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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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legt sich die Maske über ihr Gesicht. Sie sagt etwas zu den Filipinos, die in dem Boot um sie herumhocken, und zwei von ihnen machen sich ans Werk, indem sie wie Kunstturnerinnen auf dem Schwebebalken über die Verbindungsstangen trippeln und sich auf den Schwimmkörper stellen. Mit ihren ausgestreckten Armen als Stoßdämpfer fangen sie die Wucht des Zusammenpralls der Barkasse – die Doug Shaftoe humorvollerweise Mekong Memory getauft hat – und des viel längeren, viel schmaleren Auslegerboots auf.
    Einer der anderen Filipinos stemmt seinen bloßen Fuß gegen die Oberseite eines tragbaren kleinen Hondagenerators und zieht an der Reißleine, wobei die Sehnen und drahtigen Muskeln an seinen Armen, als wären sie selbst Reißleinen, einen Moment lang vor- und zurückschnellen. Sofort springt der Generator mit einem fast unhörbaren Surren an. Das ist gutes Gerät und eine der wichtigsten Verbesserungen, die Semper Marine als Teil ihres Vertrages mit Epiphyte und FiliTel vorgenommen hat. Jetzt benutzen sie es de facto, um den Dentisten zu betrügen.
    »Es liegt einhundertvierundfünfzig Meter unter dieser Boje«, sagt Doug Shaftoe und zeigt auf einen Viereinhalb-Liter-Plastikmilchbehälter, der auf den Wellen schaukelt. »In gewisser Hinsicht hat es Glück gehabt.«
    »Glück?« Randy klettert von der Barkasse und verlagert sein Gewicht auf den Ausleger, den er so weit nach unten drückt, dass das warme Wasser ihm bis zu den Knien geht. Mit seitlich ausgestreckten Armen balanciert er wie ein Seiltänzer auf einer der Verbindungsstangen zum Bootsrumpf in der Mitte.
    »Glück für uns«, verbessert sich Shaftoe. »Wir befinden uns über der Flanke eines Meeresvulkans. Nicht weit von hier liegt der Palawan-Graben.« Er folgt Randy, aber ohne das ganze Gehampel und Gefuchtel. »Wenn es dort gesunken wäre, läge es jetzt so tief unten, dass schwer dranzukommen wäre, und der Druck da unten hätte es zerquetscht. Bei zweihundert Metern dürfte es eine solche Implosion nicht gegeben haben.« Als er den Bootsrumpf erreicht, vollführt er mit den Händen dramatische Quetschbewegungen.
    »Macht uns das was aus?«, fragt Randy. »Gold und Silber implodierten doch nicht.«
    »Wenn der Schiffskörper intakt ist, kann man die Sachen viel leichter rausholen«, sagt Doug Shaftoe.
    Amy ist unter dem Sonnendach des Auslegerboots verschwunden. Randy und Doug folgen ihr in dessen Schatten und finden sie im Schneidersitz auf einer Ausrüstungsbox aus Fiberglas, über die sich eine Kruste aus Flughafengepäckaufklebern zieht. Ihr Gesicht steckt im oberen Teil einer schwarzen Gummipyramide, deren Boden der Bildschirm einer Kathodenstrahlröhre mit besonders langer Lebensdauer ist. »Wie läuft’s mit den Kabeln?«, murmelt sie. Schon vor Monaten hat sie jeden Versuch aufgegeben, ihre Verachtung für die stumpfsinnige Arbeit des Kabellegens zu verbergen. Heuchelei ist eine schäbige Sache, die wie ein Haus aus Pappmaché mit viel Energie unterhalten werden muss, damit sie nicht in sich zusammenfällt. Ein anderes Beispiel:Vor einiger Zeit hat Randy es aufgegeben, so zu tun, als sei er nicht restlos von Amy Shaftoe fasziniert. Das ist nicht ganz dasselbe wie in sie verliebt zu sein, aber es hat schon einiges damit gemein. Frauen, die rauchen und viel trinken, üben seit jeher eine merkwürdige, morbide Faszination auf ihn aus. Amy tut nichts von beidem, aber mit ihrer völligen Missachtung moderner Hautkrebsvorbeugungsmaßnahmen gehört sie in dieselbe Kategorie: Leute, die so sehr damit beschäftigt sind, ihr Leben zu leben, dass sie sich gar nicht um die Verlängerung ihrer Lebenserwartung kümmern.
    Auf jeden Fall möchte er nur zu gerne wissen, was Amys Traum ist. Eine Zeit lang dachte er, es sei die Jagd nach Schätzen im Südchinesischen Meer. Das macht ihr ganz offensichtlich Spaß, aber er ist sich nicht sicher, ob es sie letztlich wirklich befriedigt.
    »Hab den Trimm an den Tiefenrudern wieder eingestellt«, erklärt sie. »Ich glaube, mit diesem Verstellgestänge haben die Ingenieure sich keine besondere Mühe gegeben.« Sie zieht den Kopf aus der schwarzen Gummihaube und wirft Randy einen kurzen Seitenblick zu, mit dem sie ihm die Schuld an den Unzulänglichkeiten aller Ingenieure gibt. »Ich hoffe, dass es jetzt funktioniert und wir nicht dauernd im Zickzack-Kurs fahren.«
    »Bist du fertig?«, fragt ihr Vater.
    »Sobald du es bist«, antwortet sie und pfeffert ihm den Ball damit wieder zu.
    Doug geht in die Hocke und

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