Cryptonomicon
keinen finden.«
»Falsche Annahme.«
»Falsche Annahme«, gibt Randy zu. »Shaftoe hat die Überreste eines alten japanischen Unterseeboots gefunden.«
»Woher weißt du das denn?«
»Wenn er eine chinesische Dschunke gefunden hätte, hätte er mir einen Witz über Ferdinand Marcos geschickt. Bei Zeug aus dem Zweiten Weltkrieg sollte es Imelda sein. Im Falle eines normalen Schiffes Imeldas Schuhe, bei einem Unterseeboot ihre sexuellen Gewohnheiten. Er hat mir einen Witz über Imeldas sexuelle Gewohnheiten geschickt.«
»Hast du denn jemals offiziell auf Doug Shaftoes Vorschlag reagiert?« fragt Avi.
»Nein.Wie ich schon gesagt habe, war er irrelevant, weil wir ihn sowieso beauftragen wollten. Als die Verträge aber allesamt unterzeichnet und wir dabei waren, den Zeitplan für die Gutachten zu erstellen, erzählte er mir von diesem Code mit den Marcos-Witzen. Da wurde mir klar, dass er dachte, wir hätten mit der Vergabe des Auftrags an ihn auch stillschweigend seinen Vorschlag angenommen.«
»Das ist ja eine komische Art, Geschäfte abzuschließen«, sagt Avi naserümpfend. »Man hätte doch meinen sollen, dass er sich deutlicher ausdrückt.«
»Er gehört zu den Leuten, die per Handschlag Geschäfte abschließen. Auf Ehrenwort«, erklärt Randy. »Nachdem er den Vorschlag einmal gemacht hatte, würde er ihn nie mehr zurückziehen.«
»Das Problem mit diesen ehrenwerten Leuten«, sagt Avi, »besteht darin, dass sie von allen anderen erwarten, dass die genauso ehrenwert sind.«
»Das stimmt.«
»Er glaubt also jetzt, dass wir in dem Bemühen, die Existenz dieses versunkenen Schatzes vor dem Dentisten und den Bolobolos geheim zu halten, Komplizen sind«, sagt Avi.
»Wenn wir ihnen nicht sofort reinen Wein einschenken.«
»Was bedeuten würde, dass wir Doug Shaftoe hintergehen«, erwidert Avi.
»Dem Ex-SEAL in den Rücken fallen, der sechs Jahre Kriegsdienst in Vietnam geleistet und auf der ganzen Welt Furcht einflößende Freunde mit guten Beziehungen hat«, fügt Randy hinzu.
»Mensch, Randy! Ich hatte gedacht, ich würde dir mit meinem HEAP einen Schock versetzen.«
»Hast du auch.«
»Und dann kommst du mir mit so was!«
»Das Leben hält eine Menge Überraschungen bereit«, sagt Randy.
Avi denkt einen Moment nach. »Tja, ich vermute, es läuft auf die Frage hinaus, wen wir bei einer Kneipenschlägerei lieber auf unserer Seite haben möchten.«
»Die Antwort kann nur Douglas MacArthur Shaftoe lauten«, entgegnet Randy. »Was allerdings nicht heißt, dass wir die Kneipe lebend verlassen werden.«
Süchtig
Sie haben ihn in den schmalen Zwischenraum zwischen dem geschlitzten Außenrumpf des Unterseeboots und dem Druckkörper weiter innen gestopft, sodass ihn das bitterkalte, schwarze Wasser, das mit dem brutalen Druck eines Feuerwehrschlauchs hindurchströmt, mit malariaartigen Schüttelfrösten martert: Knochen knacken, Gelenke erstarren, Muskeln verkrampfen. Er ist fest zwischen unebenen Flächen aus hartem, rauem Stahl eingezwängt, die ihn auf niemals vorgesehene Weise krümmen und ihm jeden Versuch einer Bewegung heimzahlen. Rankenfußkrebse beginnen auf ihm zu wachsen: ganz ähnlich wie Läuse, nur größer und imstande, sich tiefer ins Fleisch einzubohren. Irgendwie bringt er es trotzdem fertig, nach Atem zu ringen, und er bekommt gerade genug Luft, um am Leben zu bleiben und voll auskosten zu können, wie unangenehm seine Lage ist. Er atmet schon so lange kaltes Meerwasser, dass seine Luftröhre wund ist, und er hat den Verdacht, dass Plankton oder irgendetwas in der Art seine Lungen von innen her zerfrisst. Er hämmert gegen den Druckkörper, aber die Schläge machen kein Geräusch. Er kann die Wärme und Hitze drinnen spüren und käme gern hinein, um beides zu genießen. Schließlich passiert irgendetwas Traumlogisches und er findet eine Luke. Die Strömung schwemmt ihn hinaus, sodass er allein im wässrigen Kosmos schwebt, und das Unterseeboot zischt davon und verlässt ihn. Jetzt ist Shaftoe verloren. Er kann unten nicht von oben unterscheiden. Etwas schlägt ihn auf den Kopf. Er sieht ein paar schwarze, fassartige Gegenstände mit parallelen Kometenschweifen aus Blasen unaufhaltsam durchs Wasser trudeln. Wasserbomben.
Dann wacht Shaftoe auf und weiß, dass das alles nur das Bedürfnis seines Körpers nach Morphium war. Einen Moment lang ist er sicher, dass er wieder in Oakland ist und dass Lieutenant Reagan sich vor ihm aufgebaut hat und sich zu Phase 2 des Interviews
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