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Coogans Fluch (German Edition)

Coogans Fluch (German Edition)

Titel: Coogans Fluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar Nietsch
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erwachte Grizzlys, nur nicht mit einem uralten Indianer, der in zwanzig Metern Entfernung dastand und einfach nur lächelte.
      Die Hunde lagen mit eingezogenen Schwänzen zu seinen Füßen.
    Leise sagte er etwas zu ihnen, woraufhin sie sich erhoben und in demütiger Haltung zu ihrem Zelt zurück trotteten.
      Ungläubig und auch irgendwie verunsichert, näherte sich Sally dem Indianer. Ihre bisherigen Begegnungen mit den Ureinwohnern Amerikas hatte sich auf die armen Kreaturen beschränkt, die in, von Weißen hergestellten, Fetzen gehüllt in den Randgebieten Fairbanks’ herumlungerten und ihr Dasein als Trunkenbolde fristeten. Andere Indianer kannte Sally nur von Fotos. Bilder, die unerschrockene Männer zeigten, die in ihrer kunstvollen, traditionellen Tracht stolz vom Rücken ihrer Mustangs in die Kamera sahen. Der Indianer vor ihr schien einer solchen Photographie entsprungen zu sein. Trotz seines offensichtlichen Alters, strahlte er Stolz und Würde aus.
      Sally überlegte, ob er der Alte des Englischen mächtig war und sie sich überhaupt verständigen konnten, da sagte er im besten Englisch: „Tatsächlich eine Frau. Auch noch eine, die aussieht wie ein Geist.“
      Überrascht riss Sally die Augen auf und blieb stehen.
      Ohne auf ihre offensichtliche Überraschung einzugehen, fuhr der Alte freundlich, aber mit ernstem Blick fort: „Geht weg von hier. Ihr seid nicht hier wegen dem gelben Metall.“
      Sally brachte keinen Ton heraus. Dies lag keineswegs an den seltsamen, irgendwie unheimlichen Umständen oder den ihr sinnlos anmutenden Worten, vielmehr der Alte selbst, die Schwingungen, die von ihm ausströmten, hielten Sally in ihrem Bann. Ihr schien, als ob dieser Alte über allen Dingen stand, dass er vom Nebel wusste, von der geheimnisvollen Mine, von Coogans Fluch und davon, wo alle Jäger geblieben waren, sogar alles über sie.
      „Du bist eine Frau“, riss sie der Alte aus ihren Gedanken. „Frauen spüren viel, aber jetzt ist nicht wichtig, was du fühlst, Frau.“ Der Alte lächelte noch immer.
      „Und – und was ist wichtig?“ Sallys Stimme hörte sich in ihren Ohren an, als hätte sie drei Zigarren geraucht und die ganze Nacht Whisky getrunken.
      „Dass ihr die Schlucht meidet. Aber jetzt droht euch von dort Gefahr.“ Der Alte deutete ostwärts und sprach weiter: „Du bist wie sie, sonst wäre ich nicht hier. Jetzt eile, ihr habt nicht mehr viel Zeit!“
      Ein greller gelber Lichtblitz blendete Sally, sie blinzelte und der Alte war verschwunden. Die Schneedecke an der Stelle, wo er gestanden hatte, zeigte sich unberührt. Lediglich die Spuren der Hunde waren zu sehen. Unglaublich, dachte sie. Unwillkürlich fiel ihr Franks Geschichte ein, über die Legenden der Indianer und ihren heiligen Männern. Zweifellos war ihr gerade so ein Schamane begegnet. Oder aber , dachte sie, bin ich dabei, den Verstand zu verlieren.

 
    Während Jonathan die bewegten Stationen seines Lebens aufs Neue durchlief, begriff er mehr und mehr, wie er sich in all den Jahren gewandelt hatte. Vor allem wurde ihm bewusst, dass dies nicht nur an Miriam gelegen hatte, sondern auch der Narbige seinen Anteil daran hatte. Erst in diesen Stunden wurde ihm bewusst, wie ähnlich er dem Narbigen einst war. Nun stand dieser Teil seines Lebens kurz vor dem Abschluss, darüber bestand kein Zweifel und er begann sich zu fragen, was danach sein würde. Als wäre seine Zukunft mit dieser Frau verknüpft, entstand vor seinem geistigen Auge das Gesicht Sally Dickins.
      Er schreckte von seinem Lager auf, das Bild Sallys verschwand und nervös sah er sich in der Kammer um. Eine seltsame Unruhe befiel ihn und er fragte sich, ob diese Unruhe der Gedanke an Miss Dickins hervorgerufen hatte.
      Zugleich befiel ihn das bohrende Gefühl, zu viel Zeit an diesem Ort vertrödelt hatte. Als hätte er bereits Wochen in dieser Kammer zugebracht, obwohl er nicht den blassesten Schimmer hatte, wie viel Zeit tatsächlich vergangen war, seit ihn die Lawine in den Stollen eingeschlossen hatte. Nach den Worten des Alten zu urteilen, waren höchstens wenige Tage vergangen, dennoch nagte die Sorge an ihm, schon zu lange untätig gewesen zu sein. Körperlich fühlte er sich großartig, war wieder vollkommen hergestellt und so stark wie eh und je. Selbst seine gebrochenen Rippen schienen ausgeheilt und er platzte schier vor Tatendrang. Er erhob sich, suchte seine Sachen zusammen und überlegte, ob er warten sollte, bis der Alte

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