Cosa Mia
möchtest.
Aber ich sehe ja deinen großen Rucksack, wissen denn deine Eltern davon?“
„Nein.“ Aus irgendeinem Grund wollte ich ehrlich zu ihr sein.
Sie runzelte die Stirn.
„Bitte verraten Sie mich nicht. Mein Entschluss ist
unwiderruflich.“
„Paolo, ich möchte mich doch nur mit dir unterhalten, das ist
alles. Kann ich dich nicht dazu überreden, mit mir eine Kaffee zu trinken,
bevor du abreist?“
„Aber ich wollte doch mit dem Bus zum Bahnhof und der fährt
bald.“
„Ich kann dich doch genauso gut dann mit dem Auto hinfahren,
das ist doch kein Problem, oder bist du schon auf einen bestimmten Zug
festgelegt?“ Ich hatte ja noch nicht einmal eine Ahnung, wann überhaut günstige
Züge in meine Richtung fuhren, geschweige denn schon ein Ticket. Ich wog ihren
Vorschlag ab. Es wäre besser einfach loszufahren, das wusste ich, aber auf der
anderen Seite war Constanza die einzige Person im Moment mit
der ich wahrhaft über alles reden konnte und die auch
bescheid wusste. Es war mir ja ansonsten keiner mehr geblieben!
Ich mochte diese Frau, auch wenn sie mich stets und ständig
an Sabatino erinnerte, was ich eigentlich auf das Dringendste vermeiden wollte.
Ich erinnerte mich daran, wie ich sie zum ersten Mal im Garten gesehen hatte,
bei meinem peinlichen Sturz in das Gras. Sofort hatte sie mich fasziniert.
Alles war an diesem Abend noch offen gewesen, alles war neu und ich war
innerlich voller Anspannung gewesen, wenn ich an Sabatino dachte, auf dessen
Grundstück ich mich aufhielt. Ich war sinnlich völlig benebelt gewesen und der
Wein hatte noch seinen Anteil daran getan.
Nun stand ich ihr gegenüber und alles war anders, die Zeit
der Parties war vorbei und die Zeit des Zusammenseins ebenso. Sie war nunmehr
das einzige Bindeglied, wie eine Traumgestalt aus einer vergangenen, verlorenen
Zeit.
„Meinetwegen, trinken wir einen Kaffee oder so, danke.“ Ihr
Blick hellte sich auf.
„Das ist sehr schön, wirf deinen Rucksack auf die Rückbank
und steig ein, wir fahren zum Cafe del sol !“ Das silberne Mercedes
Cabrio stand in unserer Straße und ich hatte es noch gar nicht gesehen. Das
Cafe, zu dem sie wollte, lag nicht im Zentrum, aber es war das beste und
edelste von Spoleto, typisch, dass sie das ausgesucht hatte, dachte ich.
Gar nicht lange später saß ich draußen ihr gegenüber in der
Sonne und löffelte an meinem Milchshake, der noch zu fest war, um ihn durch den
Strohhalm zu trinken. So mochte ich ihn allerdings am liebsten. Constanza süßte
ihren Cappuccino und ich fand, dass sie beachtlich viel Zucker hinein tat.
„Nun, ich weiß, dass es dich schmerzt und es tut mir auch
leid, dass ich gestern am Tor der Villa erst ein falsches Bild hatte.“ Sie sah
mich ernst an.
„Kam es schon vor, dass er welchen Vorteile versprochen
hatte, Jungs wie mir?“, fragte ich.
„Ich weiß trotzdem relativ wenig von seinen
Privatgeschichten, ehrlich gesagt, weiß ich es nicht genau. Ab und zu war da
schon mal ein junger Mann oder eine junge Frau gewesen, schließlich ist mein
Bruder kein Unschuldslamm oder besitzt eine verstockte
Sinnlichkeit, ganz im Gegenteil. Er redete nicht wirklich darüber, aber es gab
Menschen, die eine Zeit lang in seiner Nähe waren und dann nicht mehr. Er tat
es sehr diskret aber er tat, was er wollte, er nahm, wen er wollte. Besonders
schlimm war es nach dem Tod seiner Frau und dann später bei seinen Söhnen, er
stürzte sich nur so in die Arbeit und in die Betten, hatte ich das Gefühl.“
Dabei zog sie eine Augenbraue hoch, was ein wenig abfällig wirkte.
„Und ich war es, die sich später um seine Tochter kümmerte,
als seine Jungs auch noch starben, das, was ihm noch geblieben war.
Er war unausstehlich zu dieser Zeit, wir stritten uns oft.
Ich sagte, er solle aufhören mit seinen Geschäften und er sagte die Geschäfte seien
jetzt alles. Ich schickte ihn zu seiner Tochter in ihr Zimmer und bald darauf
kam er mit Tränen in den Augen wieder hinausgestürmt und fauchte mich böse an.
Aber auf der anderen Seite war er froh, dass er mich hatte! Unser teurer
Maurizio sagte es mir, denn er konnte es offenbar nicht persönlich mir
gegenüber aussprechen. Jaja, alle hatten zu leiden, wir
lebten damals in dem unmittelbaren Hinterland von Florenz, in
einem wunderbaren neuen, sandsteinfarbenen Haus auf einem Hügel hinter dem
Garten Boboli, die alte Villa hatte er nach dem Anschlag gleich räumen und
verkaufen lassen.“ Sie trank einen Schluck vom ihrem Getränk.
Ich war
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