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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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ihm vom Poopdeck der Minerva aus zusah.
    »Gott ist weit weg«, erklärte Moseh, »und ich muss mich darauf verlassen, dass Menschen mir helfen, ehrlich zu sein.«

    Später ging Dappa an Land und unterhielt sich mit einigen der Schwarzen, die ihr Lager am Strand aufgeschlagen hatten. Unter ihnen war eine Gruppe, deren sechs Mitglieder vom selben afrikanischen Fluss wie er gekommen waren und eine ähnliche Sprache sprachen. Alle waren sie von anderen Afrikanern gefangen genommen und flussabwärts nach Bonny verkauft worden, wo sie mit dem Brandzeichen der Königlich-Afrikanischen Kompanie versehen und schließlich auf ein Schiff verladen worden waren, das sie nach Jamaika gebracht hatte.
    Mit anderen Worten, jeder von ihnen war aus einem Teil Afrikas gekommen, der dafür bekannt war, dass er faule und rebellische Sklaven hervorbrachte, und jeder hatte sich unterwegs noch irgendeinen zusätzlichen Defekt zugezogen: infizierte Augen, graue Haare, übermäßige Ausgezehrtheit, mysteriöse Schwellungen oder ansteckend aussehende Hautkrankheiten. Daher hatte keiner der Pflanzer sie kaufen oder auch nur umsonst haben wollen. Offenkundig hatte der Kapitän des Sklavenschiffs auch nicht die Absicht, solche Sklaven-Ausschussware wieder mit nach Afrika zu nehmen, und so wurden sie einfach am Kai von Kingston zurückgelassen, wo sie, wie man hoffte und erwartete, sterben würden. Und tatsächlich gab es dafür keinen besseren Platz, denn Kingston war vielleicht die schmutzigste Stadt auf dem Planeten. Die meisten der ausgesonderten Sklaven starben freundlicherweise. Die Mitglieder dieser kleinen Bande hatten sich jedoch unabhängig voneinander ins Hinterland durchgeschlagen und eine Art Landstreicherleben begonnen, indem sie sich mit entlaufenen Sklaven und jamaikanischen Eingeborenen zusammenschlossen und auf der Insel umherzogen, Hühner klauten und versuchten, den bewaffneten Trupps, die von den Plantagenbesitzern nach ihnen ausgeschickt wurden, immer einen Schritt voraus zu sein.
    Diese spezielle Gruppe hatte es an einen unbesiedelten Küstenstreifen nahe der westlichen Spitze von Jamaika verschlagen, wo es gute Fischgründe geben sollte. Etwa ein Jahr später waren sie auf eine Brigg voll englischer Abenteurer gestoßen, die aus dem Westen, das heißt, aus der allgemeinen Richtung Neuspanien gekommen waren. Diese Engländer – der Beschreibung nach wahrscheinlich nichts anderes als unfähige oder glücklose Seeräuber – hatten kurz zuvor in ihrem Leichtsinn eine Route durch ein Barrierenriff gefunden, das bis dahin die Zufahrt zu einem bestimmten Teil der Moskitoküste, siebenhundert Seemeilen genau westlich von Jamaika, versperrt hatte.
Nun waren sie auf dem Weg nach Kingston, um Schießpulver, Musketenkugeln, Schweine und andere notwendige Dinge zu besorgen, damit sie anschließend dorthin zurückkehren und eine Siedlung aufbauen konnten.
    An dieser Stelle übersprang der Erzähler – ein Afrikaner namens Amboe mit Glatze und angegrautem Bart – etwas, was wohl eine ziemlich komplizierte Verhandlung gewesen sein musste, und sagte nur, dass er und ein Dutzend seiner Kumpane beschlossen hatten, Jamaika zu verlassen und sich auf Gedeih und Verderb diesen Seeräubern anzuschließen, und dass sie mitgeholfen hatten, in einer Bucht nahe der Belicemündung, die Haulover-Creek genannt wurde, ein ganz einfaches Dorf zu bauen. Allerdings war es ein pestbringender Ort, und da die Engländer mit jedem Tag betrunkener und boshafter geworden waren, hatten diejenigen, die die ersten Runden Krankheiten und Hurrikans überlebt hatten, ihre Zelte abgebrochen und waren landeinwärts gezogen, wobei sie durch ein Gebiet mit von Dschungel bedeckten Pyramiden gekommen (weitschweifige, unglaubwürdige Geschichten hier gestrichen), über den Isthmus von Tehuantepec (jedenfalls schloss Jack das aus seinem früheren Kartenstudium) bis zur Küste des Pazifik gestreift und dann hierhergewandert waren.
    Acapulco war, Amboe zufolge, viel zu heiß, zu beengt und zu ausgehungert, um viele Spanier unterzubringen, und deshalb beherbergten seine Hütten fast das ganze Jahr über die bejammernswerten Soldaten der Garnison, ein paar Missionare, denen es egal war, ob sie lebten oder starben, und Leute wie Indianer, ausgesonderte Sklaven und ähnliche. Nur wenn die Manila-Galeone oder die Schatzflotte aus Lima erwartet wurde, kamen Weiße in großer Zahl aus den Bergen herunter, warfen die unrechtmäßigen Bewohner aus ihren Hütten und verwandelten

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