Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
jemand anderen. Alva war nicht direkt Joes Freund. Soviel sie wußte, war Gary Joes einziger Freund. Aber Alva gehörte zu den Männern, die gern einmal gefällig waren, wenn man ihnen bei Gelegenheit auch mal einen Gefallen tat.
    Wie durch einen Zauber hellte sich Bretts Gesicht auf. Wieder einmal hatte ein Erwachsener die richtige Antwort hervorgezogen wie ein Kaninchen aus dem Hut. Statt sich darüber zu freuen, stimmte es sie trübsinnig. Was sollte sie ihm sagen, wenn es sich herausstellte, daß Alva Joe schon seit der Schneeschmelze nicht mehr gesehen hatte? Unmöglich war das nicht, aber sie konnte immer noch nicht glauben, daß Joe Cujo einfach sich selbst überlassen hatte. Das sah ihm nicht ähnlich.
    »Wollen wir jetzt deine Tante suchen?«
    »Klar. Laß mich noch aufessen.«
    Halb amüsiert und halb entsetzt beobachtete sie, wie er seinen Kuchen in zwei Bissen herunterschluckte und dann mit der restlichen Milch nachspülte. Dann schob er seinen Stuhl zurück.
    Charity zahlte, und sie gingen zur Rolltreppe:
    »Das ist aber ein großer Laden«, sagte Brett erstaunt. »Das ist auch eine große Stadt, nicht wahr, Mommy?«
    »Gegen New York ist Bridgton so klein wie Castle Rock«, dämpfte Charity seine Begeisterung.
    Er hielt sich am dahingleitenden Geländer fest und sah sich um. Rechts war eine Unmenge von zwitschernden und kreischenden Wellensittichen zu sehen. Links lag die Haushaitsr warenabteilung. Überall blitzendes Chrom. Ein Geschirrspüler hatte eine Vorderseite aus Glas, so daß man die Lauge sehen konnte. Als sie die Rolltreppe verließen, sah er seine Mutter an. »Ihr seid zusammen aufgewachsen, nicht wahr?«
    »Das will ich wohl meinen«, sagte Charity lächelnd.
    »Sie ist wirklich nett«, sagte Brett.
    »Es freut mich, daß du das findest. Ich mochte sie auch immer gern.«
    »Wie ist sie so reich geworden?«
    Charity blieb stehen. »Du glaubst, Holly und Jim sind reichl«
    »Das Haus, in dem sie wohnen, war bestimmt nicht billig«, sagte er, und wieder sah sie hinter seinem unfertigen Gesicht seinen Vater hervorlugen, Joe Camber, den schäbigen grünen Hut ins Genick geschoben, den Blick zur Seite gerichtet. »Und diese Musicbox. Die war teuer. Sie hat die ganze Brieftasche voll Kreditkarten, und wir haben nur die Texaco …«
    Sie trat einen Schritt auf ihn zu. »Findest du es schön, anderen Leuten in die Brieftaschen zu sehen, wenn sie für dich gerade ein schönes Essen ausgegeben haben?« Ihre Stimme klang wütender, als sie beabsichtigt hatte.
    Brett schien überrascht und gekränkt zu sein, denn sein Gesicht hatte wieder einen verschlossenen Ausdruck. Auch diesen Trick hatte er von Joe Camber. »Ich habe es nur gesehen. Das mußte ich ja, wo sie damit geprotzt hat… »
    »Sie hat nicht damit geprotzt«, sagte Charity schockiert. Wieder blieb sie stehen. Sie hatten die Textilabteilung erreicht.
    »Hat sie doch«, sagte Brett. »Wenn die Karten ein Akkordeon gewesen wären, hätte sie ›Lady of Spain‹ darauf gespielt.«
    Sie war plötzlich sehr wütend auf ihn - zum Teil, weil sie vermutete, daß er recht haben könnte.
    »Du solltest sie alle sehen«, sagte Brett. »Das glaube ich wenigstens.«
    »Es interessiert mich nicht besonders, wie du über die Sache denkst, Brett Camber.« Sie war rot im Gesicht, und ihr juckte die Hand. Vorhin in der Cafeteria hatte sie ihn so nett gefunden. Wichtiger noch, sie hatte sich als seine Freundin gefühlt. Wo war jetzt dieses freundliche Gefühl?
    »Ich habe mir nur überlegt, woher sie wohl so viel Kohle hat.«
    »Das ist ein ziemlich ordinäres Wort dafür, findest du nicht?«
    Er zuckte die Achseln. Er war ganz offen aufsässig und wollte sie absichtlich provozieren, vermutete sie. Es waren nicht nur seine Beobachtungen während des Essens, es lag tiefer. Er verglich sein Leben und das seines Vaters mit einem anderen Leben. Hatte sie wirklich geglaubt, er würde automatisch die Art, wie Holly und ihr Mann lebten, akzeptieren, nur weil sie es von ihm erwartete? Einen Lebensstil, der ihr durch unglückliche Zufälle oder durch ihre eigene Dummheit, vielleicht auch durch beides, versagt geblieben war? Hatte er nicht das Recht, diesen Lebensstil zu kritisieren … oder zu analysieren?
    Ja, das hatte er, aber sie hätte nicht gedacht, daß seine Beobachtungen (wenn auch intuitiv) so beunruhigend gescheit, so genau und so deprimierend negativ ausfallen würden.
    »Ich nehme an, daß Jim das Geld verdient hat«, sagte sie. »Du weißt ja, was er

Weitere Kostenlose Bücher