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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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schon mal gut für uns«, sagte Jack. »Jetzt verrat mir aber, warum du mich dauernd so finster anstarrst.«
    »Als du von diesem abscheulichen französischen Herzog sprachst, wusste der Pascha sofort, wen du meintest und bemerkte so ganz nebenbei, dass derselbe Herzog ihm erst unlängst mit der Frage auf die Nerven gegangen sei, ob er etwas über den Verbleib eines gewissen Ali Zaybak – eines englischen Flüchtlings – wisse.«
    »Ist kein englischer Name.«
    »Es ist eine Art versteckte Anspielung auf eine Figur in Tausendundeine Nacht , nämlich einen berüchtigten Dieb aus Kairo. Wieder und wieder versuchte die Polizei ihn zu schnappen, aber er entschlüpfte ihr jedes Mal wie ein Tropfen Quecksilber, wenn man versucht, den Finger daraufzulegen. Zaybak ist das arabische Wort für Quecksilber – folglich wurde dieser Figur der Beiname Ali Zaybak gegeben.«
    »Das ist ja ein ganz lustiges Märchen. Aber Kairo ist weit weg von England...«
    »Jetzt spielst du aber den Dummen, Jack – das kommt in manchen Gerichtsbezirken schon einem unterschriebenen Geständnis gleich.« Dappa warf einen raschen Blick nach oben an die Mauer der Kasba, wo der Mann sich auf dem Haken wand.

    »Was Jack betrifft, hast du vielleicht recht, Dappa, aber ich bin wirklich verwirrt«, sagte Moseh.
    »In Paris hat Jack einen Ruf«, warf Vrej Esphahnian ein. »Dort gibt es einen Herzog, der etwas gegen unseren Jack hat, seit der in eine seiner Gesellschaften hineinplatzte, einen seiner Gäste erwürgte, seinem Erstgeborenen und Erben die Hand abschlug und vor dem Sonnenkönig unangenehm auffiel.«
    »Dann hat dieser Herzog vielleicht von Jacks Missgeschicken auf hoher See Wind bekommen«, sagte Dappa, »und angefangen, Nachforschungen anzustellen.«
    »Tja, als ehemaliger Janitschar, der sich gerade von einer schweren Kopfverletzung erholt, weiß ich von dergleichen Dingen nichts«, sagte Jack. »Sollte es aber unsere Aussichten verbessern, dann lasst auf alle Fälle verbreiten, dass Informationen über den Verbleib von Ali Zaybak durchaus zu bekommen sind – wenn nur der Herzog von Arcachon in den Plan investiert.«

BUCH FÜNF
    Das Komplott

Château Juvisy
    10. DEZEMBER 1689
    Nachdem Kardinal Richelieu die Genialität von Monsieur Antoine Rossignol erkannt und Ludwig XIII. sie belohnt hatte, hatte sich dieser ein kleines Château gebaut. In späteren Jahren hatte er keinen geringeren als Le Nôtre damit beauftragt, die dazugehörigen Anlagen zu gestalten. Das Château befand sich in Juvisy. Das war seinerzeit sinnvoll gewesen, weil sich der Hof des Königs in Paris befunden hatte und Juvisy knapp außerhalb davon lag.
    Als der Sohn Ludwigs XIII. mit seinem Hof nach Versailles umgezogen war, hatte sich der Sohn von Antoine Rossignol – der Antoines Château, dessen kryptoanalytisches Wissen und dessen Pflichten geerbt hatte – im Exil wiedergefunden. Er hatte sich nicht vom Fleck gerührt, das Machtzentrum dagegen schon, und mit einem Mal war er sich in Juvisy wie auf einem entlegenen Außenposten vorgekommen. Ein anderer Mann hätte das Anwesen vielleicht mit Verlust verkauft und sich irgendwo in der Gegend von Versailles ein neues Château gebaut. Doch Bonaventure Rossignol hatte sich damit begnügt, an alter Stätte wohnen zu bleiben. Seine Arbeit erforderte keine ständige Anwesenheit bei Hofe. Wenn überhaupt, so hatten ihn die Entfernung und die damit einhergehende Ruhe und Beschaulichkeit noch produktiver gemacht. Le Roi hatte die Entscheidung des jüngeren Rossignol bestätigt, indem er ihn von Zeit zu Zeit in Juvisy besuchen kam. In seiner Kleinheit, seiner Abgeschiedenheit und der mustergültigen Vollkommenheit seines ummauerten Parks erschien das Château in Juvisy Eliza wie ein vollendetes kleines Reich der Geheimnisse, mit Bon-Bon als König und Eliza als Königin oder wenigstens Konkubine.
    Der Park unterschied sich stilistisch grundlegend von dem, was Le Nôtre in Versailles gestaltet hatte, denn er war natürlich viel kleiner
und enthielt weniger Skulpturen. Wie der Park des Königs jedoch war er so angelegt, dass er erst richtig zur Geltung kam, wenn man ihn von den oberen Fenstern des Château aus betrachtete, und so sah ihn auch Eliza. Bon-Bons Schlafkammer lag im Obergeschoss, in der Mitte des Gebäudes, sodass Eliza, als sie aus seinem Bett stieg, drei Schritte über einen kalten Boden gehen, sich an ein Mansardenfenster stellen und geradewegs den Pfad entlangschauen konnte, der die Achse des Parks bildete.

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