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Culpa Mosel

Titel: Culpa Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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an einem aus dem Lift tretenden verspäteten Besucher der Pressekonferenz enterten die drei die Kabine.
    »Kommt ihr mit zur KT?« Walde drückte den obersten Knopf.
     
    Die Bibliothek hatte erst um zehn Uhr geöffnet und nun war es schon Mittag. Ursprünglich wollte Huck gleich nach der Recherche im Pressearchiv zurück nach Hause fahren. Dort wartete genügend Arbeit auf ihn, aber dann hatte er einen neuen Parkschein gezogen und saß nun auf einer der im Schatten stehenden Bänke im Palastgarten am Rande der großen Wiese, auf der schon etliche Gruppen und Pärchen die warme Frühlingssonne genossen. Die Säufer nebenan auf der Bank hatte er kurz taxiert und gleich wieder aus seiner Wahrnehmung gestrichen.
    Er legte beide Arme über die Rückenlehne und schaute auf den Weiher bis hinüber zu den Ruinen der Kaiserthermen. Ein wohliger Schauer lief ihm über Oberschenkel und Waden, als er sich an die Open-Air-Aufführung des Films DER GLADIATOR vor dieser imposanten Kulisse erinnerte. Das war einer der schönsten Momente in seinem Leben gewesen. Er hatte sich wieder als kleiner Junge gefühlt wie damals, als er die ersten Bücher von Karl May gelesen hatte. Auf einmal hatte er seine Bestimmung erkannt. Er konnte trennen, was gut für ihn war und was nicht. Und darauf hatte er sich eingestellt.
    »Hast du vielleicht …«
    Ein dürrer Typ mit schlechten Zähnen stand vor ihm und grinste ihn verlegen an.
    »Hau ab!« Huck sagte es nicht laut, schaute die armselige Gestalt nicht einmal an, aber seine Muskeln strafften sich. Bilder eines Kampfes, Mann gegen Mann, zwischen römischen Mauern, blitzten in seinem Kopf auf.
    Der Bittsteller schien zu ahnen, dass jedes weitere Wort gefährlich werden könnte, und trottete wortlos zurück zu seinen Saufkumpanen.
    Während Huck die Brotdose aus dem Rucksack nahm, dachte er an die Rituale im Heim. Wie sie vor dem Essen die Köchin begrüßen mussten und dann die Tische deckten. Und wenn das Essen auf dem Tisch stand, wurde erst gebetet. Das hatte immer viel zu lange gedauert, und manchmal war das Essen schon kalt, bis Schwester Edelberga endlich das Besteck in die Hand nahm.
    Seine Brote aß er schnell wie immer, auch das hatte er seit seiner Kindheit im Heim beibehalten. Die Anspannung war noch nicht gewichen. Als er die Thermoskanne aufschraubte, schaute er zur Nachbarbank. Die Typen glotzten alles andere als freundlich zu ihm herüber. Sollten sie ruhig kommen!
    Er brauchte keine Waffen, sein Körper war eine Kampfmaschine, und wenn der Gegner Waffen hatte, was in diesem Fall höchstens Flaschen oder schlimmstenfalls Messer bedeuten konnte, hatte er die Stablampe im Rucksack. Doch mit der großen Blacklight musste er vorsichtig sein, damit hatte er den Drecksack Knauer um ein Haar erschlagen. Das wäre bedauerlich gewesen bei all dem, was er für sein letztes Stündchen vorbereitet hatte.
    Er grinste noch, während er die Sachen in den Rucksack packte und aufstand. Er ging langsamer als sonst. Vor der Bank der Männer blieb er stehen; bei einem von ihnen fiel ihm die Tätowierung an den Händen auf.
    »Einen schönen Tag noch«, hörte er sich sagen. Es hätte auch etwas weit Unfreundlicheres sein können.
    Sattler saß mit dem Rücken zur Tür neben einem Kollegen am Rechner. Beide Männer blickten auf einen Monitor, auf dem sich zwei große Buchstaben übereinander schoben. Einer war deutlich, der andere fragmentarisch und nur mit ein wenig Fantasie als A zu erkennen.
    »Wie war die PK?« Sattlers Zeigefinger suchte vergeblich die Brille auf dem Nasenrücken.
    »So lala.« Walde stützte sich mit den Händen auf der Tischkante ab, während er sich tiefer zum Monitor beugte.
    »Zeigst du mal die beiden Ausgangsbilder?«, bat Sattler seinen Kollegen. Nach wenigen Mausklicks erschienen zwei Fotos. Auf dem einen sah Walde die Leiste in der Tür des Badezimmerschranks, auf der vier Worte deutlich zu erkennen waren. Bei dem anderen Foto nahm Walde erst nur einen Reißverschluss und, als Sattler mit einem Stift darauf zeigte, die Buchstaben darunter wahr. Sie waren spiegelverkehrt und teils mehr oder weniger verwischt.
    »Die waren innen in der Tragetasche aufgedruckt, in der die Leiche des Mannes aus der Mosel gesteckt hat.« Ein weiteres Bild wurde geöffnet. Hier waren die Buchstaben lesbar gespiegelt. »Es fehlen die ersten drei Buchstaben und dazwischen jeweils drei bis vier. Das hängt auch davon ab, ob ein neues Wort begonnen wurde«, erläuterte der Techniker. »Ob es sich

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