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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Pater Gabriels Kluft allerdings wie ein Trauergewand vor.«
    »Sie stellen französische Edelleute in den Schatten«, pflichtete Enoch ihm bei.
    Innerhalb weniger Minuten fuhr das japanische Boot in den Windschatten der Minerva und kam längsseits an sie heran. Seile wurden hinüber und herüber geworfen und eine Lotsenleiter vom Oberdeck aus hinuntergelassen. Das Protokoll dessen, was dann folgte, war so detailliert ausgearbeitet worden, dass van Hoek eine schriftliche Liste zu Rate ziehen musste: Zuerst kam die Verschwörergruppe in der Nähe des Großmasts zusammen und sagte Gabriel Goto Lebewohl. Jack selbst hatte nie besonders freundschaftliche Gefühle für diesen Mann gehegt, musste aber jetzt daran denken, wie der Ronin an dem Nadelöhr im Khan el-Khalili gegen den Feind gekämpft hatte, und ihm lief die Nase und seine Augen füllten sich mit Tränen. Gabriel Goto erinnerte sich auch gerade daran, denn er verbeugte sich tief vor Jack und sagte auf Sabir: »Ich war mein Leben lang ein Ronin , Jack, das heißt, ein Samurai ohne Herr – außer an diesem einen Tag in Kairo, als ich dir Treue schwor und für kurze Zeit wusste, was es bedeutet, einen Herrn zu haben und als Teil einer Armee zu kämpfen. Jetzt gehe ich an einen Ort, wo ich einen anderen Herrn haben und in einer anderen Armee dienen werde. Doch in meinem Herzen wird mein erster Treueschwur immer dir gelten.« Und dann nahm er die beiden Schwerter, das Katana und das Wakizashi , aus dem Gürtel seines Gewands und bot sie Jack dar.
    Dappa, van Hoek, Monsieur Arlanc, Padraig und Vrej Esphahnian traten nacheinander vor, um sich unter gegenseitigen Verbeugungen von dem Samurai zu verabschieden. Moseh, Surendranath und die Shaftoe-Jungen waren in Manila geblieben und hatten ihm bereits am Ufer des Pasig Lebewohl gesagt. Schließlich ging Gabriel Goto mit großen Schritten zu der Leiter hinüber, warf ein Bein über das Dollbord und fing an, Sprosse um Sprosse hinabzusteigen und langsam hinter dem Horizont aus Teakholz zu verschwinden. Für einen Moment war nur noch sein Kopf zu sehen, das Gesicht angespannt wie eine Faust, mit ein paar vereinzelten Haarsträhnen, die im Wind flatterten. Dann war es nur noch sein Haarknoten. Dann war er weg.
    Jack seufzte. »Jetzt sind wir keine Verschwörergruppe mehr«, sagte er. »Was auf dem Dach des Banyolar in Algier begann, hat sich in dieser japanischen Schmugglerbucht aufgelöst.«

    »Wir sind jetzt alle Geschäftspartner, keine Waffenbrüder mehr«, sagte Dappa.
    »Für mich ist das kein Unterschied«, sagte Vrej Esphahnian leicht verärgert. »Warum sollten die Bande, die eine Geschäftspartnerschaft zusammenhalten, weniger wert sein als diejenigen, die Waffenbrüder verbinden? Für mich hört das Unternehmen hier nicht auf, sondern nimmt erst seinen Anfang.«
    Jack lachte. »Was andere als großes Abenteuer betrachten, ist für einen Armenier, wie es scheint, nur eine Routineangelegenheit.«
    Ein anderer Haarknoten erschien am Dollbord, und ein anderer Samurai kam an Bord, und er und van Hoek verbeugten sich voreinander. Aus der Art, wie er sich umschaute, wurde offensichtlich, dass er noch nie zuvor ein größeres Schiff gesehen hatte, ganz zu schweigen von Matrosen mit roten Haaren, blauen Augen oder schwarzer Haut. Er behielt jedoch die Fassung und ging zur nächsten vom Protokoll vorgesehenen Phase über: Van Hoek präsentierte ihm ein einzelnes Wootz -Ei, das in Manila von einer vornehmen alten Japanerin unter großem zeremoniellem Aufwand geschickt in eine Schachtel verpackt und eingewickelt worden war. Der Samurai wickelte es unter demselben zeremoniellen Aufwand aus und reichte es dann einem seiner Bogenschützen, der dazu erst die Leiter hinaufklettern musste.
    Van Hoek bat den Besucher zu einem Rundgang durch den Laderaum der Minerva , wo viele weitere Wootz -Eier und daneben noch verschiedene andere Waren auf eine Besichtigung warteten. Unterdessen veranlasste Enoch Root, dass sein schwarzer Kasten in das Boot hinuntergelassen wurde. Dann stieg er selbst die Leiter hinunter. Ein paar Minuten später folgte ihm der Samurai, der seine Inspektion unter Deck beendet hatte. Das japanische Boot machte die Leinen los, hisste ein Segel und begab sich rasch zu einem Landungssteg, wo es neben einem viel größeren Schiff vertäut wurde, einer Art Lastkahn, der aussah, als würde er dazu benutzt, Güter zwischen Land und Schiff hin und her zu befördern. Unter den wachsamen Kiekern verschiedener Männer auf der

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