Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)
»Von wegen, Rock ’ n ’ Roll und Revolution fangen beide mit R an. Der kann uns echt mal, rattenscharfe Rache fängt nämlich auch mit R an. Genauso wie Revanche, Heimzahlen und Vergeltung!«
»Aber eure Band existiert doch noch, oder?«, erwidere ich, ohne Justin zu korrigieren.
Die beiden nicken, und das ist genau der richtige Zeitpunkt, um ihnen COOLMANs genialen Plan zu erklären.
»Hört zu: Morgen Mittag ist doch das Abschlussfest für die französischen Gastschüler. Und da gebt ihr ein Benefizkonzert für den Bürgermeister, um zu zeigen, dass er ein Mann der Jugend ist. Ihm bringt das Wählerstimmen, und für euch ist das die Chance, vor einem großen Publikum aufzutreten und berühmt zu werden. Außerdem könnt ihr Mahmoud damit eins auswischen. Was haltet ihr davon?«
Alex und Justin sehen nicht sehr begeistert aus.
»Hört sich klasse an, Alter, aber uns fehlt noch ’n dritter Mann für die Band. Wir sind schließlich ein Quartett«, erklärt Alex.
»Und ’ne Sängerin brauchen wir echt auch noch«, ergänzt Justin.
»Sorry, das wird nicht klappen, Alter. Leider!«
Ich glaube, die zwei haben einfach nur Schiss.
»Pas de problem«, mischt sich jetzt Niki ein. »Kai ist euer dritter Mann und ich singe. Voilà, heute Nachmittag wird geprobt.«
Niki ist wirklich sensationell, und als sie sich jetzt auch noch zu den beiden hinüberbeugt und ihnen rechts und links einen Kuss auf die Wange gibt, können Alex und Justin gar nicht anders als Ja sagen.
Sie werden knallrot, und Alex murmelt: »Abgemacht, Alter. Wir treffen uns um zwei Uhr in unserem Probenkeller bei Justin zu Hause.«
Justin sagt echt gar nichts, weil er von Nikis Küsschen immer noch ganz betäubt ist.
Dann drehen sie sich um und laufen schnell davon. Das überrascht mich nicht. Ich hatte nicht erwartet, dass sie wirklich zur Schule gehen würden.
Als Niki und ich den Schulhof betreten, legt sich Niki meinen Arm um ihre Schulter. Das ist irgendwie angenehm und unangenehm gleichzeitig, so ähnlich wie saure Zuckerdrops.
Als wir so Arm in Arm über den Hof laufen, starren mich alle Jungen neidisch an. Leider kann ich das nicht richtig genießen, weil ich hundemüde bin und fast schon im Stehen einschlafe. Niki scheint die schlaflose Nacht überhaupt nichts auszumachen. Das ist gut. Da kann ich mich auf sie aufstützen. Niki spürt mein Schwächeln und hält mich so fest umklammert, dass ich unmöglich umkippen kann.
Trotz des Gedränges kurz vor Schulbeginn kommen wir problemlos durch die Menge, weil uns die anderen Schüler ehrfürchtig eine Gasse frei machen. Eine Eroberung wie Niki in ihrem kurzen schwarzen Kleid hätte mir hier keiner von denen zugetraut. Da ist es auch gar nicht schlimm, dass ich immer noch Antis Klamotten trage. Im Gegenteil, das wirkt jetzt richtig cool, weil ich mit dem zerrissenen Pullover und meinem geschwärzten Gesicht ziemlich verwegen aussehe. Niki und ich sind das ultimative Traumpaar in Black, und das erkennt jeder, der uns sieht, auf den ersten Blick.
Lena auch.
Sie sitzt schon an ihrem Platz, als wir die Klasse betreten, und wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt mindestens so tot wie Schnüffi.
Niki auch.
Sie hat Lenas Blicke ebenfalls bemerkt und kuschelt sich nur noch enger an mich, als wir uns nebeneinander in die letzte Reihe setzen. Ich bekomme kaum noch Luft, aber das ist es wert. Wenn ihr Plan aufgeht, wird Lena spätestens in der Pause angekrochen kommen und mich ganz krank vor Eifersucht um Verzeihung bitten.
Dann werde ich ihr großzügig vergeben und ihr meinen Plan erläutern, wie ich ihren Vater rette.
Dann brauche ich gar kein blödes braun-weißes Kaninchen mehr.
Dann wird Lena mich auch so lieben.
Dann rennen wir barfuß über eine Blumenwiese einem Regenbogen entgegen, auf dem dreißig rote Hühner mit grünen Regenschirmen Alex und Justin nachlaufen, die auf ihren Gitarren »Love is in the Air« spielen, während COOLMAN auf einer rosa Wolke über ihnen schwebt und sie mit einer Harfe begleitet und gleichzeitig am Horizont eine riesige Welle auftaucht, die kurz darauf über mich hinwegfegt wie ein Tsunami.
Ich öffne die Augen und sehe unseren Hausmeister. Er hat mir Wasser ins Gesicht gespritzt, weil er die Klasse abschließen will.
Außer mir ist niemand mehr da, und langsam, sehr langsam wird mir klar, dass ich den ganzen Schultag verschlafen habe, inklusive der Pausen. Die Maier, Niki und alle anderen haben mich schlafen lassen.
Das war nett.
Weniger
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