bernard, denn ich kann meine Neugier kaum mehr bezähmen – was meint Ihr?«
»Ich weiß es nicht.«
»Unsinn!«
»Es stimmt. Ich weiß nur, dass ich die Compagnie des Indes betrachte und nichts sehe! Es tut sich nichts. Dabei müsste sich etwas tun. Es ist merkwürdig.«
»Ihr habt eine Gelegenheit gewittert.«
»Genau wie Ihr, Madame.«
»Aha – Ihr sprecht von dem Silber in London?«
»Jetzt kokettiert Ihr mit mir. Madame, es liegt
Weitere Kostenlose Bücher