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Cujo

Cujo

Titel: Cujo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wie das Summen von Bienen, die viel zu lieb waren, um zu stechen. Ihre Stimme war wie leise plätscherndes Wasser.
    Tad spielte mit den Enten.

    Donna schlief ein, und als sie wieder aufwachte, hatten sich alle Schatten miteinander vermischt, und das letzte Licht in Cambers Einfahrt hatte die Farbe von Asche. Es dämmerte. Irgendwie war ein weiterer Tag vergangen, und sie saßen - es war fast nicht zu glauben - immer noch hier. Die Sonne klebte schon am
    Horizont, rund und scharlachrot. Sie sah wie ein in Blut getauchter Basketball aus. Sie fuhr sich mit der Zunge im Mund umher. Ihr Speichel war zähflüssig und zusammengeklumpt wie Gummi und wurde langsam wieder gewöhnliche Spucke. Ihre Kehle fühlte sich wie Flanell an. Wie herrlich müßte es sein, zu Hause unter dem Wasserhahn im Garten zu liegen, ihn voll aufzudrehen, und ‘sich das eiskalte Wasser einfach nur in den Mund fließen zu lassen. Sie machte sich davon eine so lebhafte Vorstellung, daß sie zitterte und eine Gänsehaut bekam.
    Lag der Hund immer noch vor dem Wagen?
    Sie schaute nach vorn, aber sie konnte natürlich nichts erkennen. Das einzige, was sie bestimmt wußte, war, daß er nicht vor der Scheune lag.
    Sie tippte auf die Hupe, aber sie gab nur einen leisen, rostigen Husten von sich. Der Hund konnte überall sein. Sie fuhr mit dem Finger über den silbrigen Sprung in der Scheibe und fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn der Hund noch ein paarmal gegen das Glas sprang. Konnte es zerbrechen? Vor vierundzwanzig Stunden hätte sie das noch nicht geglaubt, aber jetzt war sie nicht mehr so sicher.
    Sie schaute wieder zu der Tür, die auf Cambers Veranda führte. Sie schien weiter entfernt als vorher. Dabei mußte sie an einen Begriff denken, den sie am College einmal in einem Psychologiekurs diskutiert hatten. Idee fixe, harte der Dozent,’ ein affektierter kleiner Kerl mit einem Schnurrbart wie eine Zahnbürste, das genannt. Wenn eine Rolltreppe sich nicht bewegt, hat man Schwierigkeiten, darauf zu gehen. Das hatte sie so amüsiert, daß sie eines Tages in Bloomingdale eine Rolltreppe hinuntergegangen war, an der ein Schild hing: AUSSER BETRIEB. Und dabei hatte sie festgestellt, daß der affektierte kleine Professor tatsächlich recht hatte - ihre Beine wollten sich einfach nicht bewegen. Daraufhin hatte sie versucht, sich vorzustellen, was wohl mit ihrem Kopf geschehen würde, wenn die Treppe in ihrem eigenen Haus plötzlich anfing, sich zu bewegen, wenn man hinunterging. Allein bei dem Gedanken hatte sie laut lachen müssen.
    Aber jetzt war das nicht komisch. Es war ganz und gar nicht komisch.
    Die Verandatür schien tatsächlich weiter weg zu sein als vorher.
    Der Hund wendet psychologische Tricks an.
    Sobald ihr der Gedanke kam, verwarf sie ihn auch schon wieder, aber das wollte ihr nicht recht gelingen. Sie gab es auf. Die Lage war jetzt so verzweifelt, daß man sich den Luxus, sich selbst zu belügen, nicht mehr leisten konnte. Bewußt oder unbewußt, Cujo arbeitete mit psychologischen Tricks. Vielleicht benutzte er ihre eigene Idee fixe, ihre eigenen Vorstellungen darüber, wie die Welt auszusehen hatte. Aber die Dinge hatten sich verändert. Die glatte Fahrt auf der Rolltreppe war vorbei. Sie konnte nicht einfach mit ihrem Sohn auf den Stufen stehenbleiben und darauf warten, daß jemand den Motor startete. Tatsache war, daß der Hund sie und Tad belagerte.
    Tad schlief. Wenn der Hund in der Scheune war, könnte sie es jetzt tun.
    Aber wenn er immer noch vor dem Wagen sitzt? Oder unter dem Wagen?
    Sie erinnerte sich an etwas, das ihr Vater manchmal sagte, wenn er sich ein Fußballspiel im Fernsehen ansah. Bei solchen Anlässen ließ ihr Vater sich gewöhnlich vollaufen und aß einen großen Teller kalte Bohnen, die vom Abendessen am Samstag übriggeblieben waren. Darum war der Fernsehraum auch. Ischon lange vor dem vierten Spielviertel für normale Menschen unbewohnbar.
    Selbst-der Hund pflegte sich verlegen hinauszuschleichen. Diesen Spruch hatte ihr Vater für einen besonders guten Angriff auf den Mann oder einen besonders geschickt abgefangenen Paß reserviert. »Auf das Ding hat er im Gebüsch gelauert«, rief “ihr Vater dann. Das machte ihre Mutter ganz verrückt … aber zu der Zeit, als Donna ein Teenager war, machte alles an ihrem Vater ihre Mutter verrückt.
    Und jetzt hatte sie die Vision, daß Cujo vor dem Wagen nicht etwa schlief, sondern sprungbereit im Kies hockte, die blutunterlaufenen Augen genau auf die Stelle

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