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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Betrachtung dessen richten, was von unseren fleischlichen Sinnesorganen unterbrochen wurde, können wir unseren Verstand klüger und unseren Geist besser machen, auch wenn das Fleisch vergeht. So! Ich habe kein Fieber, my Lady.« Er zog die Hand zurück und packte die Armlehne eines Stuhls, um dem Zittern Einhalt zu gebieten. Der kleine Regenbogen fiel nun auf Elizas gewölbte Hände. »Aber ich bin sterblich und würde in der mir zugemessenen Zeit gern alles in meiner Macht Stehende tun, um das Geheimnis der Kraft zu durchdringen. Nun betrachtet einmal dieses Licht, das Ihr da mit Euren Händen fangt. Es hat von der Sonne aus hundert Millionen Meilen zurückgelegt, ohne in irgendeiner Weise vom himmlischen Äther beeinflusst zu werden. Beim Durchgang
durch die Atmosphäre ist es nur leichten Verzerrungen unterworfen worden. Doch wenn es einen Viertelzoll Fensterglas durchdringt, wird seine Bahn gekrümmt und es wird in mehrere Farben aufgespalten. Das ist so alltäglich, dass wir es gar nicht mehr vermerken; doch überlegt bitte einen Moment lang, wie bemerkenswert es ist! Wirkt nicht auf seiner hundert Millionen Meilen weiten Reise die Schwerkraft der Sonne auf es ein, die stark genug ist, wenn auch aus viel größerem Abstand, selbst den mächtigen Jupiter in ihrem Griff zu halten? Und wirkt nicht außerdem die Schwerkraft von Erde und Mond und allen anderen Planeten auf es ein? Und doch scheint es diesen mächtigen Kräften gegenüber völlig unempfindlich. Dieser Glasscheibe aber wohnt eine verborgene Kraft inne, die es mühelos krümmt und aufspaltet. Es ist, als würde eine Kanonenkugel, die mit unendlicher Geschwindigkeit aus einer Kanone von unvorstellbarer Kraft abgeschossen wird und Festungswälle und Bollwerke durchschlägt, als wären sie bloße Schatten, von einem Kind, das eine Feder hochhält, abgelenkt und in kleine Stücke zerschmettert. Was könnte in einem gewöhnlichen Stück Fensterglas verborgen sein, das solche Macht besitzt, Euch und mich aber überhaupt nicht beeinflusst? Oder denkt an die Wirkung von Säuren, die in wenigen Momenten Steine auflösen können, welche seit Entstehung der Welt von Zeit und Elementen ungezeichnet geblieben sind? Was hat die Macht, einen Stein zu vernichten, den Gott gemacht hat, einen Stein, der eine Pyramide stützen, ein Feuer aufhalten oder eine Musketenkugel ablenken könnte? In Säuren muss irgendeine ungeheure Kraft latent vorhanden sein, dass sie zerstören können, was so stark ist. Ist es denn so unvorstellbar, dass diese Kraft mit derjenigen verwandt oder gar identisch ist, die das Licht bei seinem Hindurchgang durch das Fenster krümmt? Und müssten diese völlig berechtigten Fragen nicht von jenen gestellt werden, die sich als Naturphilosophen bezeichnen?«
    »Wenn nur andere, die Alchimie studieren, ihre Fragen so gut formulieren und so luzide darlegen würden!«, sagte Eliza.
    »Die Traditionen der Kunst sind alt und seltsam. Wenn Alchimisten etwas sagen, drücken sie es in verschwommenen Gleichnissen aus. Dem kann ich nur dadurch abhelfen, dass ich das Werk zu seinem gehörigen Abschluss bringe und dadurch ans Licht bringe, was so viele Jahrhunderte lang okkult war. Und dieses Werk betreffend möchte ich Euch etwas sagen, was das Gold betrifft, das Jack Shaftoe in Bonanza gestohlen hat.«

    Diese Wendung des Gesprächs kam so unerwartet, dass Eliza auf ihrem Stuhl nach hinten plumpste wie eine Puppe, die in eine Kiste geworfen wird. Fatio wandte ihr das Gesicht zu und starrte sie begierig an. Newton schien von ihrer Verblüffung auf humorlose Weise belustigt. »Ich weiß nicht, welcher Art Eure Beteiligung an der Sache ist, my Lady, und es steht mir weder zu, noch verlangt es mich danach, die Wahrheit aus Euch herauszuholen. Es genügt, dass diverse Angehörige der Esoterischen Bruderschaft glauben, Ihr wüsstet etwas darüber; und solange das so ist, liegt es doch wohl in Eurem Interesse zu wissen, warum Alchimisten so viel an diesem Gold liegt. Wisst Ihr es denn, my Lady?«
    »Ich weiß oder vermute nur das, was ich aus den Worten und Taten gewisser Männer geschlossen habe, die es begehren. Jene Männer glauben, dieses spezielle Gold besitze einige übernatürliche, normales Gold übersteigende Eigenschaften.«
    »Ich weiß gar nicht, was das Wort übernatürlich bedeutet«, sagte Isaac gedankenverloren. »aber Ihr habt gar nicht so unrecht.«
    »Ich möchte überhaupt nicht unrecht haben. Also verbessert mich bitte, Sir.«
    »König Salomo der

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