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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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kann ich das Mädchen bei seinem Onkel lassen; dann soll sein Boot wieder zurückkommen. Verstehst du?
    – Das Mädchen ist jetzt bei dir?
    – Aye, Tianna.
    – Du willst mit diesem kleinen Mädchen die Nacht in einem Hotel verbringen ?
    – In einem Motel, sagt Lennox, der an die Motels denkt, an denen sie vorbeigekommen sind, neben den Stripmalls am Highway41.– Natürlich in getrennten Zimmern! Jetzt spinn doch nicht rum!
    – Spinn du nicht rum, Ray!, sagt Trudi.– Sag mir, wo du bist, und ich komm und hol dich ab! Ginger fährt mich bestimmt.
    – Zu gefährlich.
    – Du bist verrückt. Du bist verrückt, du steigerst dich da in was rein, du– Sie schnappt nach Luft, sieht sich wieder, wie sie ihm in ihre Wohnung hilft, er mit zertrümmerter Hand, unverständliches Zeug über den Britney-Hamil-Fall stammelnd, über Thailand und Gott weiß was noch, dann sieht sie ihre eigenen Finger mit seinem Verlobungsring, die sich um den beschnittenen, geäderten Schwanz eines Immobilienmaklers schließen. Ihr Tonfall wird sanfter:– Ray, bitte hör mir zu. Du   … du hast eine furchtbare Zeit durchgemacht. Ich weiß, dass du deine Pillen nicht dabeihast, Ray. Aber du brauchst sie. Wenn du nicht zurückkommen möchtest, dann lass mich doch zu dir kommen   …
    Ihre plötzliche Kehrtwendung macht Eindruck auf Lennox. Wenn die Wut erst mal verflogen ist, ist sie aufrichtig um ihn besorgt. Er hatte überhaupt nicht registriert, was sie alles für ihn getan hat. Hatte nicht erkannt, dass sie sich nur deshalb so in die Hochzeitsvorbereitungen gestürzt hat, weil sie selbst mit den Nerven am Ende war. Seine Stimme bricht, dick vor Rührung.– Nein, Baby. Ehrlich, ich bin morgen Nachmittag zurück. Dann gehen wir shoppen und setzen uns hin, um die Gästeliste fertig zu machen   …
    – Um die Hochzeit mach ich mir keine Sorgen! Um dich mach ich mir Sorgen!, sagt Trudi traurig und denkt an ihr dummes Techtelmechtel mit dem schleimigen Immobilientyp. Ray liebt sie. Er braucht sie.– Ich hab es nicht gesehen, Schatz, hab nicht bemerkt, dass du innerlich immer noch so zerrissen bist. Ich dachte, du wärst auf dem Weg der Besserung. Bitte komm zurück zu mir, Baby, bitte!
    Lennox atmet aus und scharf wieder ein.– Du musst mir einfach vertrauen. Ich fleh dich an, vertrau mir einfach.
    Du hast doch keine Scheißahnung, wie Männer sind.
    – Du musst mir vertrauen, Ray. Sag mir wenigstens, wo du jetzt steckst, schluchzt Trudi.
    – Ich bin etwa drei Autostunden westlich von dir, jenseits der Everglades an der anderen Seite, am Golf von Mexiko. Mehr kann ich dir nicht sagen. Ich ruf bald wieder an, ich versprech es.
    Eine quälend lange Pause folgt. Schließlich Trudis Stimme:– Versprochen?
    – Ja.
    – Okay. Pass auf dich auf, sagt sie.– Dann erst mal bis dann. Ihre Stimme ist tonlos, und als sie hinzufügt:– Ich liebe dich, scheint es in erschöpfter Resignation von jenseits eines Grabes zu kommen.
    Dann ist die Leitung tot. Lennox steht da und starrt den Hörer an, und es ist, als würden ihm die Eingeweide herausgerissen.
    Sie lässt sich zurück aufs Bett fallen, mit angenehm schmerzendem Körper, wie immer nach einer guten Session im Fitnessstudio, wenn das Adrenalin verbraucht ist und köstliche Müdigkeit einsetzt. Aaron hatte sie nicht gesehen, was einerseits gut, andererseits schlecht für sie war, dafür hatte ein Typ sie angebaggert, was ebenfalls einerseits gut, andererseits schlecht war. Es gab ein Leben ohne Ray; womöglich sogar ein sehr gutes. Sie war jung. Jetzt war ihre Zeit. Konnte sie es sich erlauben, sie an einen Mann zu vergeuden, der vielleicht nie der sein würde, den sie brauchte?
    Diese Fixierung auf Triebtäter. Diese Fixierung auf Sex. Auf unnormalen Sex.
    Dieses Gefasel damals im Tunnel, als er seinen Zusammenbruch hatte. Über Thailand. Über kleine Mädchen in Thailand.
    Ray hat Geheimnisse. Keine kleinen banalen Geheimnisse. Es sind große. Vielleicht sogar schlimme . Trudi Lowe fröstelt und setzt sich auf. Trinkt einen Schluck Wasser. Steht auf und dreht die Klimaanlage runter.
    Sie waren auf dem Hinweg schon an den einstöckigen Knastbauten und dem zerschlissenen Sternenbanner eines American Inn vorbeigekommen, das in trübem, roten Neonlicht ZIMMER FREI versprach. Von außen sah es aus, als beherbergte es alle erdenklichen zerbrochenen Träume und verzweifelten Gedanken. Jetzt meint Lennox, das schale Sperma Tausender von Sexmonstern zu riechen, das den ganzen Bau durchdringt. Es

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