Cyberabad: Roman (German Edition)
Church, die Bear Lane hinauf bis zum High, auf dem Weg zum Tor von All Souls Fußgängern ausweichen und dann weiter zur Parks Road. Die Strecke war gut, körperlich sicher, ihren Füßen vertraut. An diesem Tag bog sie hinter dem Merton rechts ab und lief durch den Botanischen Garten zum Magdalen, wo die Konferenz abgehalten wurde. Der Sommer stand Oxford gut. Studentengruppen kampierten auf dem Gras. Das dumpfe Stampfen und Brüllen eines Fußballspiels wehte über das Feld heran, Geräusche, die sie an der KU vermisst hatte. Sie hatte auch das Licht vermisst, jenes besondere englische Gold des frühen Abends mit dem Versprechen einer verführerischen Nacht. Auf dem Terminplan standen eine Dusche, ein kurzer Blick auf das völlig unerwartete Massenaussterben in der marinen Biosphäre von Alterre und ein Abendessen im High Table, eine hochoffizielle Geschichte in Kleidern und Anzügen, mit der die Konferenz abgeschlossen werden sollte. Es war viel besser, draußen auf den Straßen und bevölkerten Plätzen zu sein und das goldene Licht mottenweich auf der bloßen Haut zu spüren.
Lull wartete in ihrem Zimmer auf sie.
»Ich sehe dich, L. Durnau«, sagte er. »Ich sehe dich in diesen albernen hautengen Lycra-Shorts und diesem winzig-winzigen Top und mit deiner Wasserflasche in der Hand.« Er trat auf sie zu. Sie glänzte und stank nach Frauenschweiß. »Ich werde dir diese albernen kleinen Shorts vom Körper reißen.«
Er packte den elastischen Hosenbund mit den Fäusten und zog ihr die Shorts und den Slip herunter. Lisa Durnau stieß einen leisen Schrei aus. Mit einer fließenden Bewegung streifte sie ihr Joggingtop über den Kopf, stieg aus den Schuhen und besprang ihn, die Beine um seine Hüften geschlungen. Aneinandergeklammert taumelten sie unter die Dusche. Während er sich mit seiner Kleidung abmühte und über seine störrischen Socken fluchte, duschte sie sich ab. Er drängte sich in die Kabine und presste sie gegen die gekachelte Wand. Lisa schwenkte die Hüften, schlang erneut die Beine um ihn und versuchte mit ihrer Vulva seinen Schwanz zu finden. Lull trat einen Schritt zurück und drückte sie behutsam von sich. Lisa Durnau drehte sich um, machte einen Handstand und nahm seinen Oberkörper mit den Beinen in die Zange. Thomas Lull beugte sich herab, stieß mit der Zunge hinein. Halb ertrinkend, halb ekstatisch wollte Lisa schreien, riss sich aber zusammen. Es machte mehr Spaß, dagegen anzukämpfen, halb erstickt und kopfstehend. Dann legte sie wieder die Beine um Lull, und er nahm sie tropfend und von ihr umschlungen. Schließlich warf er sie aufs Bett und vögelte sie, während die College-Abendglocken läuteten.
Im High Table saß sie neben einem dänischen Doktoranden, dessen Augen strahlten, weil er tatsächlich mit einem der Erfinder des Alterre-Projekts sprechen durfte. Im Zentrum des Tisches diskutierte Thomas Lull mit dem Master des College über den Sozialdarwinismus der Geneline-Therapie. Lisa blickte nur kurz bei seinen Worten »Tötet die Brahmanen jetzt, solange es noch nicht zu viele von ihnen gibt« auf, doch ansonsten nahm sie ihn nicht zur Kenntnis. So waren die Regeln. So lief es bei Konferenzen ab. Bei einer hatte es begonnen und bei den folgenden die stärkste Ausprägung erreicht. Wenn die Veranstaltung zu Ende war, wurden die Regeln und Bedingungen der Loslösung zwischen verschiedenen Konferenzthemen vereinbart. Bis dahin war der Sex großartig.
Für Lisa Durnau war Sex immer etwas gewesen, an dem andere Leute Gefallen fanden, das aber im Drehbuch ihres eigenen Lebens nicht vorkam. Es war nicht besonders aufregend. Ohne war sie durchaus glücklich. Dann entdeckte sie mit jemandem, von dem sie es am wenigsten erwartet hatte, in einer sehr unpassenden Beziehung eine Sexualität, in die sie ihre natürliche Sportlichkeit einbringen konnte. Sie hatte einen Partner gefunden, der sie verschwitzt und mit salzigem Geschmack in ihren geliebten Laufsachen mochte, der es al freso und al dente mochte, gewürzt mit all den Dingen, die sie fast zwanzig Jahre lang in ihrer Libido eingesperrt hatte. Dinge wie Vergewaltigungsspiele und Tantra machte Pastor Durnaus sportliche Tochter einfach nicht. Zu jener Zeit war ihre Schwester Claire in Santa Barbara ihre engste Vertraute. Sie verbrachten ganze Abende am Telefon und gingen all die schmutzigen Details durch, unter johlendem Gelächter. Ein verheirateter Mann. Und ihr Chef. Claires Theorie lautete: Gerade weil die Beziehung so unpassend war
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