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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Jack hier und da Gebäude entdecken. Sicher, sie hatten etwas Orientalisches an sich. Aber die Minerva hatte zwei Jahre lang in Ostasien Handel getrieben, während die Vorbereitungen zu der heutigen Transaktion langsam voranschritten, und sie hatten an vielen Orten chinesische Dächer gesehen: in Manila, Macao, Schanghai, sogar in Batavia. Diese japanischen Gebäude kamen ihm ganz ähnlich vor. Aus ihren Schornsteinen stieg Rauch, wie überall, wo es kalt war. Auf Bergspitzen standen Wachtürme, Küstenstreifen hatten Molen, Fischerboote und Fischernetze wurden auf den Strand hochgezogen, genau wie am Fuß von Sanlúcar de Barrameda. Ein paar alte japanische Weiber waren mit Körben draußen auf einem Felsen und sammelten Seetang, aber in der Nähe von Manila hatte Jack japanische Christen gesehen, die das auch taten. Es gab keine Dämonen und keine Geister.
    »In Wahrheit kommt es mir vor, als wäre ich schon um die ganze Welt gekommen«, sagte Jack. »Das Einzige, was mich noch von London trennt, ist Mexiko, das ich auf Karten gesehen habe und von dem ich weiß, dass es eine schmale Landenge ist.«
    »Vergesst nicht den Pazifischen und den Atlantischen Ozean«, sagte Enoch. Er fing an, die verschiedenen Schnappriegel und Schlösser des kleinen Kastens zu schließen.
    »Das ist doch nichts als Wasser, und wir haben ein Schiff«, spottete Jack. Jeder Filipino in Hörweite bekreuzigte sich, denn er verstand Jacks Worte als mehr oder weniger direkte Aufforderung an Gott, Jack und jeden in seiner Umgebung mit einem tödlichen Schlag zu treffen. »In Wahrheit habe ich über genau dieses Thema in der Nacht vor unserer
Abreise aus Queena-Kootah nachgedacht, als wir alle dort im neuen ›Bombe & Enterhaken‹ am Fuße des Eliza-Peak zusammensaßen, die wohltuende Brise genossen und Trinksprüche auf Jeronimo, Jewgeni, Nasr al-Ghuráb, Nyazi und andere ausbrachten, die nicht bei uns sein konnten.«
    »Ach ja? Ihr schient mir nicht in der Verfassung zu sein, über irgendetwas nachzudenken.«
    »Ihr vergesst, dass geistige Beeinträchtigungen mir nicht fremd sind und dass ich gelernt habe, mit ihnen umzugehen«, sagte Jack. »Wie dem auch sei. Meine Herumgrübelei...«
    »He- Rum -Grübelei?«
    »...sah ungefähr so aus: Ihr gabt mir den Rat, dieses Schiff nicht auf den Namen Eliza zu taufen, da es eines Tages in derselben Stadt wie die Dame ankommen und Anlass zu Getuschel und Schlussfolgerungen geben könnte, die sie vielleicht peinlich oder sogar gefährlich fände. Akzeptiert. Als wir dann vor ein paar Jahren zum ersten Mal vor Queena-Kootah Anker warfen und Surendranath sich an Land wagte, um mit den maurischen Eingeborenen zu handeln, und dabei erfuhr, dass sie dringend einen neuen Sultan brauchten – mit anderen Worten, als uns klar wurde, dass der Ort uns im Grunde gegeben wurde -, fiel mein Blick auf diesen wunderbaren schneebedeckten Berg und ich nannte ihn Eliza. Er war nämlich unten warm, fruchtbar und schön, oben dagegen ein wenig frostig und unzugänglich – besaß aber dennoch das Profil eines Vulkans, der jederzeit ausbrechen konnte...«
    »Ja, die Ähnlichkeit habt Ihr schon mehrfach bis ins kleinste Detail erläutert.«
    »Genau. Zunächst fand ich auch, dass es sicher war, Elizas Namen dort zu verwenden, lag dieser Ort doch so weit abseits von den Städten der Christenheit. Später jedoch – nachdem wir Mr. Foot als Sultan und Surendranath als Großwesir eingesetzt und sie das ›Bombe & Enterhaken‹ neu erbaut hatten – gingen die ersten europäischen Schiffe dort vor Anker und alte Seekapitäne kamen an Land, von denen manche Mr. Foot aus alten Tagen kannten. Sie nahmen Gespräche wieder auf, die dreißig Jahre zuvor im ersten ›Bombe‹ in Dünkirchen durch Wirtshausschlägereien unterbrochen worden waren. Und ich begriff allmählich, dass selbst Queena-Kootah nicht so schrecklich weit von London entfernt ist. Auf einem Schiff in Japan bin ich London näher, als ich es je in meinen Schlammlerchejahren am Ufer der Themse war.«

    »Wir müssen uns unbedingt um bestimmte Dinge kümmern, bevor ihr euch zu einem Spaziergang an diesem Gestade aufmacht«, sagte Dappa, der wie ein Rabe über ihnen auf dem Vorderdeck saß. »Zum Beispiel darum, ob man uns erlauben wird, Japan lebend zu verlassen. Ihr habt ja keine Vorstellung, wie illegal das ist.«
    »Ich habe sogar eine ziemlich genaue Vorstellung«, widersprach Jack.
    Aber Dappa war nicht mehr zu halten. »Wenn das hier Nagasaki wäre, wären bereits

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