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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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diese Namen gleich an, aber Root fragt: »Ein Russe?«
    Nun kommt Shaftoe richtig zu sich und tritt wieder in die Welt ein. Er richtet sich auf und sein Körper fühlt sich steif an, als hätte er sich lange nicht bewegt. Er will sich gerade für sein Benehmen entschuldigen, doch da ihn niemand komisch anschaut, sieht er keinen Grund, die anderen darüber aufzuklären, was er die letzten paar Minuten gemacht hat.
    »Professor Novopaschenny war ein zaristischer Astronom, der Fenner von St. Petersburg kannte. Unter den beiden bekam ich umfassende Befugnisse, über die theoretischen Grenzen der Sicherheit zu forschen. Ich habe sowohl Werkzeuge aus der reinen Mathematik als auch mechanische Rechenapparate eigener Konstruktion benutzt. Ich habe mir sowohl unsere als auch die Codes unserer Feinde auf Schwächen angesehen.«
    »Und was haben Sie festgestellt?«, fragt Bischoff.
    »Ich habe überall Schwächen festgestellt«, sagt von Hacklheber. »Die meisten Codes sind von Dilettanten und Amateuren entwickelt worden, die keinen Begriff von den zugrunde liegenden mathematischen Gegebenheiten hatten. Das Ganze ist wirklich ziemlich erbärmlich.«
    »Einschließlich der Enigma?«, fragt Bischoff.
    »Reden Sie mir bloß nicht von diesem Scheißdreck«, sagt von Hacklheber. »Damit habe ich praktisch sofort aufgeräumt.«
    »Was heißt das, aufgeräumt?«, fragt Root.
    »Bewiesen, dass sie nichts taugte«, sagt von Hacklheber.
    »Aber die gesamte Wehrmacht benutzt sie nach wie vor«, sagt Bischoff.
    Von Hacklheber zuckt die Achseln und betrachtet die glimmende Spitze seiner Zigarette. »Glauben Sie etwa, die werfen alle diese Maschinen weg, nur weil ein Mathematiker ein Papier verfasst?« Er starrt seine Zigarette noch eine Zeit lang an, dann führt er sie an die Lippen, zieht genüsslich daran, hält den Rauch in den Lungen und lässt ihn schließlich langsam über seine Stimmbänder ausströmen, die er zugleich veranlasst, folgende Laute von sich zu geben: »Ich wusste, dass es beim Feind Leute geben musste, die dahinter kommen würden. Turing. Von Neumann. Waterhouse. Ein paar von den Polen. Ich begann, nach Anzeichen dafür Ausschau zu halten, dass sie die Enigma geknackt oder zumindest deren Schwächen erkannt und mit dem Versuch begonnen hatten, sie zu knacken. Ich führte statistische Analysen von Geleitzug-Versenkungen und Unterseeboot-Angriffen durch. Ich fand ein paar Anomalien, ein paar unwahrscheinliche Ereignisse, aber nicht genug, als dass sie ein Muster ergeben hätten. Viele der auffälligsten Anomalien wurden später durch die Entdeckung von Spionagestationen und dergleichen erklärt.
    Schlüsse zog ich daraus keine. Wenn sie schlau genug wären, Enigma zu knacken, wären sie mit Sicherheit auch schlau genug, diese Tatsache um jeden Preis vor uns zu verschleiern. Aber es gab Anomalien, die sie nicht vertuschen konnten. Ich spreche von menschlichen Anomalien.«
    »Menschliche Anomalien?«, fragt Root. Der Ausdruck ist ein klassischer Root-Köder.
    »Ich wusste sehr wohl, dass auf der ganzen Welt nur eine Hand voll Menschen den Scharfsinn besaßen, die Enigma zu knacken und dann die Tatsache, dass sie sie geknackt hatten, vor uns zu verschleiern. Indem ich unsere geheimdienstlichen Quellen dafür einsetzte festzustellen, wo diese Menschen sich aufhielten und was sie taten, konnte ich Schlussfolgerungen ziehen.« Von Hacklheber drückt seine Zigarette aus, setzt sich gerade, kippt einen halben Schnaps und erwärmt sich für seine Aufgabe. »Es ging um Informationen über Menschen – nicht um ein Problem des Fernmeldewesens. Dafür war ein anderer Zweig des Dienstes zuständig -«, und schon verbreitet er sich wieder über die Struktur der deutschen Bürokratie. Entsetzt flieht Shaftoe aus dem Zimmer, läuft hinaus und benutzt das Außenklo. Als er zurückkehrt, kommt von Hacklheber gerade zum Schluss. »Letztlich lief es darauf hinaus, dass man große Mengen roher Daten durchgehen musste – eine langwierige, fade Arbeit.«
    Shaftoe zuckt zusammen und fragt sich, wie etwas beschaffen sein müsste, um für diesen Witzbold als langwierig und fade zu gelten.
    »Nach einer gewissen Zeit«, fährt von Hacklheber fort, »habe ich über einige unserer Agenten auf den Britischen Inseln erfahren, dass ein Mann, der der ungefähren Beschreibung von Lawrence Pritchard Waterhouse entsprach, auf einem Schloss in Outer Qwghlm stationiert worden war. Ich konnte dafür sorgen, dass eine junge Dame diesen Mann auf die denkbar

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