Culpa Mosel
gestern Morgen besucht?«, fragte Gabi.
»Die erste war in Pforzheim. Ich kann Ihnen mein Fahrtenbuch holen, es liegt nebenan in der Küche.«
»Und warum nicht im Auto?«
»Ich habe es ergänzt.«
»Aha!«, bemerkte Gabi vieldeutig, während sie den Kopf zur Tür wandte, wo Frau Becker, in einen Bademantel gehüllt, ins Zimmer kam. Sie schien ein wenig zu taumeln, als sie zur Couch ging und sich neben ihrem Mann niederließ. Ihre Augenlider waren geschwollen, auf der Wange zeichnete sich eine tiefe Falte ab, die der Abdruck des Kopfkissens zu sein schien.
»Fühlen Sie sich in der Lage, sich unten in der Wohnung etwas anzusehen?«, fragte Walde. »Genauer gesagt, im Badezimmerschrank Ihrer Mutter?«
Sie seufzte, während sie ihn aus halb geschlossenen Lidern anblickte.
»Wenn der erste Termin um halb sieben in Pforzheim war, könnte er in der Nacht von Stuttgart nach Saarburg und zurück gefahren sein. Gefrühstückt hat er nicht, das habe ich von der Pensionswirtin …« Gabi hielt inne, als sie vor dem Haus den ersten Reporter auf sich zustürmen sah.
»Kommen Sie um zwölf zur Pressekonferenz ins Präsidium nach Trier«, wiederholte Walde immer wieder, wenn ein Journalist ihn ansprach. Sie hatten den Weg am Kanal vorbei eingeschlagen. Endlich ließ auch der letzte Journalist von ihnen ab.
»Dagegen spricht«, nahm Walde den Faden wieder auf, »dass die Tatausführung viel Zeit in Anspruch genommen hat und der Mann Gefahr gelaufen wäre, gesehen zu werden. Schließlich werden ihn hier in der Stadt sehr viele Menschen kennen.«
Eine weitere Brücke über den Kanal kam in Sicht.
»Da könntest du recht haben. Möchtest du auch einen Kaffee?« Gabi blieb vor einer Eisdiele mit großer Terrasse stehen.
Walde schaute auf seine Uhr. »Wir haben nur noch eine halbe Stunde bis zur PK.«
»Okay, dann mal dalli.« Auf den letzten Metern über das unebene Pflaster hakte sie sich bei ihm unter.
Der Präsident hatte bereits die Presse begrüßt, als Gabi und Walde den Raum betraten. Die Zahl der üblichen vier bis fünf Pressevertreter hatte sich verdreifacht. Während Monika eine Presseerklärung verteilte, saß Grabbe nervös auf dem Podium hinter den Mikrofonen.
»Ich dachte schon, ich müsste alleine …«, flüsterte er, als Gabi und Walde neben ihm Platz nahmen, bemüht, nicht in Richtung der Mikros zu sprechen. »Wo wart ihr denn so lange?«
Walde überflog die Presseerklärung, als der ob der Pressepräsenz sichtlich aufgeräumt wirkende Polizeipräsident ausrief: »Das nenne ich Timing!« Sein Gesichtsausdruck wurde wieder ernst. »Wie Sie feststellen können, meine sehr verehrten Damen und Herren, laufen die Ermittlungen in einem sehr engen Zeitfenster. Deshalb gebe ich das Wort gleich an Kriminalhauptkommissar Waldemar Bock weiter, der die Ermittlungen leitet.«
Walde fasste das Tatgeschehen zusammen, wobei er nicht wesentlich mehr berichtete, als in der Presseerklärung stand.
»Gibt es Fragen?« Walde beobachtete, wie augenblicklich etliche Arme in die Höhe schossen.
»Haben Sie angesichts der Brutalität, die auf einen Psychopathen als Täter schließen lässt«, fragte ein Mann in der ersten Reihe, ohne darauf zu warten, dass ihm das Wort erteilt wurde, »einen Profiler in Ihr Team eingebunden?«
»Noch nicht«, antwortete Walde. Ein Fotograf war dicht vor ihn getreten und drückte immer wieder auf den Auslöser.
»Heißt das, wir können davon ausgehen, dass dies bald geschehen wird?«, hakte der Mann nach.
»Ich möchte Sie bitten zu warten, bis Ihnen das Wort erteilt wird«, kam ihm Grabbe zu Hilfe. Er gab einer Journalistin mit hochgerecktem Arm ein Zeichen, die triumphierend lächelnd die Frage ihres Vorredners wiederholte.
»Zum derzeitigen Stand der Ermittlungen können wir …«
»Wir sind nicht hierher gekommen, um uns mit solchen Floskeln abspeisen zu lassen!«, regte sich ein kleiner Mann mit dunkler Hornbrille auf. »Können Sie bitte etwas konkreter werden?«
»Gibt es Tatverdächtige?«, versuchte es eine Kollegin. »Oder haben Sie bereits eine Verhaftung vorgenommen?«
»Nein, wir gehen Hinweisen und Spuren nach.« Walde hob abwehrend die Hände. Der lästige Knipser war immer noch zugange. »Es tut mir leid, dass ich Ihnen zurzeit aus ermittlungstechnischen Gründen nicht mehr sagen kann.« Die empörten und unwirschen Proteste ignorierend verließ er, gefolgt von Gabi und Grabbe, den Raum.
Im Treppenhaus schoben sich die Türen des ankommenden Fahrstuhls auf. Vorbei
Weitere Kostenlose Bücher