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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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abgewetzte Cordhosen und eine weite, etwas schmuddelig wirkende Wolljoppe. Um dem ganzen eine persönliche Note zu verleihen, trug Hochwürden Prada. Mit leicht säuerlichem Lazarus-Lächeln bat er Simon Platz zu nehmen. Simon mimte den taktvollen, wohlerzogenen Medienmacher:
                „Ich möchte ihnen im Namen der ganzen Redaktion für ihr Entgegenkommen danken, Hochwürden! Doktor Griesgruber lässt Sie herzlich grüssen!“
                Niederstrasser nickte abwesend. Simon legte seinen ganzen Schmelz in die vom Vorabend noch etwas ramponierte Stimme:
                „Unsere Anzeigenabteilung wird sich wegen dem Spendenaufruf umgehend mit ihrem Sekretariat in Verbindung setzen. Selbstverständlich unterstützen wir ihre konzertierte, karitative Hilfsaktion für die Ostkirchen.“
                Im vollen Bewusstsein seiner gesellschaftlichen Sonderstellung lehnte sich der Archidiakon in seinem Schreibtischsessel zurück und musterte sein Visavis mit starrem Basiliskenblick. Niederstrasser war kein Mann, der sich lange mit den Präliminarien aufhielt, so kam er auch jetzt ohne Umschweife zur Sache:
                „Was kann ich für Sie tun, Herr…?“
                Seine Eminenz linste in den vor ihm liegenden Filofax:
                „…Sternsteiner!“
                Simon nestelte eine Visitenkarte aus der Gesäßtasche und drückte ihm das verschrumpelte Teil mit einem entwaffnenden Lausbubenlächeln in die Hand:
                „Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich zu einem Gespräch unter vier Augen bereit erklärt haben.“
                Niederstrasser winkte ungehalten ab, rückte seine goldrandige Gelehrtenbrille zu Recht und inspizierte aufmerksam das nicht sonderlich repräsentativ aussehende Kärtchen:
                „Aha! Local Information Desk.“
                Ein kaum merkliches Lächeln huschte über seine verdörrten, blutleeren Lippen:
                „Local Desk! Verzeihen Sie, aber als alter, anglophober Lateiner ziehe ich die italienische Bezeichnung vor: Redattore locale! Unverständlicherweise wird die gesellschaftspolitische Bedeutung des Regionalteils heutzutage oft verkannt! Dabei ist es gewiss nicht immer einfach Interessenkonflikte zu vermeiden und für das Ideal einer objektiven, ausgewogenen Berichterstattung den Kopf hinzuhalten. Während meiner Zeit am Collegio Tedesco habe ich mir als Nachrichtenschreiber beim Osservatore Romano ein paar Lire dazu verdient. Phasenweise habe ich sogar damit geliebäugelt, Journalist zu werden. Doch wie sagt das Sprichwort: Non ex quoris ligno fit Mercurius! Viele fühlen sich berufen, doch nur wenige sind auserwählt.“
                Simon setzte eine betrübte Miene auf, so als ob er es zutiefst bedauere, sein Gegenüber mit unbequemen Fragen zu behelligen:
                „Die Crux des Journalisten ist es, dass er nicht umhin kommt, über tragische Ereignisse zu berichten und die Schattenseiten des Lebens auszuleuchten.“
                Simon räusperte sich vernehmlich:
                „Die Arbeit eines kritischen Journalisten besitzt eine gewisse Ähnlichkeit mit der eines Untersuchungsbeamten. Er muss Fragen stellen, Aussagen gewichten, die vorhandenen Indizien sichten und mögliche Zusammenhänge aufdecken, kurzum im Idealfall trägt er sein Scherflein zur Wahrheitsfindung bei. Seit geraumer Zeit beschäftigt mich nun der Mord an der Marter. Es spricht vieles dafür, dass hinter dem abscheulichen Verbrechen religiöse Motive aufscheinen: der Tatort, die Vorgehensweise sprechen dafür.“
                Niederstrasser runzelte die Stirn:
                „Die Abnormität der Welt macht leider vor dem Missbrauch der Kreuzessymbolik nicht halt!“
                Simon pflichtete ihm bei:
                „Dem kann ich nur beipflichten! Was mich vielmehr wundert ist die Tatsache, dass kurz hintereinander zwei Priester unter merkwürdigen Begleitumständen verschwinden, respektive ums Leben kommen.“
                Simon schränkte umgehend ein:
                „Natürlich lässt sich eine zufällige Koinzidenz der Ereignisse nicht gänzlich ausschließen, dennoch werden Sie verstehen, dass ich mir so meine Gedanken mache!“
                Simons graugrüne Augen funkelten kampflustig. Die Partie war

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