Cujo
sagen, was hier los war. Damit er aufpaßt, daß der Köter ihm nicht den Arm abbeißt. Was meinst du?«
»Und was hat Joe Camber in letzter Zeit für dich getan?« fragte Joe Magruder grinsend.
Rohnie wiegte nachdenklich den Kopf. »Er hat mich nicht so geärgert wie du.«
Sie lachten. Der Anruf bei Joe Cambers unterblieb. Als sie die Portland Machine erreichten, war es schon fast Feierabend. Sie alberten herum und brauchten eine Viertelstunde, um ihre Eintragungen zu machen. Belasco kam und fragte, ob sie Cam-ber angetroffen hätten. Klar, sagte Ronnie DuBay. Belasco, ein besonders großes Arschloch, verschwand wieder. Joe Magruder wünschte Ronnie ein schönes Wochenende und einen angenehmen Unabhängigkeitstag. Ronnie sagte, er würde sich besaufen und bis zum Sonntagabend durchmachen. Sie stempelten.
Sie dachten erst wieder an Cujo, als sie in der Zeitung über ihn lasen.
Vic verbrachte fast den ganzen Nachmittag vor dem langen Wochenende damit, mit Roger die Einzelheiten der Reise zu besprechen. Mit der Planung nahm Roger es so genau, daß man es fast paranoid nennen konnte. Über eine Agentur hatte er den Flug und die Übernachtungen gebucht. Sie würden am Montagmorgen um sieben Uhr zehn von Portland Airport nach Boston fliegen. Vic hatte Roger versprochen, ihn um fünf Uhr dreißig mit dem Jaguar abzuholen. Er hielt das zwar für unnötig früh, aber er kannte Roger, und bei Roger konnte man nie wissen. Sie besprachen die Reise ganz allgemein, wobei sie es bewußt vermieden, den Zweck ihrer Mission zu erwähnen. Vic behielt seine Ideen aus der Kaffeepause für sich. Die Serviette mit den Notizen hatte er in die Jackentasche gesteckt. Wenn sie erst unterwegs waren, würde Roger dafür empfänglicher sein.
Vic wollte früh gehen und beschloß, vorher noch die Nachmittagspost durchzusehen. Lisa, ihre Sekretärin, hatte ihr Wochenende von sich aus verlängert. Sie war schon weg. Man konnte Sekretärinnen einfach nicht mehr dazu bringen, bis punkt fünf zu bleiben, Wochenende oder nicht. Für Vic war das ein weiteres Zeichen für den Niedergang der westlichen Zivilisation.
Lisa war ein hübsches Mädchen von einundzwanzig Jahren und hatte so gut wie keinen Busen. Im Augenblick fädelte sie sich wahrscheinlich in den Feierabendverkehr auf der Interstate ein, um Richtung Süden nach Old Orchard oder Hamptons zu fahren, und wahrscheinlich trug sie nur enge Jeans und einen Nichtshalter. Vic mußte lachen.
Auf seiner Schreibunterlage fand er einen einzigen ungeöffneten Brief.
Neugierig nahm er ihn in die Hand. Zuerst fiel ihm der Vermerk PERSÖNLICH unter der Adresse auf. Dann sah er, daß die Adresse in Blockbuchstaben geschrieben war.
Er betrachtete den Brief, und ein vages Gefühl der Unruhe beschlich ihn und störte sein träges Wohlbefinden. Unterschwellig verspürte er einen Impuls, den Brief ganz einfach in Stücke zu reißen und in den Papierkorb zu werfen.
Statt dessen riß er ihn auf und zog einen Zettel heraus.
Wieder in Blockschrift.
Die Nachricht - nur ein paar Sätze - traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Er saß nicht mehr, er hing nur noch in seinem Sessel. Er ächzte wie ein Mann, der keine Luft mehr bekommt. In seinem Kopf dröhnte weißes Rauschen, und eine Zeitlang begriff er überhaupt nichts mehr. Wenn Roger jetzt hereingekommen wäre, hätte er einen Herzanfall vermutet. Und irgendwie war es auch einer. Sein Gesicht war kalkweiß. Sein Unterkiefer hing herab. Unter, seinen Augen hatte er bläuliche Ringe.
Er las den Zettel noch einmal. Sein Blick verweilte bei dem Satz:
DAS MUTTERMAL ÜBER IHREN SCHAMHAAREN. ICH FINDE, ES SIEHT WIE EIN FRAGEZEICHEN AUS.
Das ist ein Irrtum, dachte er wirr. Niemand außer mir kennt es … nun ja ihre Mutter. Und ihr Vater. Schmerzhaft kam Eifersucht in ihm hoch: Selbst ihr Bikini verdeckt es … ihr winziger Bikini.
Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Er legte den Brief hin und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. Seine Brust fühlte sich wie eingezwängt an. Er hatte das Gefühl, daß sein Herz Luft statt Blut durch die Adern pumpte. Er empfand Angst und Schmerz und war völlig verwirrt. Aber das vorherrschende Gefühl, die alles überwältigende Emotion war entsetzliche Angst. Der Brief glotzte ihn an und schrie:
ES HAT MIR WIRKLICH SPASS GEMACHT, SIE ZU BUMSEN
Jetzt fixierte er diese Zeile. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Draußen war das Geräusch einer startenden Maschine zu hören, die aufstieg und
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