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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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triefendes Pappmaché gehüllt, heraus. Sie stopfen alles in einen Leinensack.
    Die Koje des Skippers befindet sich am achtern oder hoch gelegenen Ende der Kabine. Shaftoe zieht sie ab, sieht unter dem Kissen und der Matratze nach, findet nichts.
    Der ausklappbare Tisch befindet sich an dem ganz unter Wasser stehenden Ende. Waterhouse watet vorsichtig hinüber, darauf bedacht, nicht den Halt zu verlieren. Er stößt mit den Füßen gegen den Schreibtisch, greift in die Brühe, tastet herum, wie es ein Blinder tun würde. Er stößt auf ein paar Schubladen und schafft es, sie komplett herauszuziehen und Shaftoe zu reichen, der den Inhalt in den Sack kippt. Binnen kurzem ist er sich ziemlich sicher, dass nichts mehr im Schreibtisch ist.
    Das Boot hebt sich und knallt herunter. Als das Abwasser sich vorwärts wälzt, kommt in der Ecke der Kabine einen Moment lang etwas zum Vorschein, etwas, das am vorderen Schott befestigt ist. Waterhouse watet hinüber, um festzustellen, was es ist.
    »Es ist ein Safe!«, sagt er. Er dreht den Skalenring. Er ist schwer. Ein guter Safe. Deutsch. Shaftoe und der britische Offizier sehen einander an.
    Ein britischer Seemann erscheint in der offenen Luke. »Sir!«, verkündet er. »In dem Gebiet ist ein zweites Unterseeboot gesichtet worden.«
    »Ich hätte furchtbar gern ein Stethoskop«, deutet Waterhouse an. »Gibt’s auf dem Ding ein Krankenrevier?«
    »Nein«, sagt der britische Offizier. »Bloß einen Kasten mit medizinischer Ausrüstung. Müsste irgendwo herumschwimmen.«
    »Sir! Jawohl, Sir!«, sagt Shaftoe und verschwindet aus der Kabine. Als er kurz darauf wieder kommt, hält er ein deutsches Stethoskop hoch über seinen Kopf, damit es nicht schmutzig wird. Er wirft es quer durch die Kabine Waterhouse zu, der es auffängt, sich die Ohrstöpsel in die Ohren steckt und den Höraufsatz durch die Brühe hindurch auf die Vorderseite des Safes setzt.
    Er hat das in bescheidenem Umfang schon einmal gemacht, als Übung. Kinder, die von Schlössern besessen sind, werden häufig zu Erwachsenen, die von Krypto besessen sind. Der Geschäftsführer des Lebensmittelladens in Moorhead, Minnesota, pflegte den jungen Waterhouse mit seinem Safe spielen zu lassen. Der knackte, zur großen Überraschung des Geschäftsführers, die Kombination und schrieb für die Schule einen Bericht über das Erlebnis.
    Dieser Safe hier ist erheblich besser als der damals. Da Waterhouse den Skalenring ohnehin nicht sehen kann, schließt er die Augen.
    Er bekommt vage mit, dass die anderen Burschen auf dem Unterseeboot schon eine ganze Weile wegen irgend etwas herumschreien und Theater machen, als wäre gerade eine sensationelle Meldung eingegangen. Vielleicht ist der Krieg vorbei. Dann wird ihm der Höraufsatz des Stethoskops entwunden. Er schlägt die Augen auf und sieht Sergeant Shaftoe, der sich den Aufsatz wie ein Mikrophon vor den Mund hält. Shaftoe starrt ihn gelassen an und spricht in das Stethoskop: »Sir, Torpedos im Wasser, Sir.« Dann dreht er sich um und lässt Waterhouse allein in der Kabine zurück.
    Waterhouse ist die Leiter des Turms halb hinaufgeklettert und blickt zu einem kreisförmigen Ausschnitt gräulich-schwarzen Himmels auf, als plötzlich ein dröhnender Ruck durch das ganze Boot geht. Unter ihm schießt ein Schwall Abwasser hoch und stößt ihn nach oben, speit ihn aufs Oberdeck des Bootes aus, wo seine Kameraden ihn packen und rücksichtsvollerweise verhindern, dass er in den Ozean kugelt.
    Die Bewegung von U-553 hat sich verändert. Das Boot bewegt sich jetzt viel mehr, als würde es sich gleich vom Riff losreißen.
    Waterhouse braucht eine gewisse Zeit, um sich zu orientieren. Er kommt allmählich zu der Ansicht, dass er das Ganze nicht unbeschadet überstanden hat. Mit seinem linken Arm, demjenigen, auf dem er gelandet ist, stimmt eindeutig etwas nicht.
    Starkes Licht streicht über sie hinweg: ein Suchscheinwerfer der britischen Korvette, die sie hergebracht hat. Die britischen Seeleute fluchen.Waterhouse stemmt sich auf seinem gesunden Ellbogen hoch und visiert am Rumpf des Unterseebootes entlang dem Strahl des Suchscheinwerfers nach, der sich auf ein bizarres Bild richtet. Das Boot ist knapp unterhalb der Wasserlinie aufgesprengt worden, Fetzen seines Rumpfes haben sich von der Wunde zurückgebogen und ragen zackig in die Luft. Der stinkende Inhalt des Rumpfes läuft heraus und färbt den Atlantik schwarz.
    »Scheiße!«, sagt Sergeant Shaftoe. Er schüttelt einen kleinen, aber

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