Corbins 01 - Wer Das Paradies Nur Finden Will ...
sich. »Wenn du
glaubst, ich ließe dich mit einer Nadel an mich heran, O'Brien ...«
»Jetzt ist es ohnehin zu spät«,
entgegnete Banner gekränkt. »Aber wieso hast du dich mit Jeff geprügelt?«
Adam und Jenny wechselten einen
Blick, der nicht zu deuten war. Dann zuckte Adam die Schultern, und Jenny
wandte sich ab.
Banner fühlte sich ausgeschlossen,
aber um sich ihren Ärger nicht anmerken zu lassen, fragte sie kühl: »Wen
besuchen wir heute zuerst? Hildie?«
Adam starrte auf seine Kaffeetasse,
und Jenny ging aus der Küche, um sich in einem anderen Teil des Hauses zu
beschäftigen.
»Adam?« beharrte Banner.
Er stand auf und schaute sie an.
»Ich komme gerade von Hildie, Banner. Sie starb, während ich bei ihr war.«
Banner war so betroffen, daß sie
schwankte. Adam nahm ihren Arm und zog sie zu einem Stuhl. »Sie war froh,
erlöst zu sein«, sagte er, aber sein Ton verriet seine Trauer über Hildies Tod.
Banner nickte. »Was wird jetzt aus
den Jungen werden?«
Adam ließ sich seufzend auf einen
Stuhl fallen. »Fitz hat schon eine neue Frau im Auge — Miss Mamie Robbins. Er
wird sie heiraten, sobald Hildie begraben ist.«
Banner war entsetzt, obwohl sie
einsah, daß Hildies Söhne eine neue Mutter brauchten.
Mit einem zärtlichen Lächeln nahm
Adam Banners Hand. »Sag nichts, O'Brien. Es geschieht andauernd.« Banner
schwieg und erstickte fast an ihrem Zorn, der sich
zwar nicht auf Adam richtete, aber dafür auf Sean, Hildies Fitz und all jene
Männer, die so um ihr eigenes Wohlergehen bemüht waren, daß sie keinen Gedanken
auf das Unglück ihrer Frauen verschwendeten.
Adam tippte mit
dem Zeigefinger auf Banners Nasenspitze. »Die Jungen werden es gut haben bei
Mamie Robbins, Banner. Und Hildie ist von ihrem Leid erlöst. Nur das ist
wichtig.«
Banner senkte
den Kopf, um ihre Tränen zu verbergen. »Es kommt mir nur so gefühllos vor. Arme
Hildie! Gibt es denn niemanden, der um sie weinen wird?«
Adam zeichnete
mit dem Zeigefinger die Konturen ihrer Lippen nach, und in Banner erwachten
Gefühle, die diesem traurigen Moment so gar nicht angepaßt waren. »Ich glaube,
es weint schon jemand um sie«, meinte er sanft.
Banner stand rasch
auf, weil sie nicht wußte, wie sie reagieren würde, wenn Adam sie weiterhin
anfaßte und so zärtlich mit ihr sprach. »Wir haben noch andere Patienten zu
versorgen«, entgegnete sie brüsk. »Sollen wir uns jetzt auf den Weg machen?«
Zu ihrem
Erstaunen schüttelte Adam den Kopf. »Ich mache die Besuche heute allein,
Banner. Ich möchte, daß du in der Klinik bleibst und dich um unseren verwundeten
Spieler kümmerst.«
Banner runzelte
verwirrt die Stirn. »Das kann Maggie doch tun«, widersprach sie schnell und aus
dem Verdacht heraus, Adam habe ihr nur angeboten, in seiner Praxis
mitzuarbeiten, um sie von seinen Patienten fernzuhalten.
Doch Adam schüttelte den Kopf.
»Maggie ist mit ihren Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt«, erinnerte er.
Sie ließ die
Schultern hängen. »Na schön«, stimmte sie widerwillig zu. »Aber ich bleibe
nicht jeden Tag in der Klinik! Ich möchte auch Hausbesuche machen.«
»Ich weiß«, sagte Adam, als sie zu
seiner Kutsche hinausgingen. »Morgen besuchen wir das Indianerlager.«
Banners Gesicht hellte sich auf.
»Ein echtes Indianerdorf?« fragt sie entzückt.
»Ja — komplett mit Flöhen, Fischöl
und edlen Wilden«, bestätigte er schmunzelnd.
Der junge Mann hieß
Clarence King und verliebte sich in Banner, kaum daß sie die Station betreten
hatte. Zumindest hatte Adam diesen Eindruck. Vielleicht hätte er heute doch
lieber auf seine Hausbesuche verzichten und in Banners Nähe bleiben sollen ...
Aber dann rief
er sich streng zur Ordnung. Was ist los mit dir? frage er sich verärgert.
Gestern abend hatte er seinen Bruder verprügelt, den er liebte, und heute war
er versucht, Menschen im Stich zu lassen, die von ihm abhingen!
Vielleicht
bleibe ich ja doch zur Weihnachtsparty, ging es Adam flüchtig durch den Kopf,
aber dann erinnerte er sich an die Berge und das Versprechen, das er gegeben
hatte. Der Gedanke ernüchterte ihn soweit, daß er Banner schließlich doch
allein ließ und sich auf den Weg zu seinen Patienten machte.
Lächelnd näherte sich
Keith Corbin Adams neuer Kollegin, die neben dem Ofen saß und einen
Liebesroman las.
Eine sanfte Röte
stieg ihr beim Lesen in die Wangen, und ihre grünen Augen wurden dunkel wie
feuchtes Moos. Keith lächelte. Sie war entzückend. Kein Wunder, daß seine
Brüder sich
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