Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika
den besorgten Blick. Der arrogante Earl war doch sehr nett.
Nein! Er war nicht nett!
Als sie daran dachte, wie beunruhigend sich seine starken Arme angefühlt hatten, wie ihr Busen an seine Brust gedrückt wurde, wurde ihr ganz kribbelig zu Mute. Was ist nur mit mir los?
Als aus dem merkwürdigen Kribbeln ein sehnsuchtsvoller Schauer wurde, fiel Tessa mit weichen Knien auf ihr Bett. Ob sie krank wurde? Sie legte sich auf den Rücken und starrte nachdenklich an die Decke.
Kurz darauf kratzte jemand an ihre Tür. Der Schreck fuhr Tessa wieder in alle Glieder, doch sie beruhigte sich sogleich, als nur ein Hausmädchen eintrat.
»Lady Penwyck erkundigt sich nach Ihnen, Miss. Möchten Sie zum Frühstück herunterkommen, oder möchten Sie lieber ein Tablett aufs Zimmer geschickt bekommen?«
»Ich bin ein bisschen ausgefroren. Ich esse lieber in meinem Zimmer, danke. Außerdem möchte ich mich den restlichen Vormittag ausruhen.«
»Jawohl, Miss, ich werde es Lady Penwyck ausrichten.«
Das Hausmädchen knickste.
Lady Penwyck bedauerte es, dass Tessa sich nicht wohl fühlte – sie selbst war von den außergewöhnlichen Ereignissen nicht im Mindesten ermüdet.
»Noch nicht zehn Uhr«, rief sie fröhlich aus, als ihr Sohn sich zu ihr an den Frühstückstisch setzte, »und schon sind über ein Dutzend Einladungen gekommen und doppelt so viele Karten.«
Penwyck nickte. Es überraschte ihn nicht, dass es nach Miss Darbys erfolgreichem Debüt Einladungen regnete.
Anscheinend hatte sein Freund Ash Recht behalten, als er prophezeite, Miss Darby würde der neueste Liebling des ton werden. Sie war ja auch wirklich zauberhaft. Penwyck hatte mit seiner ersten Einschätzung weit daneben gelegen: Miss Darby war nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch charmant und klug. Kein Wunder, dass so viele Gentlemen sich um die junge Dame scharten.
»Miss Darbys Debüt war wirklich ein großer Erfolg, Mutter. Du und Mrs. Montgomery verdient großes Lob.«
»Nun ja, die Ehre gebührt vor allem Grace. Ich kann bei weitem nicht so gut organisieren wie sie – oder wie du.
Aber es war ein herrlicher . Ball, stimmt’s, mein lieber Harrison? Tessa sah wunderbar aus.«
»Das stimmt.«
»Natürlich ist unsere Aufgabe damit noch nicht beendet«, fuhr Lady Penwyck zufrieden fort. »Das wichtigste Ziel liegt noch vor uns.«
Über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg fragte Lord Penwyck: »Welches Ziel, Mutter?«
»Nun ja, eine Hochzeit natürlich. Unsere Aufgabe ist erst beendet, wenn Miss Darby verlobt ist.«
Die Kaffeetasse glitt ihm aus den Händen und traf mit lautem Klirren auf der Untertasse auf. »Aha.«
»Warum sollte man sich wohl sonst so große Mühe geben, eine junge Dame in die Gesellschaft einzuführen, wenn nicht, um einen Mann für sie zu finden?« Lady Penwyck lachte. »Wirklich, Harrison, so klug du auch sein magst – manchmal bist du regelrecht… nun ja, albern.«
Penwycks Lippen wurden schmal.
»Ich prophezeie Tessa mindestens ein Dutzend Heiratsanträge! Letzten Abend haben gleich mehrere junge Männer großes Interesse an ihr gezeigt. Was meinst du, mein Lieber?«
Penwyck hatte sich mittlerweile einigermaßen unter Kontrolle. »Nun… ich… äh, bestimmt wird sie im Lauf der Zeit einige Anträge erhalten.«
»Im Lauf der Zeit?« wiederholte Lady Penwyck. »Was soll denn das heißen, du alberner Junge?« fragte sie nachsichtig.
Penwyck führte die Kaffeetasse zu den Lippen. »Soweit ich weiß, hat Miss Darby… also, ihr Vater hat sie… will sie nicht einen Amerikaner heiraten…«
»Ach du liebe Zeit, nein! Ganz und gar nicht!« unterbrach ihn seine Mutter. »Tessa hat nicht die Absicht, nach Amerika zurückzukehren. Sie will in England bleiben, da kannst du dir sicher sein. Oh!« Ihre grauen Augen weiteten sich, und sie schlug entzückt die Hände zusammen. »Mir kommt da eine herrliche Idee!«
Penwyck wartete.
»Du bist doch so gut darin, Listen zu schreiben, Harrison.
Ich möchte, dass du eine Liste der jungen Männer erstellst, die passende Anwärter auf Miss Darbys Hand wären.« Sie überlegte. »Allerdings konnte man letzten Abend kaum feststellen, welchen Typ sie bevorzugt. Sie hat mit so vielen Herren getanzt. Ach, wenn ihre liebe Mutter das noch hätte erleben dürfen! Heien wäre so stolz gewesen!
Jedenfalls bist du gut darin, Listen aufzustellen«, sagte sie noch einmal.
Während des Monologs seiner Mutter hatte Penwyck sich bemüht, sich wieder zu fassen. Eine Heirat war natürlich die
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