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Dämenkind 2 - Kind der Götter

Dämenkind 2 - Kind der Götter

Titel: Dämenkind 2 - Kind der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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aufgeworfen hatte. Zum ersten Mal erhielt Mikel genaueren Ausblick auf die medalonischen Verteidigungsanlagen. Er versuchte sich alle Besonderheiten einzuprägen, die er sah, um sie später Kronprinz Cratyn schildern zu können, hatte es dabei aber nicht leicht, weil an seiner einen Seite Damin Wulfskling auf einem riesigen, goldbraunen Schlachtross und an der anderen Seite Hauptmann Tenragan auf einer sehnigen Stute ritten. Als wüssten sie den Grund, warum er ständig den Kopf drehte und die Augen aufsperrte, besprachen die beiden Schurken über seinen Kopf hinweg etliche Eigentümlichkeiten der angelegten Stellungen und beschrieben in recht anschaulichen, schauerlichen Einzelheiten, wie diese Anlagen auf eine angreifende karische Streitmacht wirken sollten.
    Die Schanzen gaben die Deckung für eine große Anzahl von Bogenschützen ab, erklärte Tenragan dem Kriegsherrn fröhlich, die jeden karischen Vorstoß wirksam mit Geschossen überschütten konnten. Auch wenn die Ritter gepanzert waren, müssten ihre Reittiere dem Pfeilhagel erliegen. Jedem Schützen standen fünfzig
    Pfeile zur Verfügung, und wenn sie sorgsam zielten, waren sie dazu imstande, den Feind für die Dauer einer Stunde, falls nicht sogar länger, zu beschießen. Unter einem toten Schlachtross zu liegen, während es Pfeile hagelte, sei keine erfreuliche Aussicht, meinte dazu heiter der Barbarenfürst. Und wäre der Gegner so hirnverbrannt, ungewappnete Krieger zum Angriff zu führen – so ergänzte er seine Bemerkung –, käme es ohne Zweifel zu einem wahren Gemetzel.
    Mikel bemühte sich sehr, nicht allzu genau auf ihr Geschwätz zu achten. Ihm war völlig klar, dass sie lediglich die Absicht verfolgten, seiner zu spotten, und eben deshalb wuchs sein Mut umso mehr, je näher er zur Grenze gelangte. Der Allerhöchste hielt seine Hand über ihn, und er befand sich auf dem Weg in die Heimat. Ihr hämisches Gewäsch konnte seine zunehmende Hochstimmung nicht dämpfen.
    »Bis hier und nicht weiter begleiten wir dich, Bursche«, sagte schließlich Wulfskling, während er sein Pferd am Rand eines ebenen Gebiets zügelte, das die Medaloner unheilträchtig den »Mordgrund« nannten. Er senkte den Blick auf Mikel und grinste. »Halte dich in nördlicher Richtung, Freundchen. Dann gelangst du früher oder später nach Karien.«
    »Nimm das mit dir«, äußerte Tenragan und drückte Mikel den Schaft einer abgebrochenen Lanze in die Hand, an den man einen Fetzen weißen Leinens gebunden hatte.
    »Die Meinen werden mir doch nichts antun«, empörte sich Mikel, den es entrüstete, eine weiße Fahne zeigen zu sollen. »Ich kehre ja heim.«
    »Du trägst bei deiner Heimkehr einen HüterWaffenrock«, stellte Tenragan fest. »Sicherlich wird man dich nicht töten, wenn man weiß, wer du bist, aber ohne die Fahne kannst du dich ihnen nicht zur Genüge nähern, ohne Miss-Verständnisse zu wagen. Also nimm sie, ich rate dir gut.« Er sah Wulfskling an und schmunzelte. »Es sei denn, sie möchten nicht glauben, dass ein Hüter so kurz geraten ist.«
    Widerwillig behielt Mikel die Stange in der Faust.
    »Du führst die Botschaft bei dir?«, fragte Damin Wulfskling.
    Mikel nickte missmutig und tatschte mit der Hand auf die Ausbeulung des Waffenrocks, wo er an der Brust das versiegelte Sendschreiben Hochmeister Jengas sicher mit sich trug. Diese zwei Männer, die er von allen Menschen auf der Welt am meisten hasste, redeten mit ihm, als wäre er ein Kleinkind. Als Nächstes fragten sie ihn wohl noch, ob er sich die Ohren gewaschen hätte!
    »Dann vorwärts«, rief der Kriegsherr und gab dem Wallach einen Klaps in die Flanke. Ruckartig setzte sich das Pferd in Bewegung, und Mikel flog beinahe aus dem Sattel. Schnurstracks galoppierte das Tier auf die Grenze zu.
    Da er kein erfahrener Reiter war, blieb Mikel nichts anderes übrig, als sich mit grimmiger Entschlossenheit ans Sattelhorn zu klammern, bis er sich endlich der Zügel entsann. Schon beim knappsten Gebrauch der Zügel verminderte das anscheinend vortrefflich abgerichtete Pferd seinen rasenden Galopp auf eine für Mikel erträgliche Geschwindigkeit. Erleichtert erinnerte er sich an die Weiße Fahne und stemmte sie in die Höhe.
    Durch hüfthohes Gras trabte er durch das Niemands
    land zwischen den zwei Heerlagern. Obwohl er den genauen Verlauf der Grenze nicht kannte, wusste er, dass er alsbald in Pfeilschussweite der Karier geraten würde. Mit einem Pfeil in der Brust würde es ihm beträchtlich schwer fallen,

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