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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Liebespaar setzte sich ab.
    »Komm schon, lieber Umansky!« sagte Stoika. »Und adieu, Korolew.« Die beiden Männer
    begaben sich zum Korridor.
    »Ich komm mit dir«, sagte Grischkin zu Tatjana. Er lächelte. »Immerhin bist du Pilotin.«
    »Nein«, wandte sie ein. »Allein. Risikostreuung. Die Automatik bringt dich sicher runter. Du darfst nur nichts anrühren am Instrumentenfeld.«
    Korolew sah zu, wie sie ihm in die letzte Sojus dieser Kugel half.
    »Ich führ dich zum Tanzen aus, Tatjana«, sagte Grischkin, »in Tokio.« Sie machte seine Luke dicht. Wieder ein Dröhnen, und damit waren Stoiko und Umansky vom nächsten Kugeldock
    gestartet.
    »Geh jetzt, Tatjana«, sagte Korolew. »Beeil dich! Ich will nicht, daß sie dich über
    internationalem Gewässer ab-schießen.«
    »Dann bist du allein hier, Korolew, allein mit unsern Feinden.«
    »Wenn ihr alle weg seid, düsen die ebenfalls los«, sagte er. »Und meine weitere Existenz hängt davon ab, ob ihr den Kreml durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit dazu nötigt, mich hier am Leben zu lassen.«
    »Und was soll ich ihnen sagen in Tokio, Korolew? Hast du eine Botschaft für die Welt?«
    »Sag ihnen ...« Und sämtliche Glich es drängten sich ihm auf mit einer absoluten Berechtigung, so daß er am liebsten hysterisch losgelacht hätte: (LQ NOHLQHU 6FKULWW :LU NDPHQ LQ )ULHGHQ
    $UEHLWHU GHU :HOW »Du mußt ihnen sagen ...«, begann er und kniff sich ins verkümmerte Handgelenk, »das brauchen meine Knochen.« Sie umarmte ihn und brach auf.
    Er wartete allein im kugelförmigen Dock. Die Stille sägte an seinen Nerven; durch den
    Systemzusammenbruch war die Belüftungsanlage ausgefallen, deren Hintergrundgesumm ihn
    zwanzig Jahre begleitet hatte. Schließlich hörte er Tatjanas Sojus starten.
    Da kam jemand durch den Korridor. Es war Jefremow, der sich plump im Raumanzug näherte.
    Korolew lächelte.
    Jefremow hatte seine leere, offizielle Miene aufgesetzt hinter dem Lexan-Helmvisier, mied aber Korolews Blick beim Passieren. Er wollte in das Kanonenboot.
    »Nein«, schrie Korolew.
    Die aufheulende Sirene versetzte die Station in höchste Alarmbereitschaft.
    Die Luke zum Kanonenboot stand offen, als er dort ankam. Drinnen vollführten die Soldaten zackig die laufend gedrillten Reflexe und spannten die breiten Sitzgurte an ihren Consolen über die wuchtige Raumanzugbrust.
    »Nicht!« Er klammerte sich an das steife Ziehharmonikagewebe von Jefremows Anzug. Einer der Beschleuniger lud sich stakkato winselnd auf. Auf einem Radarschirm rückten feine grüne
    Kreuze über einen roten Punkt.
    Jefremow setzte seinen Helm ab. Seelenruhig und ohne Regung im Gesicht stieß er Korolew mit dem Helm weg.
    »Die sollen aufhören!« bettelte Korolew. Die Wände bebten, als mit einem Peitschenknall ein Strahl losbrach. »Deine Frau, Jefremow! Sie ist auch da draußen!«
    »Raus, Korolew!« Jefremow packte Korolews arthritisehe Hand und drückte sie kräftig. Korolew schrie. »Raus!« Eine behandschuhte Faust fuhr ihm gegen die Brust.
    Korolew trommelte hilflos auf den Raumanzug ein, als er in den Korridor geschoben wurde.
    »Nicht mal ich, Korolew, wage es, mich zwischen die Rote Armee und ihre Befehle zu stellen.«
    Nun war ihm anzusehen, daß er sich nicht wohl fühlte; die Maske war gefallen. »Netter Sport«, sagte er. »Wart draußen, bis es vorbei ist!«
    Nun prallte Tatjanas Sojus in das Waffensystem und den Quartierring. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Korolew im Daguerreotyp aus rohem Sonnenlicht das Kanonenboot schrumpfen
    und einkrachen wie eine Bierdose unter einer Stiefelsohle; er sah den enthaupteten Rumpf eines Soldaten von einer Console aufwirbeln; er sah Jefremow den Mund aufreißen, um was zu sagen, und sein Haar zu Berge stehen im Vakuum, das die Luft durch den offenen Helmring aus dem
    Anzug saugte. Ein feiner doppelter Blutstrahl schoß aus Korolews Nasenlöchern, während das Brausen der ausströmenden Luft vom Tosen in seinem Kopf übertönt wurde.
    Das letzte, was Korolew hörte, war die dichtmachende Luke.
    Als er wieder zu sich kam, war es dunkel; hinter seinen Augen wütete pochender Schmerz; alte Lektionen fielen ihm wieder ein. Dies sei eine ebensogroße Gefahr wie der Platzer selbst, der Stickstoff im Blut schlage mit brennendem, lähmendem Schmerz zu ...
    Aber es war alles so entrückt, so akademisch. Als er die Räder der Luken drehte, so lediglich aus einem Gefühl von QREOHVVH REOLJH heraus. Es war eine beschwerliche Verrichtung; sein

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