Confusion
Ihr am besten dafür geeignet seid, die Daten zu sammeln und zu ordnen, die unsere Maschine brauchen wird, und sie in eine Form zu bringen, die von einer Maschine gelesen und verstanden werden kann. Dabei geht es darum, den Symbolen Primzahlen zuzuordnen und sie dann in irgendeinem Medium, wahrscheinlich als binäre Zahlen, zu verschlüsseln. Dieses Medium muss etwas Dauerhaftes sein, denn vielleicht vergehen noch viele Generationen, ehe sich Maschinen bauen lassen, die diese Arbeit leisten können. Am besten wären dünne Goldbleche.
Ich für mein Teil muss gestehen, dass ich tausend Ablenkungen ausgesetzt bin, die mich für eine Zusammenarbeit denkbar ungeeignet machen. Jede Arbeit, die eine gewaltige Spanne ununterbrochener Zeit erfordert, ist mir unmöglich – weshalb ich auch zu bedenken gegeben habe, dass Ihr, allein in Eurer stillen Hütte in Massachusetts, besser befähigt seid, die riesigen Symboltafeln zu entwerfen.
Abgesehen von politischen Verwickelungen, Kalkülkontroversen und den drei Damen (Sophie, Sophie Charlotte und Prinzessin Caroline), die mich immerzu bitten, ihnen dies oder jenes zu erklären, ist mein Hauptprojekt im Augenblick die Monadologie.
Jedenfalls läuft es darauf hinaus, dass mein Leben in den nächsten Jahren darin bestehen wird, dass ich (vielleicht mit gelegentlichen Abstechern nach St. Petersburg!) zwischen Hannover und Berlin hin und her sausen und versuchen werde, ein schönes System logischer Regeln auszuarbeiten. Das passt gut zum anderen Teil des Rechenmaschinenprojekts, nämlich der Niederschrift der Regeln, die bestimmen werden, wie sie Symbole weiterverarbeitet. Tatsächlich würde ich meinen, dass diese beiden Regelwerke – das, welches für die Monaden, und das andere, das für den mechanischen Verstand maßgebend ist – sich als ein und dasselbe erweisen werden. Deswegen gedenke ich,
diesen Teil der Sache selbst zu übernehmen, da er dem, was ich ohnehin schon tue, so ähnlich ist.
So weit mein Vorschlag, wie wir zusammenarbeiten könnten, Daniel. Ich hoffe, er gefällt Euch. Der Zar ist gewiss furchteinflößend, aber er ist weit weg von Euch und zudem außerordentlich stark damit beschäftigt, die Raskolniki und die Strelitzen niederzuwerfen sowie Krieg gegen Schweden zu führen. Ich glaube nicht, dass Ihr ihn fürchten müsst. So schwer es auch zu glauben sein mag, aber es gibt keinen Monarchen auf der Welt, dem mehr daran liegt, das, was Ihr die Technologischen Wissenschaften nennt, voranzubringen. Wenn ich ihn um eine Tonne Gold bäte und ihm erklärte, wir bräuchten es, um Daten zu speichern, würde er es, glaube ich, ohne weiteres herausgeben. Aber zuerst müssen wir beide ein paar Daten beschaffen, damit diese Platten nicht so leer bleiben wie Mr. Lockes tabula rasa.
Stets der Eure
Leibniz
BUCH VIER
Bonanza
Der Pazifische Ozean
ENDE 1700 / ANFANG 1701
Das sind die Krankheiten und Schrecken der langen Flauten, in denen das Meer stillsteht und mangels Bewegung verfault und durch die Kraft der sengenden Sonne stinkt und die unglücklichen Seeleute vergiftet, die zur Untätigkeit verurteilt und durch Skorbut entkräftet sind, die durch tropische Fieberkrankheiten in Raserei und Wahnsinn verfallen und solchermaßen in den Tod sinken, dass am Schluss die Lebenden verloren sind, weil es an Toten fehlt, das heißt, an Männern, um das Schiff zu führen.
Daniel Defoe, A Plan of the English Commerce
Die Minerva warf am fünften September unterhalb des brennenden Berges von Griga auf den Marianeninseln ihre Anker. Am nächsten Tag gingen die Shaftoe-Jungen und eine Gruppe von philippinischen Matrosen an Land und stiegen bis zum Rand eines sekundären vulkanischen Aschekegels am westlichen Abhang des Berges auf. Dort richteten sie einen Beobachtungsposten in Sichtweite der Minerva ein. Zwei Tage lang ließen sie eine einzelne Flagge wehen, was bedeutete: Wir sind hier und noch am Leben . Am nächsten Tag waren es zwei Flaggen, das hieß: Wir haben von Westen her Segel kommen sehen , und am Tag darauf waren es drei, und das bedeutete: Es ist die Manila-Galeone .
Van Hoek gab den Befehl aus, das Schiff zur Abfahrt klarzumachen. Am nächsten Morgen brachen die Shaftoe-Jungen ihr Lager ab und machten sich wieder an den Abstieg; immer noch husteten sie und rieben sich die Augen von den Dämpfen, die Tag und Nacht zischend aus diesem Aschekegel entwichen. Nachdem sie ein paar Minuten lang vergnügt in der kleinen Bucht herumgeplanscht und sich von
Staub
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