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Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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ist, hat den armen Mann sicher schrecklich mitgenommen …«
    »Wally mitgenommen?« Der Kaufmann lachte. »Er war erleichtert, sie los zu sein. Ehrlich, die beiden haben sich schlimmer gestritten als zwei Hunde um einen Knochen. Jeden zweiten Abend warf sie eine seiner übelriechenden Pfeifen aus dem Fenster – und ihn hinterher.« Er knallte den Teekarton auf den Tresen. »Wegen Wally brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Seit ihrem Tod hat er nur noch gefeiert.«
    »Es war doch aber ein – rätselhafter Tod, nicht wahr?«
    »Verschiedene Leute sind nicht der Meinung«, sagte Mr. Pauley und lehnte sich verschwörerisch vor. »Einige Leute – damit will ich nicht behaupten, daß ich dazu gehöre, schließlich ist Wally Birch ein Freund von mir – einige Leute meinen, das Ganze war kein Unfall. Wally soll seine Hand mit im Spiel gehabt haben.«
    »Himmel!« sagte Lorna atemlos. »Sie sprechen doch nicht etwa von – Mord?«
    »Manche Leute denken nun mal so«, meinte Mr. Pauley ernst.
    Lorna war einigermaßen schockiert, als sie den Laden verließ. War Wally Birchs Haß auf seine Frau eine Erklärung für die besondere Farbigkeit ihrer Tulpen, für die ungewöhnliche Frische der Petunien? Ein schrecklicher Gedanke, von dem sie sich schnell mit vernünftigeren Überlegungen ablenkte. Konnte der Schädel ein Überbleibsel von den Indianern sein, ein Fossil aus längst vergangenen Zeiten? Wozu voreilige Schlußfolgerungen ziehen, die doch nur dazu führen konnten, daß die Polizei mit Spitzhacken und Schaufeln in ihrem Garten ausschwärmte und ihre ganze Arbeit und ihre Chancen bei der Blumenschau zunichte machte?
    Ins Haus zurückgekehrt, zog sie die Arbeitshandschuhe an und holte erschaudernd den Schädel aus der Abfallschachtel. Am besten tat sie das Ding in die Besenkammer und wartete auf eine bessere Gelegenheit, die Polizei zu verständigen. Vorsichtig und mit abgewendeten Augen legte sie den Fund in einen Eimer, deckte ihn mit schmutzigen Lappen zu und ging ins Wohnzimmer, um sich mit der Lektüre des Samenkataloges abzulenken.
    Als es einige Minuten später klopfte, war sie so erschrocken, daß sie den Katalog fallen ließ.
    Sie öffnete die Tür und sah sich einem schmutzigen und unrasierten Wally Birch gegenüber, der mit brutal vorgerecktem Kinn und hochgezogenen Schultern vor ihr stand. Er trug einen alten Arbeitsanzug voller Farbflecken und saugte energisch an einer schmutzigen alten Pfeife.
    »Ich will mit Ihnen reden«, knurrte er.
    »Ich … ich …«
    »Kann ich reinkommen oder nicht?«
    Sie trat zur Seite, und er stampfte an ihr vorbei, wobei er auf dem Teppich deutliche Fußstapfen hinterließ. Eine Rauchwolke wallte aus dem Pfeifenkopf empor; der Gestank war beinahe zuviel für Lorna.
    »Wie ich höre, fragen Sie in der Stadt rum«, sagte er. »Was soll das? Sie haben dieses Haus für verdammt wenig Geld gekauft. Das gibt Ihnen nicht das Recht, die Nase in meine Angelegenheiten zu stecken!«
    »Das stimmt nicht, Mr. Birch. Wenn es in dieser Stadt jemanden gibt, der sich nur um sich selbst kümmert, dann ich.«
    »Nun, dann lassen Sie mich in Ruhe! Wenn Sie irgendwas auf dem Herzen haben, können Sie ja mich fragen.«
    »Es besteht keine Veranlassung, unfreundlich zu sein. Ich habe heute zum erstenmal von Ihrer Tragödie erfahren, da war ich natürlich neugierig. Warum auch nicht?«
    Er trat dicht vor sie hin, begleitet von einem üblen Geruch nach Tabak und Whisky. »Hören Sie, Lady. Es könnte eine noch schlimmere Tragödie geben, wenn Sie weiter herumschnüffeln. Ich sage es Ihnen ein für allemal: Lassen Sie schlafende Hunde ruhen! Die Frauen haben mir schon genug Ärger gemacht!«
    »Ich bitte Sie, Mr. Birch!« Sie war entsetzt.
    Er hob eine riesige Faust und hielt sie ihr unter die Nase. »Wenn Sie nicht Ruhe geben, mach ich Sie fertig, hören Sie? Und zwar richtig!«
    Er machte kehrt und verließ das Haus. Sie blieb nach Luft schnappend zurück.
    Als sie wieder zu Atem gekommen war, öffnete sie als erstes die Fenster; das Herz schlug ihr noch immer bis in den Hals. Als zweites rief sie Letitia Daley an, um sie um Rat zu bitten. Letitia war Mitglied im Gartenklub, ihr Bruder war der Sheriff. Da Letitia nicht zu Hause war, führte der Anruf zu einer Entscheidung. Lorna setzte ihren besten Strohhut auf, zog Lederhandschuhe über und machte sich daran, Wally Birch hinter die kräftigsten Gitter der Stadt zu bringen.
    Sheriff Daley war ein kleiner Mann mit freundlichen blauen Augen und

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